Kommt der Touristikverkehr bald zum Erliegen? Die geplanten Umstrukturierungen auf dem kasachstanischen Flugmarkt sind ein schwerer Rückschlag für Reiseveranstalter

Im November letzten Jahres verschickte das Unternehmen Lufthansa in Kasachstan eine ungewöhnliche Meldung. „Lufthansa gibt Flugplanänderung ihrer Flüge nach Almaty bekannt“, lautete deren Titel. Fettgedruckt folgte die Erklärung, dass die Anzahl der bisher täglichen Flüge zwischen Frankfurt und Almaty auf fünf pro Woche reduziert werde.

Die Meldung, gedacht als reine Kundeninformation, kündigte tiefgreifende Veränderungen auf dem kasachstanischen Flugmarkt an. Derzeit wird über sie nur hinter verschlossenen Türen verhandelt, doch klar ist schon jetzt, dass die Regierung auf Expansionskurs geht und sich mehr Anteile sichern will – durch eine bessere Positionierung der Fluggesellschaft Air Astana, die sie sich mit der britischen Holding BAE Systems anteilsmäßig teilt, und durch die Etablierung des neuen Großflughafens Astana als eines der großen Scharniere zwischen Europa und Asien. Möglich, schrieb die Zeitung Panorama am 5. November vergangenen Jahres, dass ausländische Fluglinien bald nur noch über die kasachstanische Hauptstadt fliegen dürfen.

„Das ist völliger Irrsinn.“ Folke von Knobloch, Mitbegründer des Touristikbüros Central Asia Tourism Corporation, ist seit Jahren in Kasachstan als Reiseberater tätig. Für die geplanten Umstrukturierungen sucht selbst er nach Worten. Hellsichtig seien sie jedenfalls nicht, im Gegenteil: „Die Regierung schießt sich in die eigenen Füße.“

Denn mit der Zentralisierung des Luftverkehrs seien für die Passagiere neue Unannehmlichkeiten verbunden. Fluggäste, die zum Beispiel von Frankfurt nach Atyrau wollen, müssten nun über Astana fliegen und damit deutlich längere Flugzeiten und teurere Tickets in Kauf nehmen. „Passagiere wollen heute durchfliegen. Viele haben Flugangst und wollen nicht öfter rauf und runter als nötig“ sagt von Knobloch. «Das ist längst Standard im internationalen Flugverkehr.“ Von Knoblochs Prognosen für den gerade aufschwingenden Touristikverkehr in Kasachstan sind dann auch düster: „Er stirbt.“ Zwar würden Geschäftspartner auch bei ungünstigeren Flugverbindungen ins Land kommen. Nicht aber potenzielle Investoren, und schon gar nicht Touristen, die vor langen Flugzeiten und komplizierten Verbindungen zurückschreckten.

Sehr schlecht schätzt von Knobloch auch die Komfortabilität des Transitverkehrs von und nach Amerika ein. „Air Astana bekommt keine Maschine voll mit 150 Fluggästen, die nach Amerika wollen.“ Höchstens 30 bis 50 Passagiere pro Boeing flögen über den Großen Teich, eine Strecke Astana-New York käme daher nicht in Betracht. Die Kürzung von Flügen ausländischer Fluggesellschaften in Kasachstan führt dann dazu, dass sich Passagiere künftig zwei Tickets kaufen müssen: Eines, dass sie mit Air Astana nach Frankfurt bringt, und eines, dass sie mit Lufthansa oder einer anderen Gesellschaft weiter nach New York bringt.

Wenn der Anschluss nicht gelingt, bedeutet das dann künftig: Pech gehabt. Denn warum sollte Lufthansa in Frankfurt auf die verspätete Maschine von Air Astana aus der kasachstanischen Hauptstadt warten? Und warum sollte Air Astana auf Fluggäste warten, die verspätet aus New York kommen, mit einer anderen Fluggesellschaft? Ganz sicher entstünden längere Wartezeiten, so von Knobloch, solche Konsequenzen seien bei den Umstrukturierungen offenbar nicht bedacht worden – genauso wenig wie der Umstand, dass ein kasachstanischer Staatsbürger ein Schengen-Visum benötigt, wenn er mehrere Stunden lang in Frankfurt festsitzt. Von Knobloch winkt ab. Vielleicht, sagt er, zieht sich die Lufthansa ganz zurück aus dem kasachstanischen Flugmarkt. Angewiesen sei die Fluggesellschaft auf ihn jedenfalls nicht.

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