Was verändert sich im Leben der Deutschstämmigen in Kasachstan? Welche Förderbereiche werden priorisiert? Durch wen und wie wird in die Entwicklung von Sprach-, Kultur- und Jugendprogrammen investiert? Antworten auf diese Fragen wurden in Berlin gegeben, wo am 9. April die 21. Sitzung der Deutsch-Kasachischen Regierungskommission stattfand.
Den gemeinsamen Vorsitz führten Roman Vassilenko, stellvertretender Außenminister der Republik Kasachstan, und Natalie Pawlik, Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, die auch eine Bundestagsabgeordnete ist.
Während des Treffens wurden neue Vorschläge und Initiativen von Yevgeniy Bolgert, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates der gesellschaftlichen Stiftung „Wiedergeburt“, erörtert, von denen die meisten in das abschließende Kommuniqué aufgenommen wurden.
Die deutsche Sprache erhalten und entwickeln
Insbesondere wurde die Priorität der Erhaltung und Entwicklung der deutschen Sprache in Kasachstan als positiver Faktor für die weitere Stärkung der sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern hervorgehoben. Ein besonderer Vorschlag der Stiftung „Wiedergeburt“ sieht die Entwicklung eines „Fahrplans für die deutsche Sprache in Kasachstan“ vor. Dieser soll von einer Expertengruppe unter Einbindung von Fachleuten des Goethe-Instituts, Vertretern der Wissenschaft und Pädagogik sowie zuständigen staatlichen Stellen erarbeitet werden, wobei das Ganze von der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Astana koordiniert wird.
„Die Bewahrung und Entwicklung der deutschen Sprache ist eine der Hauptprioritäten unserer Arbeit. Die Konferenz über die deutsche Sprache, an der Universitäten, Vertreter von Ministerien und Behörden sowie die Deutsche Botschaft teilnehmen und die schon einige Jahre in Folge im Kasachisch-Deutschen Zentrum in Astana stattfindet, ist ein gutes Beispiel für unsere praktische Zusammenarbeit“, so Bolgert wörtlich.
Auch der Ausbau der Infrastruktur deutschstämmiger Selbstorganisationen stand im Mittelpunkt. Geplant ist unter anderem der Erwerb eines Gebäudes für die regionale „Wiedergeburt“-Gesellschaft in Karaganda sowie die umfassende Sanierung des Deutschen Theaters in Almaty. Die deutsche Seite zeigte sich bereit, den Vorschlag der kasachischen Delegation zur weiteren Unterstützung des Theaters — etwa bei Ausstattung, Führungen und gemeinsamen kreativen Projekten — an die zuständigen Kulturinstitutionen in Deutschland weiterzuleiten.
Ein weiteres bedeutendes Vorhaben betrifft den Bau einer kasachisch-deutschen Schule in Astana, der laut Bolgert inzwischen in die aktive Umsetzungsphase übergegangen ist. Um dem Projekt einen stabilen rechtlichen Rahmen zu geben, wurde angeregt, ein bilaterales Abkommen nach dem Vorbild anderer deutscher Auslandsschulen auszuarbeiten.
Stärkung der Selbstorganisation
Darüber hinaus wurde der Bedarf der deutschen Selbstorganisationen in Kasachstan an qualifizierten Fachkräften in den Bereichen Sozialarbeit, Kultur, Geschichte, Journalismus, interethnische Kommunikation und Management unterstrichen. „Die Förderung von Ausbildung und Qualifizierung dieses Personals ist eine Grundvoraussetzung für die nachhaltige Entwicklung der Selbstorganisation“, so Bolgert.
Als weitere Schwerpunkte wurden die Digitalisierung von Abläufen, die Stärkung der digitalen Infrastruktur sowie eine intensivierte Projektarbeit genannt. Zudem unterstrich Bolgert das Potenzial der Stiftung, wirtschaftliche Beziehungen zwischen Kasachstan und Deutschland zu fördern, insbesondere durch den kasachisch-deutschen Unternehmerclub. Auch die Fortentwicklung des dualen Ausbildungssystems in der Berufsbildung wurde von beiden Seiten als wichtiges Anliegen bekräftigt.
Projekte der „Wiedergeburt“ und die Rolle der Medien
Dmitry Redler, Geschäftsführer der Stiftung „Wiedergeburt“, präsentierte der Kommission einen Bericht über die Programmarbeit zur Unterstützung der deutschen Minderheit sowie Vorschläge für das kommende Jahr. Die Umsetzung der Projekte im Jahr 2024 wurde von beiden Seiten als erfolgreich bewertet.
Besondere Anerkennung fand die Deutsche Allgemeine Zeitung, vor allem im Hinblick auf ihre digitale Weiterentwicklung. Die Bedeutung der Zeitung als Brücke für kulturelle Kommunikation wurde ausdrücklich hervorgehoben, ebenso das Vorhaben, das Visa-Verfahren für Redakteure und Sprachassistenten zu erleichtern.
Elektronisches Archiv, Zugang zu Dokumenten und historisches Gedächtnis
Olga Stein, stellvertretende Geschäftsführerin der Stiftung, stellte das Projekt „Elektronisches Archiv der Deutschen in Kasachstan“ vor. Dieses Projekt wurde als ein wertvoller Beitrag zur Bewahrung des historischen Gedächtnisses anerkannt. Die Parteien kamen zu dem Entschluss, dass dieses Projekt fortgesetzt und weiterentwickelt werden soll. Natalie Pawlik betonte dabei, dass das Projekt beispielhaft und für die Bewahrung des historischen Gedächtnisses sehr wichtig ist, damit Familien Zugang zu Daten über ihre Vorfahren erhalten. Sie hofft, dass andere Selbstorganisationen diesem Beispiel folgen werden.
Die kasachische Seite bat um Unterstützung bei der Bereitstellung von Kopien jener Dokumente, die in deutschen Archiven, Bibliotheken, Museen, Forschungszentren usw. zu finden sind und die sich auf Grabstätten von Kasachstaner beziehen, die während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland gefallen sind. Außerdem wurde vorgeschlagen, ein Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich der Archive auszuarbeiten.
Jugendpolitik und Bildungsinitiativen
Besondere Aufmerksamkeit wurde auf der 21. Tagung der Deutsch-Kasachischen Regierungskommission den Fragen der Jugend gewidmet. Zunächst wurde die Kommission mit dem Bericht der Vorsitzenden des Verbandes der deutschen Jugend Kasachstans Kristina Larina vertraut gemacht. Es wurde betont, dass die Arbeit mit Jugendlichen verstärkt und ausgebaut werden soll. Ein wichtiger Aspekt war die Vorbereitung auf das 30-jährige Bestehen dieser Jugendorganisation in Kasachstan im Jahr 2026.
Am Ende des Treffens wurde ein gemeinsames Kommuniqué unterzeichnet, das die getroffenen Vereinbarungen festhält. Die Kommission bestätigte einmal mehr, dass die Partnerschaft zwischen Kasachstan und Deutschland im humanitären Bereich auf einer soliden Grundlage steht und klare Perspektiven hat.
Das Kommuniqué kann auf der Website wiedergeburt-kasachstan.de vollständig abgerufen werden.
Kristina Larina.
Übersetzung: Annabel Rosin.