Es sind „die Olympischen Spiele der Studierenden“. Universiaden vereinen alle zwei Jahre Spitzenathleten aus der ganzen Welt. Sportlernachwuchs aus 57 Ländern zwischen 17 und 28 Jahren tritt bei Wettkämpfen vom 29. Januar bis 8. Februar 2017 in Almaty an. 2000 Athleten aus aller Welt kämpfen in zwölf Disziplinen an acht Austragungsorten in Almaty um Siege und Medaillen. Neben Wettbewerb fördert Kasachstan mit seinem Athletendorf jedoch auch den Gedanken an die internationale Freundschaft und Gemeinschaft.

„Kasachstan träumte schon lange davon Sportler aus aller Welt zu sich einladen zu dürfen“, so die Worte des deutschen Generalkonsuls bei der Begrüßung der deutschen Universiade-Delegation. Nun ist Almaty elf Tage auf eine Probe gestellt – ein Großevent wie die Universiade 2017 hat es in Kasachstan noch nicht gegeben. Es ist gefühlt die organisatorische Feuerprobe vor der EXPO in Astana und auch ein Fingerzeig in Richtung der Olympischen Winterspiele 2022, deren Zuschlag Kasachstan sehr knapp verpasste.

Weltspiele der Studierenden

In einer Welt voller Krisen, Misstrauen und Ungewissheit sieht der Generalkonsul Jörn Rosenberg solche internationalen Sportevents als „politisch wichtig“. Ein „Forum für friedliches Zusammenkommen aus aller Welt“ vereine „Menschen von allen Kontinenten, verschiedenster Ethnien und Religionen aus Ländern mit unterschiedlichen politischen Vorstellungen.“

Ein Gedanke wie aus einem kasachstanischen Image-Video, positioniert sich doch das Land bereits seit geraumer Zeit als friedensfördernder neutraler Staat mit eigens konzipierter multivektorieller Außenpolitik. Diese Renommee wächst auch zunehmend, das Land sieht sich mehr und mehr in internationales mediales Rampenlicht getaucht – und das nicht unbedingt unverdientermaßen.

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Gastgeberland für alles gewappnet

Die erste deutsche Curling-Frauenmannschaft in der Geschichte der Universiade tritt dieses Jahr in Almaty an. Claudia Beer (hinten) und ihre Team-Kolleginnen nach dem Anstoß des Curlingsteins während des Spiels Kasachstan-Deutschland (2:13). | Foto: https://almaty2017.com

Die Stadt Almaty hat sich akribisch vorbereitet: Schüler und Studenten wurden freigestellt und somit viele Tausende Freiwilliger gewonnen, der Neujahrsschmuck erleuchtet die Hauptstraßen, große Plakate sollen den urbanen Raum verschönen und eine hohe Polizeipräsenz die Sicherheit gewährleisten, auch freilaufender Tiere wurde sich entledigt. Tatsächlich wurde sich auf das Event über die Maßen vorbereitet. Fast scheint es, als soll bewiesen werden, dass auch eine Winterolympiade drin gewesen wäre. Die Positionierung als Wintersport-Austragungsort rückt mit dem Bau neuer Sportstätten in den Vordergrund. Jede dieser Investitionen ist auch eine in künftige Bewerbungen für die Olympischen Winterspiele.

Eintracht statt Wettstreit

Zu diesen Bemühungen zählt auch ein eigens für die Spiele errichtetes Athletendorf – zur positiven Überraschung vieler internationaler Delegationen. Ganz im Sinne des kasachstanischen Images als multiethnische Nation kommen hier Teams aller Nationen und Sektionen zusammen, um das freundschaftliche Miteinander vor und nach den Wettkämpfen zu erleben. Der Gebäudekomplex soll Veranstaltern zufolge nach den Winterspielen als erschwingliche Wohnanlage genutzt werden. Auch die neu gebauten Halyk Arena und Almaty Arena sollen nach der Universiade als Austragungsorte Internationaler Wettkämpfe und kultureller Großevents und zur Förderung von Wintersport dienen.

Bei ihrer ersten Universiade freut sich die Curlerin Claudia Beer insbesondere über das intensive Zusammentreffen mit Athleten anderer Disziplinen. Auf Curling, das seit knapp 20 Jahren olympische Disziplin ist, stieß Beer rein zufällig in ihren Ferien. Seitdem spielte sie mehrere europäische Meisterschaften sowie eine Weltmeisterschaft. Die Curlerinnen sind die einzigen Sportlerinnen, die fast täglich zum Wettkampf antreten.

