Konzerte, Stände mit Souvenirs und Handwerkskunst, Einführungen in nomadische Traditionen – das alles gab es am Wochenende in Kasachstans südlicher Hauptstadt zu bestaunen. Anlass für das bunte Treiben war der „Tag der Stadt“, den die Einwohnerinnen und Einwohner von Almaty mit großen Feierlichkeiten begingen.

Seit Kasachstans Unabhängigkeit wurde der Geburtstag von Almaty an jedem ersten Sonntag im Oktober gefeiert. Mit Auftritten und Paraden begingen die Bewohnerinnen und Bewohner auf dem damaligen Lenin-Platz, dem heutigen Astana-Platz, das Jubiläum. 2009 wurde der Beschluss gefasst, die Feierlichkeiten zu verlegen, damit diese nicht mit anderen Feiertagen zusammenfallen. Seitdem feiert Almaty am dritten Sonntag im September Geburtstag. In den letzten dreißig Jahren ist das Fest um einiges gewachsen. Immer mehr und größere Veranstaltungen finden statt, internationale Gäste werden eingeladen und beeindruckende Kulturprogramme erstellt. Nachdem die Stadt 2020 und 2021 wegen der Covid-Pandemie auf ein Online-Format umsteigen musste, ist seit letztem Jahr wieder eine Feier in vollem Umfang möglich.

Ob Almaty bereits mehr als ein Jahrtausend alt ist, wie bei den Feierlichkeiten zum Stadttag 2016 vorgegeben wurde, ist seit Jahren Gegenstand von Debatten über die Stadtgründung. Während es lange Zeit unumstritten war, dass die Stadtgeschichte mit der Schaffung der militärischen Festung Werny im Jahre 1854 begann, vertraten in jüngerer Zeit Historikerinnen und Historiker den Standpunkt, dass Almaty schon deutlich älter sei. Als Beweisstück wurden unter anderem Silbermünzen, mit denen im Gebiet der heutigen Stadt vor vielen Jahrhunderten gehandelt wurde, angeführt.

Ein Beispiel: Nurlan Atygaew, stellvertretender Direktor des Ualikhanow-Instituts für Geschichte und Ethnologie, erklärte gegenüber informburo.kz, dass die Stadt bereits im 10. Jahrhundert ein Zentrum für Handwerk und Handel war. Auch in schriftlichen Quellen wird ihm zufolge im 16. Jahrhundert von der Stadt am Fuße des Alatau-Gebirges berichtet. Und keine geringere Organisation als die UNESCO fügte 2015 ein 1.000-jähriges Bestehen Almatys zu ihrer Liste von Jubiläumsdaten hinzu. Kritischere Stimmen dagegen sehen diese neueren Auslegungen eher als PR an.

Der Stadttag in diesem Jahr

Doch gefeiert wird so oder so, und zwar gebührend und ausgiebig. Ganze 30 Großveranstaltungen finden über den gesamten September hinweg statt. Den Anfang machte am ersten Septemberwochenende ein ethnokulturelles Fest im archäologischen Park der Boralday-Saka-Grabhügel. Teilnehmende aus unterschiedlichsten Ländern stellten Traditionen und Bräuche nomadischer Völker vor mit dem Ziel, an deren Geschichte zu erinnern. Am vergangenen Wochenende, den 16. und 17. September, fand als Höhepunkt des Jubiläumsmonats in acht Bezirken sowie den Fußgängerzonen Panfilov und Zhybek Zholy gleichzeitig das Festival „Туған күніңмен, Алматым!“ (Alles Gute zum Geburtstag, Almaty!) statt.

Nach dem diesjährigen Motto waren die Festivalorte im Stil der städtischen Kultur in den 80er und 90er Jahren geschmückt. Im ganzen Stadtgebiet wimmelte es von Menschen, die Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, Auftritte von Live-Bands und Konzerte auf diversen Bühnen, Filmvorführungen, Apfel-Statuen, aufgebaute Jurten und Darbietungen von Models in traditioneller Kleidung besuchten.

Hauptschauplatz war allerdings der Park des Ersten Präsidenten, wo seit 2010 das populäre Apfelfest stattfindet. Hierfür kamen Landwirtinnen und Landwirte aus der ganzen Region zusammen, um das Fest mit Äpfeln zu versorgen. Im Voraus wurde geschätzt, dass an besagtem Wochenende 127 Tonnen Äpfel auf dem Apfelbasar verkauft würden.

Nach diesem Wochenende geht es jedoch noch weiter. Das Artbat-Fest für zeitgenössische Kunst, bei dem Kunstobjekte in der Stadt ausgestellt werden, dauert noch bis Ende des Monats an. Außerdem sind noch weitere Konzerte und ein Gastro-Fest für kasachische Küche geplant. Laut der Abteilung für Kultur der Stadt Almaty sind die Hauptziele dieser Feier unter anderem die Stärkung von Traditionen, Freundschaft und interethnischer Harmonie in Kasachstan.

Mein erster Stadttag

In Almaty habe ich zum ersten Mal den Tag der Stadt besucht. Am Samstag waren die Aufbauarbeiten für das Apfelfest noch in vollem Gange. Dennoch war die Stimmung bereits sehr ausgelassen und belebt. Ich traf zu diesem Zeitpunkt schon viele Besucherinnen und Besucher an. Erste Konzerte fanden statt, Kinder spielten auf der Wiese, Hochzeitsfotos wurden geschossen, und der Platz verwandelte sich durch zahlreiche Flaggen und Statuen mit Apfel-Symbol langsam in einen riesigen Apfel-Park.

Am Sonntag ging es dann so richtig los. Beim Schlendern durch die Zhybek-Zholy-Fußgängerzone kam ich an mehreren Bühnen vorbei, das Programm war mal auf Kasachisch, mal auf Russisch, mal eine Mischung aus beiden Sprachen. Stände mit Essen, Souvenirs und traditionellem Schmuck waren aufgebaut – ebenso wie Stationen, an denen Handwerkskünste vorgestellt wurden. An einer Bühne animierte ein Moderator die Besucherinnen und Besucher zum Mittanzen und Lieder-Erraten, Konzerte mit Dombra-Musik standen auf dem Programm. Es war ein strahlendes und lebensfrohes Fest, das viele Almatinerinnen und Almatiner anzog und den Herbst einläutete.

Sasha Borgardt

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