Beim vorerst letzten Spiel der kasachstanischen Nationalmannschaft im europäischen Fußball siegten wieder einmal die anderen.
Reges Treiben vor dem Zentralstadion in Almaty kündigte am 12. Oktober ein ganz besonderes Sportereignis an. Tausende Fans der kasachstanischen Nationalelf standen um die letzten guten Karten für die Partie Kasachstan – Dänemark an, dem letzten Spiel der Gruppe 2 in der Weltmeisterschaftsqualifikation Deutschland 2006. Trotz einer bisher schwachen Leistung der kasachstanischen Equipe – in 11 Spielen nur ein einziger Punkt – dominierte vor Beginn des Spiels gemäßigter Optimismus das Geschehen. Zumindest nicht torlos vom Platz gehen lautete das Motto der angereisten Fußballbegeisterten. Über die Stadionlautsprecher tönte es, mit Unterstützung der Zuschauer sei gar ein Sieg gegen die starken Dänen möglich. Für den Tabellenletzten Kasachstan käme dies dem wahrscheinlich größten Erfolg in seiner erst 15 Jahre währenden Fußballgeschichte gleich.
Vergleichsweise ausgelassen und hoffnungsvoll präsentierte sich auch die Stimmung in der nur halb gefüllten Arena vor Anpfiff, trotzdem vorsorglich sämtliche flaschenähnliche Gegenstände von den Einsatzkräften der Polizei konfisziert worden waren. Junge Männer in dicken Wintermänteln und blau-gelber kasachischer Kampfbemalung schwangen Nationalfahnen. Einige probten zaghaft die ersten Schlachtrufe. Diese reicherten sie mit deutschem Schimpfvokabular an, wohl mit dem Ziel, sie den mitgereisten dänischen Fans verständlich zu machen. Davon keineswegs beeindruckt, antworteten jene mit kühler Bewegungslosigkeit, die auch vom verspäteten Beginn der Partie nicht unterbrochen wurde.
Die erste Halbzeit hatte freilich fürs Auge wenig zu bieten. Ein Feuerwerk von Fehlpässen auf kasachstanischer Seite brachte die Dänen kaum in Bedrängnis. Diese agierten abgeklärt im Mittelfeld. Ein gut durchdachter Angriff kam jedoch auch beim klaren Favoriten nicht zustande.
Die widrigen Außenbedingungen sorgten unterdessen unter den Zuschauern für eine gewisse Abkühlung. Nur vereinzelt wurden „Ka-Sach-Stan“-Rufe skandiert. Das Gros der Fans zeigte sich von der Leistung ihrer Mannschaft eher enttäuscht. Dem gelegentlichen Ballbesitz eines kasachstanischen Spielers wurde dennoch stürmischer Applaus geschenkt. Gegen Ende der ersten Halbzeit rollte sogar „la hola“ zweieinhalb Runden durchs Stadion.
Das 0:0 zur Pause war gerechtfertigt, sprach aber auch Bände über die Qualität des Spiels. Glücklose Kasachstaner kämpften sich gegen routinierte, aber unbewegliche Dänen ab. Dies konstatierten auch viele Zuschauer und vertraten sich auf den Rängen die Beine. Gegen die Kälte und die verfahrene Situation der kasachstanischen Mannschaft halfen nur warme Gedanken. Und diese letztendlich doch nur gegen Ersteres.
Binnen weniger Minuten nach Wiederanpfiff schossen sich die Dänen durch zwei blitzschnell ausgeführte Angriffe gegen die hilflosen Gegner aus Kasachstan zum Sieg. Auf den Rängen wurde es nun angesichts der verhängnisvollen, den kasachstanischen Fußballbegeisterten aber nur allzu gut bekannten Situation noch stiller. Die mittlerweile ordentlich durchgefrorenen Soldaten, die zum Schutz der Partie am Spielfeldrand Spalier standen, wurden nun mehr als überflüssig. Während sich auf dem Rasen die Spieler mühten, zumindest den Anschlusstreffer zu erzielen, überbrückten viele unglückliche Zuschauer die verbleibende Zeit mit der Konstruktion von Papierflugzeugen. Ein beträchtlicher Teil der Fans honorierte die Anstrengungen ihrer Mannschaft aber auch mit vorzeitigem Aufbruch nach Hause. Mit fatalem Ergebnis: Sie wie auch der Autor verpassten das am Ende angeblich dann doch noch verdiente 2:1 Anschlusstor der kasachstanischen Elf. Beide Mannschaften haben jetzt zur Analyse ihrer Leistung bis zum Beginn der Qualifikationsrunde für die Weltmeisterschaft 2010 ausreichend Zeit. Der Tabellen-Erste Ukraine kann die Tickets zur WM bereits lösen. Die Türkei zieht in die Relegation gegen die Schweiz.
27/10/05