Unser Autor beschreibt seine spannende Reise durch den Altyn-Emel-Nationalpark – einen Ort abseits der üblichen Touristenrouten. Mit faszinierenden Naturwundern und praktischen Tipps für die Reise wird dieser Abenteuerbericht zu einer wertvollen Vorbereitung für alle, die die unberührte Steppe Kasachstans erleben möchten.

Der Nationalpark Altyn Emel gehört zweifellos zu den einzigartigen Naturzielen Kasachstans und ist ein Ort, an dem sich die Natur in all ihrer rohen Schönheit erleben lässt. Der Park ist bekannt für seine außergewöhnlichen geologischen Formationen und historischen Stätten, darunter die berühmte Singende Düne, die Aktau-Berge, die farbigen Felsen von Kattatau und uralte Grabhügel der Sakischen Kultur. Diese Naturwunder zählen zu den Hauptattraktionen, die in Reiseführern glänzen und Besucher anlocken. Doch sobald man Almaty verlässt, zeigt sich eine andere Seite der Reise – fernab der Hochglanzbilder aus der Tourismuswerbung. Es sind die Details und Herausforderungen unterwegs, die dieser Reise ihren besonderen Charakter verleihen.

Kein Asphalt und Service

Der ursprüngliche Plan war einfach: von Almaty zum Nationalpark Altyn Emel, dort entspannen, schöne Fotos machen und in die Atmosphäre der kasachischen Steppe eintauchen. Unser Ziel war es auch, unseren Gästen aus Deutschland den ursprünglichen Steppencharme näherzubringen – eine Landschaft, die vielen unbekannt ist. Früh am Morgen brachen wir auf und trafen uns in Schelek, einer kleinen Stadt rund 180 Kilometer von Almaty entfernt. Die Fahrt dorthin dauerte etwa zweieinhalb Stunden, doch die Straßen waren eine Mischung aus intaktem Asphalt und beschädigten Abschnitten. Schlaglöcher und fehlende Markierungen machten die Fahrt stellenweise zur Geduldsprobe – ein Vorgeschmack auf die „Roadtrip-Realität“.

Nach Schelek wurde die Strecke abenteuerlich: abgelegene Dörfer, kaum befahrene Pfade, wechselnd zwischen Asphalt und Schotter. Ohne geländetaugliches Fahrzeug hätten wir die entlegenen Bereiche des Parks nicht erreicht. Ein Allradfahrzeug war nicht nur hilfreich, sondern geradezu notwendig – es gab uns Sicherheit und die Freiheit, flexibel zu bleiben. Als wir schließlich die Abgeschiedenheit des Parks erreichten, stand uns schon die nächste Herausforderung bevor: das Auffinden unserer vorab reservierten Unterkunft. Das Gasthaus war das einzige im Dorf Basschi, doch Hinweise oder Schilder fehlten völlig. Die Haustür unserer Bleibe war die eines einfachen Privathauses und sah aus wie jede andere in der Nachbarschaft. Nach ein paar Umrundungen und stetigem Beratschlagen fanden wir endlich das Ziel. Einen Empfang, wie man ihn aus klassischen Touristengebieten kennt, gab es nicht: keine Rezeption, keine Begrüßung, keine Informationen.

Die Unterkunft war aber sauber und funktional – einzig die Kälte störte, da die Heizung erst am Nachmittag eingeschaltet wurde, so dass wir die ersten Stunden unseres Aufenthalts in Jacken verbrachten. Ein einfaches Frühstück und Abendessen gab es zu einem kleinen Aufpreis. Man sollte keinen ausgiebigen Service erwarten – für eine Übernachtung ist das Gästehaus aber durchaus akzeptabel.

Naturerlebnisse und Herausforderungen im Park

Trotz kleinerer Unannehmlichkeiten waren die Erlebnisse im Altyn Emel atemberaubend. Die Singende Düne war ein magisches Naturschauspiel. Der Wind spielte mit dem Sand und erzeugte ein seltsames, fast musikalisches Dröhnen, das entfernt an eine Orgel erinnerte. Es war nicht nur ein faszinierendes Phänomen, sondern vermittelte uns auch das Gefühl, Teil eines lebendigen Naturraums zu sein. Der Wind durchzog den Park und verlieh ihm eine fast mystische Atmosphäre.

Auch die Aktau-Berge beeindruckten nachhaltig. Ihre Farbschichten, von Weiß bis Dunkelrot, wirkten wie eine marsianische Landschaft und bildeten einen faszinierenden Kontrast zur sonst farbarmen, weiten Steppe. Diese geologischen Formationen entstanden vor Millionen Jahren und sind heute ein einzigartiges Naturwunder. Besonders im Licht der untergehenden Sonne entfaltet sich ihre volle Schönheit – ein Anblick, der Fotografen und Naturfreunde gleichermaßen begeistert.

Doch auch hier blieben die Herausforderungen präsent: Die Infrastruktur im Park ist rudimentär. Es fehlten klare Wegweiser, Informationspunkte und gepflegte Straßen. Teilweise fuhren wir über eine halbe Stunde, ohne einem anderen Fahrzeug zu begegnen – einerseits ein Zeichen für unberührte Wildnis, andererseits ein Risiko, im Notfall auf sich allein gestellt zu sein.

Wichtige Hinweise für die Reise

Wer sich auf eine Reise in den Altyn Emel vorbereitet, sollte einige wichtige Dinge beachten:

Kraftstoff: Tanken Sie unbedingt im Voraus. Die Tankstellen in der Umgebung sind rar und es kann schwierig werden, in einem Umkreis von 30 bis 50 Kilometern Benzin zu finden. Die nächste Tankstelle befand sich zwar in einem nahegelegenen Dorf, aber es ist nicht garantiert, dass dort immer Benzin vorrätig ist. Es wäre ärgerlich, mitten in der Steppe mit leerem Tank festzustecken.
Bargeld: Die meisten kleinen Gasthäuser akzeptieren keine Kreditkarten, also stellen Sie sicher, dass Sie genug Bargeld bei sich haben. Banken und Geldautomaten sind in abgelegenen Gebieten des Parks keine Selbstverständlichkeit.
Heizung und Internet: Besonders in den Übergangszeiten wie Frühling und Herbst kann es kühl sein, aber die Heizungen in den Gästehäusern werden nicht immer sofort in Betrieb genommen. Auch der Internetzugang in der Umgebung des Parks ist nicht zuverlässig – Offline-Navigationskarten sind unerlässlich, wenn man den Park auf eigene Faust erkunden möchte.
Übernachtung: Wenn Sie den Park wirklich genießen möchten, sollten Sie für mindestens eine Übernachtung bleiben. Ein Tagesausflug von Almaty aus ist nahezu unmöglich und würde die einzigartigen Eindrücke des Parks schmälern.

Altyn Emel ist mehr als nur ein Nationalpark – es ist ein Ort, an dem Natur in ihrer rauhen, unberührten Form erlebbar wird. Die Reise ist kein luxuriöser Ausflug, sondern eine Expedition in eine Welt, die sich ihrer Ursprünglichkeit bewahrt hat. Zwar wird Altyn Emel in klassischen Reiseführern wie Lonely Planet oder Rough Guide oft nur am Rande erwähnt, doch auf spezialisierten Reisewebsites und in Reiseblogs findet der Park große Beachtung.

Für Reisende abseits der ausgetretenen Pfade ist er ein lohnenswertes Ziel – unvergesslich, rauh und voller Wunder.

Ruslan Mussirep

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