Claus Dieter Storm ist im Rahmen des kasachstanisch-deutschen Lehrerentsendeabkommens als Fachberater für Deutsch in Kasachstan. Er betreut ausgewählte Schulen mit vertieftem Deutschunterricht und ist Prüfungsvorsitzender für das Deutsche Sprachdiplom

Schule und Hochschule sollen Bildung vermitteln. Wo ist da das Problem? Das Problem ist, das sich das erfolgreiche Ergebnis zeigen muss. Der bisher übliche Weg, dies zu zeigen, sind die Noten. Falsch wäre es aber, von guten Noten auf eine erfolgreiche Durchführung des Bildungsauftrages zu schließen.

Gute Noten in den Klassenbüchern und Zeugnissen sagen oft mehr über die Erwartungen der Schulverwaltung an die Schulen aus als über die tatsächlichen Lernergebnisse. Die Bildungsverwaltung erwartet von den Schulen, dass sie gute Ergebnisse bringen. Lehrer, deren Schüler keine guten Noten haben, stehen unter erheblichem Druck. Sie müssen sich rechtfertigen, und manchmal, so hört man, werden sie auch bestraft. Um dem vorzubeugen, bringen die Schulen dann die erwarteten guten Ergebnisse. Meistens aber nur auf dem Papier. Aber dann ist die Welt wieder in Ordnung.

Ein typisches, exotisches Beispiel dafür, wie verkehrt es sein kann, nur die erste, beabsichtigte Reaktion einzukalkulieren, ist der „Cobra-Effekt”: Als die britische Kolonialverwaltung in Indien die Schlangenplage eindämmen wollte, belohnte sie jeden, der eine Schlange fing, mit einer Geldprämie. Viele Inder begannen daraufhin, Cobras zu züchten, um die ersehnte Belohnung zu kassieren.

Fast so ähnlich ist es manchmal auch mit der Zensurengebung: Wenn gute Zensuren gut für uns sind, dann produzieren wir eben gute Noten! Damit wird aber bald Schluss sein müssen. Denn mit der angekündigten Bildungsreform, durch die das Schulwesen grundlegend modernisiert werden soll, werden tatsächliche Überprüfungen der Lernerfolge kommen. Also nicht die Noten, sondern das wirkliche Kennen und Können wird überprüft werden.

Wenn das eingeführt ist, dann ist die Republik Kasachstan einen großen Schritt weiter auf dem Weg der Modernisierung. Zur Ausrüstung gehören dabei aber nicht nur die Überprüfungen des jeweils Gelernten, sondern auch, sozusagen als Karte und Kompass zugleich, aktualisierte konkrete Lernpläne für die Quartale und für jedes Schuljahr. Was soll der Schüler am Ende des Schuljahres gelernt haben, was soll er können? Dann wird sich der wirkliche Lernerfolg überprüfen lassen. Und wenn es dafür, für das wirklich erfolgreiche Arbeiten der Lehrerinnen und Schüler, „Belohnungen” gibt, dann ist das völlig in Ordnung.

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