Ob im Straßenverkehr, auf dem Basar oder in der Natur – bei der zwölften Sommeruniversität der DKU in Almaty suchten junge Wissenschaftler aus Zentralasien und Deutschland gemeinsam nach Entwicklungsstrategien für die Welt von morgen. Unterstützt wurden sie dabei von Experten.

Mit offenen Augen die Stadt erkunden: die 34 Teilnehmer der zwölften Sommeruniversität hatten den Auftrag bekommen, Almaty aus dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit genauer unter die Lupe zu nehmen. Und wurden schnell fündig. Ob lange Autoschlangen auf den Straßen, Müllberge oder bettelnde Mütterchen am Grünen Basar – Verbesserungsmöglichkeiten lauerten an jeder Ecke.

Als Vorbild des Workshops, der vom 13. bis zum 25. August stattfand, diente der Rio+20-Gipfel: Während bei der Konferenz der Vereinten Nationen Realitäten und Perspektiven der nachhaltigen Entwicklung auf der ganzen Welt diskutiert wurden, bezogen die Nachwuchswissenschaftler dieselbe Thematik speziell auf Zentralasien. Für den Veranstalter, die Deutsch-Kasachische Universität (DKU), war der Workshop eine „gute Möglichkeit, etwas in andere Länder auszustrahlen“ und die Uni vor allem in Zentralasien bekannter zu machen, meint Prorektor Bodo Lochmann. Außerdem zähle der „Gedanke, dass sich Leute aus Zentralasien und Deutschland kennen lernen und grenzüberschreitende soziale Netzwerke geknüpft werden.“ Auch bei der Gruppenaufgabe, Deutschland und Zentralasien zu vergleichen, profitierten die Teilnehmer von den neuen Bekanntschaften aus Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan, Tadschikistan und Deutschland. Unter den Aspekten Ökologie, Wirtschaft und Soziales wurde die Thematik Nachhaltigkeit so mit einer gesunden Portion Selbstkritik reflektiert: „Kritik ist gut, aber man muss aufpassen, dass man nicht zu doll pauschalisiert“, warnte Darya Marks aus Deutschland. Lochmann untermauert, man könne die Lösungsansätze in Deutschland natürlich nicht eins zu eins auf die Länder Zentralasiens übertragen. Auch das Vorwissen der einzelnen Teilnehmer war eine große Hilfe: In Kurzvorträgen über die Heimat oder persönliche Erfahrungen konnte jeder einen Beitrag leisten.

Überraschung im Vergleich Deutschland–Kasachstan

Auf diese Weise kam die Gruppe „Ökologie“ beispielsweise zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen für eine gut funktionierende Abfallentsorgung in Kasachstan durchaus gegeben seien: Die Müllabfuhr käme öfter als in Deutschland, und leere Mülleimer gebe es an jeder Straßenecke. Schon mit einer kleinen Veränderung könnte man also eine große Wirkung im Stadtbild Almatys erzielen: zur Motivation der Bürger, Müll in die dafür vorgesehenen Behälter anstatt daneben zu werfen, könne man beispielsweise ein Belohnungssystem für Recycling entwerfen.

Im Anschluss an die Gruppenarbeit hielten täglich Vertreter deutscher Firmen und Organisationen wie der BASF, der Commerzbank Almaty oder der Friedrich-Ebert-Stiftung Gastvorträge. So zeigte Ökotourismus-Expertin Dagmar Schreiber am Beispiel des kasachischen Familienvaters Mischa, wie Ökotourismus indirekt eine nachhaltige Wirkung auf die Umwelt haben kann: Mischa wohne mit fünf Kindern in einer Bahnstation und habe fast kein Geld. Jedoch sei er ein exzellenter Jäger und könne auf diese Weise seine Familie ernähren. Seit er Touristen beherbergt, verdiene er zusätzlich 400 Dollar im Monat und müsse deshalb weniger Wild schießen. „Durch den Ökotourismus verringert sich also der Druck auf die Natur“, erklärt Schreiber das Konzept. David Stahmann aus Zittau hat trotzdem Zweifel: „Ich finde es gut, dass man damit generell angefangen hat – aber es ist natürlich schwierig, das in diesen Entwicklungs- und Schwellenländern durchzusetzen, weil die wirtschaftliche Entwicklung im Vordergrund steht.“ Zumindest ist es ein Anfang in Richtung mehr Verantwortungsbewusstsein für die folgenden Generationen.

Von Christine Faget

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