In der Hauptstadt Kirgisistans zeichnet sich schleichend ein Trend ab: Deutsches Brot ist in nunmehr sechs Filialen in der Innenstadt und den Ausläufern Bischkeks erhältlich. Womit wirbt das Unternehmen seine Kunden? Wie ergeht es dem deutschen Brot in Zentralasien? Ein kurzer Bericht.

Schwarzbrot, Bauernbrot, Brezeln: Neben Goethe und Bier ist es wahrscheinlich die ausgeprägte Brotkultur, die man international mit den Deutschen assoziiert. Brot ist auch in Zentralasien ein Grundnahrungsmittel. Vor allem die mit mandalaähnlichen Mustern verzierten sonnenförmigen Fladenbrote (Tandyr-Nan) erfreuen sich großer Beliebtheit, haben jedoch meist dieselbe Zusammensetzung und bieten geschmacklich kaum Abwechslung. In diese Nische wagte sich der deutsche Unternehmer Klaus Lehrke, der gemeinsam mit seiner Frau Aidai Sarbagischewa, Inhaber der „German Bakery“ Schwarzwald in Bischkek ist. Eigentlich gelernter Bankier, setzte er die Geschäftsidee seiner kirgisischen Gattin um, eine deutsche Bäckerei in ihrem Heimatland zu eröffnen. Sarbagischewa hatte in Deutschland eine Ausbildung zur Bäckerin begonnen,  musste allerdings, Ironie des Schicksals, das Handwerk aufgrund einer sich abzeichnenden Mehlallergie bald aufgeben. Die Leidenschaft hat sich aber erhalten, und heute hat sie mit ihrem Mann zusammen teil an dem vielfältigen Backprojekt.

2010 gegründet, werden die Waren in einer eigenen Fabrik, einem ehemaligen Traktorenwerk, von fachmännisch unterrichteten Bäckern hergestellt. Die Techniken und Fertigkeiten, die zum Herstellen eines typisch deutschen Brotes nötig sind, werden dabei an ihre kirgisischen Kollegen von deutschen Bäckermeistern weitergegeben. Vermittelt werden sie über ein Fachkräftenetzwerk. In den mittlerweile sechs Filialen der „Schwarzwald Bäckerei“ findet man Oberländer und Schwarzbrot, außerdem einiges an traditionellem Feingebäck wie den Plunder. Ein ausschließlich deutsches Angebot kann sich die Kette aber nicht leisten: Deutsches Brot ist bisher eher ein Geheimtipp. So finden sich auch typisch russische Sahnetorten, französisches Baguette und Toastbrot in den Auslagen.

Während diese aus einer anderen Fabrik stammen und sich so kaum von den Backwaren anderswo in der kirgisischen Hauptstadt unterscheiden, werden die Brote, Brötchen und Brezeln nach deutschen Rezepten gebacken, ebenso wie die „Schwarzwälder Kirschtorte“. Und das schmeckt man: Geschmacklich stehen die Waren denen in Deutschland in nichts nach. Das „Originalrezept aus dem Schwarzwald“ kann als authentisch gelten.

Zur Herstellung bezieht Lehrke Biomehl von einem deutschen Müller aus der Region Issyk-Kul. Zudem kooperiert die „German Bakery“ mit einer Firma, die sich auf ökologisch nachhaltige Kost spezialisiert hat und an einem eigenen Stand gesunde Müslimischungen und zuckerreduzierte Haferkekse anbietet. Und das in Kirgisistan? „Die Leute sind am Umdenken. Seit einigen Jahren gibt es einen Trend hin zu gesünderer Ernährung“, wie der Filialleiter berichtet. Die Bäckerei im Businesscenter ,,Orion“ hat ihre Räumlichkeiten, strategisch günstig gelegen, gleich unter der Deutschen Botschaft. Außerdem arbeitet das Unternehmen mit verschiedenen Projekten zusammen, beliefert mehrere Hotels in Bischkek.

Dass das deutsche Vollkornbrot eine Rolle bei diesem Umdenken spielen könnte, ehrt natürlich. Bei den Kirgisen stehen die Deutschen nach wie vor in hohem Ansehen, obwohl der Großteil das Land schon lange verlassen hat. Früher lehrte man auch noch verstärkt die deutsche Sprache an den Schulen. Heute scheinen viele Kunden neben den gesundheitlichen Aspekten ganz einfach Nostalgiker zu sein: Der einzige Kunde, der an diesem Montagvormittag die Bäckerei betritt, hat einmal fünf Jahre lang in Deutschland zum Arbeiten gelebt. Ob nun aus Fernweh oder zur kulinarischen Abwechslung: Was in Deutschland ein alltägliches Produkt ist, wird in Zentralasien als besonders hochwertig wahrgenommen und dementsprechend wertgeschätzt.

David Modro

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