Nach dem zweiten größeren Erdbeben innerhalb von zwei Monaten arbeiten Regierungs- und Stadtvertreter daran, sich ein Bild von der Lage zu machen. Insbesondere die Systeme zur Aufklärung und Information der Bevölkerung stehen im Fokus.
Zum wiederholten Mal in diesem Jahr hat ein Erdbeben Almaty erschüttert. Um 11:22 Uhr wurden die Einwohner von Kasachstans Hauptstadt des Südens am Montag aus ihrer Alltagsroutine gerissen. Die Wände von Privatwohnungen und Büroräumen wackelten, Einrichtungsgegenstände fielen zu Boden, einige Gebäude bekamen sogar Risse in den Wänden von den heftigen Schwingungen. Überall auf den Straßen sammelten sich Menschen, die per SMS oder Lautsprecherdurchsage dazu aufgerufen waren, sich nach außen zu begeben.
Es war bereits das zweite Mal im noch jungen Jahr 2024, dass sich ein Erdbeben in der Stadt so deutlich spüren ließ. 6,1 Punkte wurden auf der Richterskala im Epizentrum gemessen, das sich gerade einmal 31 Kilometer von Almaty entfernt an der kasachisch-kirgisischen Grenze befand. Das waren zwar weniger als die 6,7 Punkte, die in der Nacht auf den 23. Januar gemessen wurden, als in Almaty zum ersten Mal die Erde spürbar bebte. Allerdings war bei jenem Beben das Epizentrum mit 264 Kilometern Entfernung auch wesentlich weiter weg von der Stadt.
Stadtverwaltung und Bevölkerung diesmal besser vorbereitet
Am Montag wurde der Unterricht in der zweiten Schicht in allen Schulen und Hochschulen in Almaty abgesagt. Auch der Betrieb der U-Bahn wurde vorübergehend eingestellt. Wie bereits im Januar gab es langgezogene Staus in der ganzen Stadt, da viele Einwohner versuchten, an Orte außerhalb der Stadt zu fliehen. Ein Sprecher des Akimats rief die Bevölkerung dazu auf, nicht in Panik zu verfallen. Die Stadtverwaltung richtete 384 Aufnahmestellen ein, wie die Pressestelle des Akimats vermeldete. Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen arbeiteten wie gewohnt weiter.
„Wie wir sehen können, haben alle Einrichtungen vom Katastrophenschutzministerium bis hin zum Akimat und anderen Regierungsbehörden auf den Vorfall reagiert“, erklärte Kasachstans Premierminister Olschas Bektenow in einer ersten Einschätzung der Lage. „Diesmal wurden die Sirenen und das öffentliche Warnsystem rechtzeitig aktiviert. Die Stadtbevölkerung wurde in Aufnahmezentren evakuiert. Glücklicherweise gibt es keine ernsthaften Schäden. Eine Lagebeurteilung läuft derzeit.“
Gemeinsames Projekt von Akimat, Digital- und Katastrophenschutzministerium
Einwohner berichteten dagegen, dass das Erdbeben wie bereits Ende Januar ohne Vorwarnung eintrat. Demnach gab es Warn-SMS und Sirenenalarm erst Minuten nach dem Beben. In der Regierungssitzung zu den Ereignissen am Montag meldete Katastrophenschutzminister Tschingis Arinow dem Premierminister aber, dass die vorangegangenen Informations- und Aufklärungsmaßnahmen für Bürger über das richtige Verhalten bei Erdbeben ihre Wirkung gezeigt hätten. So sei der größte Teil der Bevölkerung diesmal weniger in Panik geraten als Ende Januar.
Der Akim von Almaty, Jerbolat Dosajew, erklärte zudem auf der Regierungssitzung, dass in der Stadt Almaty ein neues Warnsystem eingeführt werde. Das Projekt werde auf Anweisung von Präsident Tokajew vom 25. Januar gemeinsam mit dem Digital- und dem Katastrophenschutzministerium durchgeführt. „Um die Stadtbewohner bis Ende Mai 2024 rechtzeitig über Notfälle zu informieren, ist die Einführung eines Sofortbenachrichtigungssystems nach dem Prinzip Mass Alert mit Cell-Broadcast-Technologie geplant“, so Dosajew. Dafür würden insgesamt 475 Millionen Tenge (knapp 970.000 Euro) bereitgestellt.