Wird Afghanistan zum Friedhof der Großmächte oder gelingt es der Internationalen Gemeinschaft, eine sich selbst tragende Sicherheitsstrategie in dem Land zu implementieren? Kurz vor der Afghanistan-Konferenz in London lud die Friedrich Ebert Stiftung zu einer Gesprächsrunde über das Thema des deutschen militärischen Engagements in Afghanistan ein. Gemeinsam mit Studenten der Deutsch-Kasachischen Universität suchte Dr. Wulf Lapins, Projektkoordinator der Friedrich Ebert Stiftung in Zentralasien, nach Lösungen in einem komplizierten Konflikt.

/Bild: Christine Karmann. ‚Studenten der DKU: Suche nach Lösungen in einem komplizierten Konflikt.’/

Auf dem Weg zur Diskussionsrunde mit Studenten über das deutsche militärische Engagement in Afghanistan war Dr. Wulf Lapins, Projektkoordinator der Friedrich Ebert Stiftung in Zentralasien, noch ein Ausspruch des letzten amerikanischen Oberbefehlshabers im Vietnamkrieg eingefallen. „Wenn wir nicht gewinnen, verlieren wir, wenn sie – die Vietcong – nicht verlieren, gewinnen sie.“ Hinter den Worten stecke etwas Entscheidenes, so Wulf Lapins, das man auch auf die Situation in Afghanistan anwenden könne.

Guerillakrieg in einer historischen Dimension

Aber wie sieht die Situation in dem Land, zwei Flugstunden von Kasachstan entfernt, überhaupt aus? Zunächst fasste Wulf Lapins generelle Informationen noch einmal zusammen. „Zwischen Taliban und Aufständischen muss unterschieden werden. Es ist kein Kampf der Regierung Afghanistans gegen die Taliban als solche, sondern eine Auseinandersetzung zwischen der afghanischen Regierung und den Aufständischen im eigenen Land. Es ist auch kein internationaler Konflikt, da sich nicht zwei Staaten gegenüberstehen. Die internationalen Truppen unterstützen die afghanische Regierung, was im Einklang zu den internationalen Rechtsgrundlagen steht.“

So einfach sich die Situation auch darstellen lässt, ist sie doch in der Realität um so schwieriger zu lösen. „Wir haben es heute mit einem Guerillakrieg in einer historischen Dimension zu tun. Der Kampf dauert bereits länger als der erste oder zweite Weltkrieg. Die Macht mit dem größten militärischen Know-how schafft es nicht, die Sicherheit Afghanistans zu gewährleisten“, sagte Wulf Lapins.

Das Land sich selbst zu überlassen, ist für Wulf Lapins derzeit keine Perspektive. „Es ist eine Illusion, dass sich die Situation von selbst bessern wird. Im Gegenteil, der Konflikt wird sich in alle Richtungen ausbreiten und auch Auswirkungen auf die Sicherheit in den angrenzenden zentralasiatischen Ländern haben.“

Bei der bevorstehenden Afghanistan-Konferenz in London steht die internationale Gemeinschaft vor demselben Problem wie jetzt die Studenten in der Deutsch-Kasachischen Universität: Wie verhält man sich richtig in einem in dieser Dimension nie da gewesenen Guerillakrieg, in dem sich westliche Staaten ohne vorher besprochene Exit-Strategie engagieren?

Ziviler Aufbau

Die Studenten, die trotz kurzer Semesterferien die Gesprächsrunde besuchen, interessieren sich für Weltkonflikte. Sie studieren Politologie, Internationale Beziehungen und Wirtschaft. Einige haben gerade erst mit dem Studium begonnen, andere werden demnächst mit ihrer Bachelorarbeit beginnen. Sie hören aufmerksam Wulf Lapins, der zwei Lösungschancen präsentiert: Ausstiegsprogramme für junge Aufständische und den Aufbau föderalistischer Strukturen.

„Wir müssen den Menschen in Afghanistan Alternativen bieten, die für sie reizvoller sind als der Mohnanbau, oder sich den Aufständischen anzuschließen. Das Land ist reich an Ressourcen wie Gas, Öl, Kupfer und Eisen“, sagt Wulf Lapins. Eine weitere Chance in dem Ausstieg aus der Gewaltspirale sieht er in dem Aufbau föderalistischer Strukturen, in der die verschiedenen Volksgruppen in Afghanistan ihre nationalen Vertreter wählen.

Zwei Ideen, die dem Prinzip Hoffnung, das im Moment ganz oben auf der Agenda der Internationalen Beziehungen stehe, etwas entgegensetzen, so Wulf Lapins. Und zwei Ideen, die die Studenten aus Kasachstan zum Nachdenken anregen sollen. Nach Abschluss der Afghanistan-Konferenz in London will man sich wieder zu einem Gesprächskreis treffen und das Thema weiterverfolgen.

Von Christine Karmann

29/01/10

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