Erst nach langem Zögern ließ sich Kolumnistin Julia Siebert ernsthaft auf das soziale Netzwerk Facebook ein. Nach ersten Gehversuchen macht es ihr nun sogar richtig Spaß.

Es gibt Fragen, die Menschen mit einem einfachen Ja oder Nein und allenfalls mit einem kleinen Zusatz beantworten, z.B. „Möchtest du Kaffee?“ „Ja, gern“. „Ja, mit Milch und Zucker“. „Nein, danke“. Alles klar. Bei anderen Fragen erfährt man unaufgefordert die halbe Lebenseinstellung.

Bei Facebook zu sein oder nicht zu sein, ist für viele Menschen keine organisatorische, sondern eine ideelle Frage. Und ideelle Positionen wollen manifestiert, verteidigt und drum lang und breit dargelegt werden. Es gibt da verschiedene Spezies. Die Facebook-Ablehner, die nicht einfach nicht bei Facebook sind, sondern es aus Prinzip ablehnen und überhaupt das Kommunikationsverhalten der Gesellschaft in Frage stellen, sich davon abgrenzen möchten und als kühne Ritter Facebook trotzen. Wer sie in solchen Foren sucht, sucht sie vergeblich (Jedoch – es sucht sie dort ja keiner; Anm. der Kolumnistin).

Die halbgaren Trotzer sind nicht gar so idealistisch, sondern in erster Linie und im ersten Satz schüchtern – „Ich kenne mich damit nicht aus“ – um dann erst im Nachsatz ihren Trotz mit Nachdruck nachzuschieben: „Und ich WILL mich damit auch gar nicht auskennen!“ Die Facebook-Aussteiger haben sich mal halbherzig auf Facebook eingelassen, aber entsprechend halbherzig darin bewegt, fanden Facebook folgerichtig wenig bewegend, was sie jedoch Facebook in die Schuhe geschoben haben. Gemäß dem Leitspruch „Facebook ist doof“ haben sie dem Forum trotzig den Rücken gekehrt. (Wenn man von Facebook gespiegelt bekommt, dass man einen klitzekleinen Freundeskreis hat und ohne eigenes Zutun kein Hahn nach einem kräht, ist das natürlich unangenehm; Anm. der Kolumnistin).

Die Gruppe, zu der ich mich zählen muss, sind die Facebook-Legastheniker. Aus Unfähigkeit, das Forum zu bedienen, habe ich lange Zeit passiv darin verharrt, immer mal voyeuristisch gestöbert, ab und zu ein bisschen reagiert, habe mich aber weder vor- noch zurückbewegt. Meine Antwort lautete: „Ja, aber ich bin nicht sehr aktiv.“ Was indirekt aussagen sollte: Nimm es bitte nicht persönlich, wenn ich mit dir nicht in Kontakt trete oder nicht auf Mitteilungen reagiere. Und habe umständlich erklärt, wozu ich Facebook nutze und was ich alles lasse.
Nun habe ich eine Entscheidung getroffen, mir ein Herz gefasst, mich zu Facebook bekannt und mir einen Mentor gesucht, der mir die Facebook-Funktionen nahebringt. Mutig habe ich ein paar Fotos eingestellt und Nachrichten verschickt, aber diese unbeabsichtigt gepostet. Während ich, erschrocken über so viel öffentliches Zeigen, hektisch versucht habe, das wieder rückgängig zu machen, habe ich so prompt so nette Reaktionen erhalten, dass ich es doch stehen ließ und gar Gefallen daran fand. Zuletzt habe ich stolz meinen ersten „richtigen“ Post gesetzt, ganz vorsätzlich. Und siehe da, die Antworten folgten auf dem Fuße, und es entwickelte sich eine rege Kommunikation mit Verabredungen zum Tanze. Na also, geht doch.

Ich habe noch nicht alle Hürden genommen und Möglichkeiten entdeckt, aber immerhin kann ich jetzt die Frage, ob ich bei Facebook bin, unumwunden und in aller Kürze mit einem einsilbigen klaren „Ja!“ beantworten.

Julia Siebert

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