Schon gut 75 Jahre gibt es das Deutsche Theater, das heute in Almaty ist, denn bis in die neunziger Jahre lebten in der ehemaligen Sowjetunion hunderttausende Deutschstämmige.

Da machte es nicht nur Sinn, auf Deutsch zu spielen und sich zu präsentieren, sondern es wurde sogar vom deutschsprachigen Publikum wahrgenommen. Heutzutage sieht die Welt ganz anders aus. Russische Stücke werden auf der Bühne in der Rosybakijew-Straße ins Deutsche übersetzt, obwohl sich im Publikum gerade mal eine Hand voll Deutschsprachler findet. Aber das Deutsche Theater in Almaty hat sich ja auf die Fahnen geschrieben, die deutsche Kultur nicht nur zu bewahren, sondern auch zu fördern. Beim Besuch des Stückes „Das Mädchen und der Tod“ von Maxim Gorki, wird sehr schnell deutlich – das Ziel ist bei weitem zu hoch gesteckt. Die Schauspieler können kein Deutsch und den Inhalt des Stückes kennen sie nur durch die russische Vorlage. Den Sprachrhythmus und die Betonung der Wörter richtig zu treffen, gelingt ihnen nicht immer. Zwar geben sie sich viel Mühe, aber trotzdem übertönt das typisch russische, rollende „R“ die Worte. Wäre es da nicht sinnvoller, gleich auf Russisch zu spielen? Von den knapp 120 Zuschauern tragen ohnehin 110 Kopfhörer und lassen sich die russische Version vorlesen. Oft sind diese zu laut aufgedreht und die restlichen zehn anwesenden Deutschverstehenden können den Sinn des Stückes bei dieser Geräuschkulisse nur erahnen. Unter solchen Umständen grenzt es an Absurdität, auf Biegen und Brechen die deutsche Kultur aufrechterhalten zu wollen. Wenn weder die Mitglieder des Deutschen Theaters muttersprachlich Deutsch sprechen und das Publikum fast ausschließlich die Kopfhörer benötigt, warum dieses krampfhafte Deutschtum?

Wie soll so deutsche Kultur und Tradition weitergetragen werden? Immerhin, deutscher Fleiß wird vermittelt, denn die Darsteller hatten nur zwei Monate Zeit, um ihren Text in der fremden Sprache aufsagen zu können.

Von Eva Hotz

16/06/06

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