Auch der Skilangläufer und Lehramtsstudent Andreas Weishäupl, der schon zwei Universiaden zuvor mitmachte ist überrascht von dem Athletendorf in Alamty: „Es ist ein besonderes Flair. Man hat das Gefühl, man sei auf einem olympischen Dorf.“ Allerdings sei es sportlich in Almaty ein wenig nachteilig, denn die Sportstätten selbst liegen zum Teil sehr weit voneinander entfernt. Aber das Gefühl einer großen Universiade, wo sich Sportler aller Disziplinen begegnen, mache dies wieder wett. „Das soll ja das Besondere einer Universiade sein. Wettkämpfe anderer Natur haben wir im Alltäglichen gegeben.“

Urbane Herausforderung

Ungeachtet der detaillierten Planung gibt es Stimmen der Verwunderung. Wurden die Spiele ausreichend beworben? Tickets für die Finalrunden sind zwar ausverkauft, aber Tribünen der regulären Wettkämpfe blieben zu Beginn nicht selten halbleer. Eine besondere Herausforderung stellt der Verkehr in Almaty dar.
Trotz der Eigenwilligkeiten des Almatiner Stadtverkehrs, mache das gut organisierte Transportsystems der Universiade die Entfernung zwischen den Austragungsorten wieder wett, so Team-Leader Dirk Kilian. Er wagt noch vor Beginn der Wettkämpfe eine Einschätzung der Wettkampfanlagen: „Es sind tolle Wettkampfstätten dabei, so die Anlage in Alatau – hier ist die Strecke anspruchsvoll und gut präpariert.“

Nischendasein Uni-Sport

Eine klassische Disziplin – der Eiskunstlauf. | Foto: https://almaty2017.com

Die Organisation von Großveranstaltungen ist in Deutschland kostspieliger und auch organisatorisch schwieriger umzusetzen. Außerdem protestieren BürgerInnen oft gegen Austragungen von teuren Mega-Events, wie auch bei den letzten deutschen Olympia-Bewerbungen. Die Bevölkerung sieht sich als leidtragend bei milliardenschweren Großveranstaltungen. Umso mehr pocht der adh auf die Wichtigkeit von Studentensport, bei dem Spaß vor Geld gehe. Doch, so Kilian, mangelt es in Deutschland an grundsätzlicher Akzeptanz von Hochschulsport. Universitätssport hat in anderen Ländern eine ganz andere Kultur. Durch das besonders starke deutsche Vereinswesen führe der Hochschulsport jedoch leider ein Nischendasein, analysiert Kilian. Deshalb kämen die Sportler aus der deutschen Delegation auch alle aus dem Vereins–, und nicht aus dem Hochschulsport. „Im angloamerikanischen Bereich gibt es zwar nicht so ein gut aufgestelltes Vereinssystem wie in Deutschland, aber der Collegesport hat eine viel größere Bedeutung“, vergleicht der Team-Leader. Den adh und die Sportler würde es sicher freuen, eine Universiade in Deutschland auszurichten, aber das sei „ein dickes Brett“.

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Hartes Training für Olympia

Ein Studentenleben mit Leistungssport zu vereinbaren ist eine Doppelbelastung. Christian Nüchtern und Shari Koch aus Nordrhein-Westfalen tanzen seit 2008 zusammen und leben und trainieren momentan in Mailand. Nüchtern studiert BWL an der FU Berlin und meint, dass Leistungssport und Studium nur mit viel Management zu vereinbaren sind. „Man muss sehr viel Privates aufgeben.“ Koch will trotz intensivem Training noch dieses Jahr ihr Bachelorstudium beenden. Die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2018 steht als nächstes großes Ziel der beiden. Nüchtern, der den Organisationsaufwand in Almaty nur zu loben weiß, findet es im Übrigen schade, dass Kasachstan nicht die Austragung der Olympischen Winterspiele 2022 für sich entscheiden konnte, „sie hätten es verdient“. Einer der ehemaligen Trainer von Nüchtern ist der Kasachstandeutsche Vitali Schulz, gebürtig aus Karaganda.

Die Delegationsleiterin Dr. Katrin Werkmann hofft auf gute Platzierungen und den Top 8 für die 29 deutschen Nachwuchssportler. Das Sammeln von Medaillen überlassen sie anderen, weitaus stärker vertretenen Delegationen, wie z.B. der größten Delegation mit 216 Athleten – aus Russland.

Bisheriger Medaillenspiegel (Redaktionsschluss 14 Uhr 2.2.17): Russland auf Platz 1 mit 25 Medaillen, gefolgt von Kasachstan mit 12 und Japan mit 9 Medaillen. Deutschland ist noch nicht mit Medaillen vertreten. Aktuelle Berichte und Ergebnisse der deutschen Delegation sind unter www.adh.de nachzulesen.

Julia Boxler

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