Almaty ist eine echte Metropole, in der allerlei asiatische Kulturen ihren Platz gefunden haben. Kasachische Trachten, usbekische Spezialitäten, türkisches Textil, russische Matrjoschkas … Sind hier aber auch europäische Produkte gefragt, die in den Geschäften Almatys unter anderem durch deutsche Waren vertreten sind?
/Bild: Jekaterina Janzen. ‚Nicht drin, was draufsteht? Im Geschäft „Baden“ gibt es bei Weitem nicht nur deutsche Waren. Der deutsche Name zieht allemal.’/
Ein kleines Bekleidungsgeschäft im Zentrum Almatys mit großen in Fraktur geschriebenen Buchstaben auf einem Schild: „Baden“. Man geht hinein auf der Suche nach deutschen Waren, schaut umher und findet türkische Hemden, italienische Schuhe, englische Krawatten. „Wir haben hier kaum echte deutsche Waren. Die werden aus Baden geliefert, wobei sie nicht aus Deutschland stammen. Für unsere Besucher ist allein der Name Deutschland ein Begriff. Ob es in Deutschland produziert oder nur von dort geliefert wird, spielt keine Rolle“, sagt die Inhaberin des Geschäfts, Maria Iwanowa (Name von der Redaktion geändert).
Gilt aber wirklich nur die Marke „Deutsch“ bei der Wahl der Produkte oder spielen auch andere Faktoren eine Rolle?
In Almaty gibt es eine ganze Reihe von Kaufhäusern, die deutsche Waren liefern. Eines davon ist „Interfood“, das inzwischen schon eine ganze Kette von Supermärkten aufgebaut und sich hauptsächlich auf deutsche Produkte spezialisiert hat. Es bietet seinen Kunden sowohl Lebensmittel, als auch Massenbedarfsgüter an.
„Ich kaufe immer hier ein“, sagt die junge Mutter Saule Nurlubajewa. „Das Kaufhaus steht in der Nähe, ich bin mit der Qualität, dem Geschmack und den Preisen der Produkte völlig zufrieden. Die Grützen sind nicht verunreinigt, lassen sich schnell kochen“. Die Preise werden aber nicht von allen positiv bewertet. So gibt Anna Melnik, Mitarbeiterin des Goethe-Instituts Almaty, die ziemlich hohen Preise zu, meint aber, sie könne es sich ab und zu doch leisten. „Ich bin ein richtiger Fan deutscher Süßigkeiten!“
Essen oder Bier und Autos
Während aber Frauen offenbar mehr an Essen denken, scheinen Männer völlig vom deutschen Bier und deutschen Autos besessen zu sein. „Audi ist meine Lieblingsautomarke“, gesteht Jerbol Maschanow, Leiter der Marketingabteilung des Niedrigpreissupermarktes „Magnum“. Der Geschäftsführer des Kaufhauses heißt Ulrich Dubke und ist Deutscher. Der Supermarkt legt aber inzwischen keinen großen Wert auf Lieferungen von deutschen Waren. „Wir schlagen die Preise!“ ist das Motto des Unternehmens. „Das bedeutet, wir haben die niedrigsten Einzelhandelspreise in der Stadt. Bei der Auswahl der Palette richten wir uns nach Popularität des Produktes und seiner Umlaufgeschwindigkeit, denn jeder Quadratmeter sollte Gewinn bringen. Sonst rentieren wir uns nicht“, meint Jerbol Maschanow.
„Ich mag „Becker Bier“, verrät Baurschan Alsejtow, ein 25-jähriger Taxifahrer, der übrigens Mercedes fährt. Das Bier wird vom deutsch-kasachischen Unternehmen „Bekker&K°“ produziert, das 1991 gegründet wurde.
Was aber Milchprodukte angeht, so werden sie meist in einheimischen Geschäften gekauft. So bevorzugt Anna Melnik Milch, Joghurt und Sauermilch, die in Kasachstan produziert werden, denn sie seien natürlich frischer. Der Direktor der Abteilung für Logistik bei „Interfood“, Daulet Aidarchanow, besteht aber auf der völligen Frische der dort angebotenen Produkte. „Wir liefern Lebensmittel mit dem Flugzeug. Am Morgen werden sie produziert, in ein paar Stunden sind sie schon im Geschäft.“
Die Produkte auf dem Markt sind für die Rentnerin Ella Nowikowa doch am besten. „Die haben keine Zusatzstoffe und schmecken einfach besser. Ich bin an unsere Lebensmittel gewöhnt.“
So haben deutsche Waren in Almaty ihren Platz gefunden, ohne einheimische Produkte – besonders im Nahrungsmittelbereich – zu verdrängen. Die weltweit anerkannte deutsche Qualität wird aber auch hier, unter anderem bei Autos, Süßigkeiten und Bier geschätzt. Mit den Worten von Jerbol Maschanow: „Ich glaube, wenn es die Deutschen nicht gäbe, wäre die Wissenschaft und besonders die Technik bei Weitem nicht auf dem heutigen Stand.“
Der Text ist während des Aufbauseminars zur II. Zentralasiatischen Medienwerkstatt in Almaty entstanden.