Das Republikanische Akademische Deutsche Dramatische Theater in Almaty wird 45 Jahre alt – jedenfalls in seiner jetzigen Form. Grund genug, die Geschichte der Institution zu rekapitulieren und ihren Stellenwert in Worte zu fassen.

Zwar entstanden in den frühen Jahren der Sowjetunion mehrere deutsche Bühnen in Saratow und im östlichen Teil der heutigen Ukraine, doch wurden sie alle im Zuge der Deportation der Deutschen im Herbst 1941 geschlossen.

Anfang der 1970er Jahre verkündete das sowjetische Kulturministerium, jeder ethnischen Minderheit ein eigenes Theater in der jeweiligen Muttersprache zu gewähren. Der Kasachischen Sozialistischen Sowjetrepublik, als der Unionsrepublik mit der zahlenmäßig größten deutschen Minderheit, wurde dementsprechend ein deutsches Theater zugesprochen. So fanden sich Mitte der 1980er Jahre, damals noch in der Industriestadt Temirtau im Gebiet Karaganda, motivierte Bühnendarstellerinnen und Bühnendarsteller, welche die Tradition des deutschen Theaters aufs Neue aufgenommen haben. Zur selben Zeit wurde ein spezieller Schauspiellehrgang an der Schepkin-Theaterschule in Moskau eingerichtet, aus dem fünf Jahre später 29 ausgebildete Künstlerinnen und Künstler erfolgreich hervorgingen, um das Erbe des Deutschen Theaters anzutreten.

Anfangs wurden hauptsächlich recht klassische Stücke vorgetragen, zum Beispiel aus der Feder Lessings oder Dürrenmatts. Als Reisetheater kam die Truppe überall dahin, wo sich Deutsche angesiedelt haben, vornehmlich in Dörfer. Da aber die meisten Besucher der Vorstellungen lediglich über die „wolgadeutsche Mundart“ und nicht über das Hochdeutsche verfügten, waren die Theaterstücke für sie nur schwer verständlich. Jedoch kamen auch Stücke wie „Die Ersten“ des russlanddeutschen Schriftstellers Alexander Raimgen regelmäßig zur Aufführung.

Gezeichnet von harten Aufgaben – und Lösungen

Nach dem Umzug des deutschen Theaters nach Almaty und in das heutige Gebäude im Stadtteil Jetysu stellten sich jedoch neue Herausforderungen. Mit der Auswanderungswelle in den 1990er Jahren verließen fast zwei Millionen Angehörige der deutschen Minderheit Kasachstan. Durch die Entwicklung der deutsch-kasachischen kulturellen Zusammenarbeit wurde eine deutsche Theaterakademie errichtet, wodurch neuer Wind in die deutsche Theaterszene in Kasachstan gehaucht wurde.

Heute ist das Deutsche Theater in Almaty in ganz Europa bekannt und durch seinen experimentellen, frischen Stil zu einer wahren Größe in der Theaterwelt geworden.

Das Theater ist nach wie vor das einzige deutsche Theater auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetrepubliken, das aktiv die deutsche Sprache und Kultur bewahrt und fördert. Dazu arbeitet es aktiv mit den deutschen Kulturzentren „Wiedergeburt“, der Volksversammlung von Kasachstan, dem Goethe-Institut Kasachstan, dem Generalkonsulat und der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Kasachstan zusammen.

Künstlerisch engagiert demonstriert das Theater der deutschen Minderheit Einigkeit, Kooperation und Toleranz. Während es Zeugnis ablegt vom multiethnischen Charakter Kasachstans, steht es auch für partnerschaftliche Beziehungen und die Ausweitung des deutsch-kasachischen kulturellen Angebots im Ganzen.

Festtagsaufführungen zum Jubiläum

Während der Jubiläumstage des Deutschen Theaters sind sowohl Erstaufführungen als auch bekannte Stücke zu sehen, wie unter anderem die Aufführung des 2018 auf Russisch erschienenen Romans von Gusel Jachina „Wolgakinder“ (mit dem russischen Titel „Deti moi“) oder die Berthold Brecht Oper „Der Jasager. Der Neinsager“, welches von Studenten des Deutschkurses der nach T. Schurgenow benannten Akademie der Künste neu interpretiert wurde.

Eindrucksvoll ist wohl insbesondere die erstmalige Aufführung des Stücks „Der kleine König“ von der russlanddeutschen Literaturikone Herold Belger. Er selbst würde in diesem Jahr seinen 90-jährigen Geburtstag feiern, wofür er vom Ministerium für digitale Entwicklung, Innovation und Luft- und Raumfahrtindustrie der Republik Kasachstan mit einer Briefmarke geehrt wurde.

Anton Genza

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