Im Währungsstreit zwischen China und den USA dominieren die Vorwürfe, dass jeweils der andere den Außenwert (Wechselkurs) seiner Währung in Richtung künstlicher Schwächung („Abwertung“) manipuliere, um damit den eigenen Exportprodukten preisliche Wettbewerbsvorteile zu organisieren. Es ist jedoch zu einseitig, nur auf die Großen im Wechselkursgeschehen zu schauen. Von den Kämpfen um niedrige Zinsen und unterbewertete Währungen sind in zunehmendem Maße die Währungen kleiner und ganz kleiner Länder betroffen, wie zum Beispiel die von Brasilien oder Thailand.

Kapital ist heutzutage sehr mobil und investiert sich keinesfalls nach irgendwelchen nationalen Kriterien. Die niedrigen Zinsen in den beiden großen Währungsräumen – der Zone des US-Dollar und des Euro – sind mit zwei bis drei Prozent für Anlagen niedrig. Natürlich wird jeder potentielle Investor (und das sind auch viele „kleine“ Leute) auf die Länder schauen, wo die Zinsen höher sind. Davon gibt es eine ganze Menge, es sind vor allem die Schwellenländer, also die aufstrebenden und schnell wachsenden Volkswirtschaften in Asien und Südamerika. Die niedrigen Zinsen in den Industriestaaten lenken große Kapitalströme in diese Länder.
Bis zu einem bestimmten Grad ist das gut, schließlich werden von diesem Geld Investitionen getätigt oder es können Devisenreserven angelegt werden. Mittlerweile jedoch ist dieser Segen für einige Staaten zum Fluch geworden. Da die Wechselkurse nach Angebot und Nachfrage gebildet und nur im Ausnahmefall von der Nationalbank reguliert werden, bewirkt ein zu großer Kapitalstrom eine Aufwertung der jeweiligen nationalen Währung, was zur Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit der Exporte führt. Die Exporteure müssen im Ausland ihre Verkaufspreise erhöhen, damit sie nach dem Devisenumtausch zu Hause auch alle Kosten abdecken können und möglichst auch noch Gewinn erwirtschaften. Höhere Preise ziehen in der Regel eine Verringerung der Nachfrage nach sich, das Exportvolumen eines Landes sinkt.

Hält diese Überbewertung der nationalen Währung längere Zeit an, kommt es unweigerlich zu einer Erosion der industriellen Basis eines Landes, da es billiger ist, Importwaren zu kaufen, statt – nur durch die Wechselkurse bedingt – teurere heimische Erzeugnisse. Hinzu kommt, dass ein Großteil der heutigen Kapitalströme spekulative Züge aufweist, also nicht unbedingt allzu lange Zeit investiert sein will. Bei der Möglichkeit in einem anderen Lande ein paar Zehntelprozente mehr Zinsen zu bekommen, ist das Geld schnell wieder verschwunden. Das schafft monetäre Probleme in den Schwellenländern, obwohl deren Wirtschaft strukturell eigentlich gesund ist. Gerade kleine Länder können von solchen kurzfristigen Zu- und Abflüssen sehr stark durchgeschüttelt werden.

Offene Kapitalmärkte, wie sie sich seit Anfang der 1970er Jahre nach dem Zusammenbruch des Systems fester Wechselkurse („Abkommen von Bretton Woods“) herausgebildet haben, sind also auch nicht immer das Gelbe vom Ei. Niemand wird also den Schwellenländern ausreden können, sich notfalls auch mit administrativen Mitteln, sogenannten Kapitalverkehrskontrollen, gegen allzu hohe Zuströme von Devisen wehren zu wollen.

Kasachstan hat ein vergleichbares Problem, bedingt durch die hohen Devisenströme aus dem Verkauf von Erdöl. Bisher konnte eine direkte Beschränkung der Devisenzuströme verhindert werden, weil die Nationalbank große Mengen nicht nachgefragter Dollar aufkauft. Doch auch das hat seinen Preis: hohe Inflation. Schließlich muss die Nationalbank für die Dollar mit Tenge bezahlen, deren Menge so leicht über das optimale Maß hinaus erweitert wird. Ewig wird das nicht gehen, auch hierzulande ist eine Tengeaufwertung früher oder später unvermeidlich.

Bodo Lochmann

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