Prinzipiell ist die Erkenntnis, dass Bildung langfristig der zentrale Faktor für das Erreichen und Sichern eines hohen Lebensniveaus ist, auch in Kasachstan angekommen. Beim aktuellen Zustand des Bildungswesens gibt es im Vergleich zu dem von vor etwa zehn Jahren auch einige Fortschritte. Das heißt aber nicht, dass es nicht noch mehr als genug zu tun gäbe. Der Lösung einer Reihe von Entwicklungsfragen dient die kürzlich von der Regierung beschlossene staatliche Konzeption zur Entwicklung des Bildungswesens bis 2020.

Einen zentralen Punkt in dieser Konzeption nimmt die mehr als dringend notwendige Veränderung des Status von Schullehrern ein. In der Schule werden nicht nur Wissensgrundlagen gelegt, sondern insbesondere die Lernfähigkeit und Lernbereitschaft der Schüler für das ganze Leben gefördert, oder auch nicht. Qualifikation und Image der Schullehrer hat sich in den letzten Jahren auch entwickelt, aber eher in Richtung Verschlechterung. Der Schwerpunkt in der genannten Konzeption in dieser Frage soll nun allerdings vorwiegend wieder administrativer Art sein: es sollen die Aufnahmeprüfungen an den pädagogischen Hochschulen verschärft, ein spezieller „Kreativitätstest“ sowie Qualifikations- und Wissenstests für junge Lehrer eingeführt werden.

Zwar wird auch behauptet, dass Lehrer besser bezahlt werden sollen. Eine explizite Aussage darüber, dass auch das System der Ausbildung der Lehrer selbst spürbar verbessert werden soll, war in der Konzeption so aber nicht zu finden. Aber Geld soll in die Hand genommen werden, viel Geld sogar. Allein in der ersten Etappe (bis 2015) stehen rund 4.000 Milliarden Tenge (21 Milliarden Euro) für den Bildungssektor bereit, das ist eine Steigerung gegenüber den ursprünglichen langfristigen Planungen um 629 Milliarden (3,3 Milliarden Euro). Der größte Teil davon soll die Ausstattung und Instandsetzung bestehender Schulen verbessern sowie den Bau neuer Schulen fördern. Letzteres ist auch mehr als dringlich, befinden sich doch nach wie vor über 100 genutzte Schulen kurz vor dem Zusammenfall und dürften eigentlich gar nicht mehr in Betrieb sein.

Einen weiteren Schwerpunkt der Konzeption bildet die Vorschulbetreuung, insbesondere in den Kindergärten. Im Moment hat nicht einmal jedes dritte Kind die Chance auf einen Kindergartenplatz. Dabei fehlt es, zumindest theoretisch, eigentlich nicht an Kindergärten, jedoch werden viele von ihnen zweckentfremdet. Das ist das Ergebnis einer überschnellen und kaum durchdachten Privatisierungspolitik der 1990er Jahre, die nun mit erheblichem juristischen und finanziellen Aufwand korrigiert werden muss. Für 70 Prozent der Kinder im entsprechenden Alter sollen bis 2015 Kindergartenplätze bereitstehen, bis 2020 für alle Kinder.

Ebenfalls bis 2020 soll der Übergang zur zwölfjährigen obligatorischen Schulbildung vollzogen sein. Dieses Projekt ist vor ein paar Jahren schon einmal großmundig angegangen worden, musste aber infolge fehlender Voraussetzungen dann doch kleinlaut wieder begraben werden. Über die Idee, alle Kinder als Verpflichtung zwölf Jahre zur Schule zu schicken, kann man geteilter Meinung sein. Eine solche Neuerung muss nicht unbedingt im Interesse der Kinder selbst sein, die ihre unterschiedlichen Fähigkeiten hinsichtlich des Lernens mit 14 Jahren durchaus schon ausgeprägt haben.

Im Hochschulbereich will man den internationalen Durchbruch schaffen. Darüber wird ja schon lange gesprochen und noch länger geträumt. Alle kasachstanischen Hochschulen sollen auf das europäische Kreditsystem umgestellt werden, was auf eine starke Orientierung auf den europäischen Bildungsraum und den Bolognaprozess hinweist. 2020 sollen 14 Prozent der Hochschulen die internationale Kreditierung erfolgreich bestanden haben, 20 Prozent Doppelabschlussprogramme mit ausländischen Hochschulen praktizieren, und jede zweite Hochschule soll Abteilungen oder Organisationen haben, die sich mit dem Erstellen innovativer Leistungen in ihren Fachgebieten beschäftigen. Zwei Hochschulen sollen sich in der Liste der weltbesten Universitäten befinden. Der Mangel der Konzeption im Bereich Hochschulen besteht nun darin, dass zwar Ziele quantifiziert sind, es aber keine konkreten Aussagen gibt, wie das alles erreicht werden soll. Vielleicht ist die Traumkomponente dabei immer noch zu groß.

Bodo Lochmann

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