Die Gemeindemitglieder der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Nur-Sultan werden bald echte Orgelmusik hören dürfen. Das Instrument von majestätischem Ausmaß wurde am 15. Juli aus Deutschland in die kasachische Hauptstadt geliefert. Wie Erzbischof Juri Nowgorodow erläutert, werden die Klänge der Orgel unter den Gewölben des Tempels nicht nur die lutherischen Gemeindemitglieder erfreuen und inspirieren.

Im September 2017 fand für die lutherische Kirche in Kasachstan und die gesamte Gemeinschaft der lutherischen Kirchen ein bedeutendes Ereignis statt.

Damals, am Vorabend des 500. Jahrestages der Reformation, wurde in der Hauptstadt Kasachstans die erbaute Christ-Erlöser-Kathedrale geweiht. Sie wurde zur ersten lutherischen Kirche, die eine reiche, mehr als zweihundertjährige Geschichte auf kasachischem Boden hat. Es handelt sich um einen echten Tempel für christliche Gläubige, und nicht um ein Gebäude, das zu einem Gebetshaus umgebaut oder angepasst wurde. Bemerkenswert ist, dass der Bau selbst fast ausschließlich mithilfe der Spenden von Gemeindemitgliedern und Besuchern der Kirche organisiert wurde.

Freunde und Partner aus den Kirchen Deutschlands leisteten große Hilfe bei der technischen Ausstattung und der Anschaffung von Möbeln.

Diese Kirche war quasi die Wiederbelebung einer riesigen Schicht der kirchlichen Kultur. Wir waren alle sehr glücklich, dass unser Traum und der von vielen Generationen von Lutheranern wahr geworden war. Wir haben endlich eine Kirche!

Fester Bestandteil der westlichen Kirche

Fast zweieinhalb Jahre lang begann mein Arbeitstag um sieben Uhr morgens auf der Baustelle und endete dort um zehn oder elf Uhr abends. Und als die Kirche dann endlich in Betrieb ging, blieb ich wahrscheinlich aus Trägheit noch sehr lange darin, als der Arbeitstag bereits vorbei war und alle nach Hause gingen. Ich ging mehrmals um das Kirchengebäude herum, saß vor dem Altar, und ein obskurer Gedanke ließ mich nicht los: als ob etwas vergessen worden wäre, um es zu vollenden, oder etwas fehlte. Und dann, eines Abends, als ich zum x-ten Mal auf den Balkon des Gebetssaals blickte, durchfuhr es mich wie ein Blitz: „Die Orgel!“. Natürlich, die Orgel fehlt!

Eine Orgel und die Orgelmusik ist ein fester Bestandteil der weltweiten Musikkultur, der Kultur des deutschen Volkes und Tradition der westlichen Kirche. Wenn Sie sagen: „Orgel, Orgelmusik“, dann kommt selbst einem Laien als erstes Bach in den Sinn. Aber nur wenige wissen, dass ein großer Teil seiner Kreationen innerhalb der Mauern der Kirche geboren wurde. Und er selbst war lange Zeit Kantor (Organist) der lutherischen Thomaskirche in Leipzig. Und alle Musik Bachs hat eine zutiefst religiöse und philosophische Bedeutung. Sein Werk ist, wie das Werk vieler Komponisten, ein Erbe, ein Erbe nicht nur der Weltkultur, sondern vor allem der lutherischen Kirche. Leider wurde der lutherischen Kirche in Kasachstan dieser Reichtum aus mehreren ungünstigen Gründen entzogen. Ich wollte unbedingt, dass wir durch diesen wertvollen Schatz bereichert werden.

Ein treuer Freund unserer Kirche

Der erste Mensch, mit dem ich diese Gedanken teilte, war Albert Rau, ein treuer Wegbegleiter, Beweger und Initiator vieler Ideen beim Bau der Kirche, sowie einer der Hauptsponsoren des Baus. Auch er war von der Idee fasziniert.

2018 besuchte uns eine große Delegation von Partnern aus der Bundesrepublik. Die meisten äußerten sich gegenüber der Idee mit der Orgel ziemlich skeptisch: Sie sagten, der Erzbischof benehme sich komisch. Aber unter ihnen war Heinrich Jarchov, Mitglied der Evangelischen Landeskirche

Die Orgel wartet jetzt darauf, zusammengesetzt und eingestimmt zu werden.

Mecklenburg, selbst ein guter Musiker und Organist in seiner kleinen Landgemeinde. Früher war er Bürgermeister der Stadt Plau am See, Abgeordneter des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Vor allem aber ist er ein treuer Freund unserer Kirche, einer der Initiatoren der Gründung des „Freundeskreises Kasachstans“ – einer kirchlichen öffentlichen Organisation in Deutschland.

Seit Beginn 1993 bis zu seinem Tod im Jahr 2020 besuchte er uns jedes Jahr, war über alle Ereignisse in unserer Kirche informiert, half in jeder erdenklichen Weise, und wir nannten ihn sogar „das Inventar der lutherischen Kirche Kasachstans“. So wurde er unser wichtigster Organlobbyist in Deutschland, er konnte andere Leute mit dieser Idee begeistern, und wir bekamen Verbündete.

Vorfreude auf den Siegeszug der Orgelmusik

Es war ein langer Prozess voller Wendungen. Ein Prozess, an dem viele Menschen und Organisationen sowohl in Deutschland als auch in Kasachstan aktiv beteiligt waren.
Ein Orgelmeister kam in den Tempel, hielt alle Maße fest und nahm Berechnungen vor. Lange war man auf der Suche nach einer passenden Orgel, die in Größe und Klangumfang zu unserer Kirche passte. Und schlussendlich fanden wir sie in England. Der Freundeskreis Kasachstan, der Kirchenkreis Mecklenburg und die Evangelisch-Lutherische Kirche Norddeutschland erwarben sie gemeinsam und lieferten sie nach Deutschland.

Die entsprechenden Restaurierungsarbeiten der Orgel wurden in einer Orgelwerkstatt durchgeführt.

Anfang 2021 war die Orgel dann endlich fertig und wir freuten uns schon jetzt auf den Siegeszug der Orgelmusik. Aber, wie man doch so schön sagt: Während du Pläne schmiedest, fällt dein Schicksal lachend vom Stuhl! Die Pandemie und dann die Kampfhandlungen in der Ukraine legten uns große Steine in den Weg. Wir haben lange nach einer Möglichkeit gesucht, die Orgel nach Kasachstan zu liefern und dazu mit mehreren Logistikunternehmen verhandelt, jedoch ohne Erfolg. Man sagte uns zwar nicht direkt ab, gab uns aber klar zu verstehen, dass eine Lieferung unter den aktuellen Bedingungen unmöglich ist.

Hoffnung auf Weihnachtsfest mit Orgelklängen

Im Frühjahr dieses Jahres erfuhr der Eigentümer des Transportunternehmens WEA Companies Group, Vladimir Isaak, in einem Gespräch mit Albert Rau von unserem Problem und bot uns seine Hilfe an. Auf seine Initiative haben wir zunächst, wie Diplomaten sagen, „mit vorsichtigem Optimismus“ reagiert. Aber er war einfach ein Mann seines Wortes.
Und am 15. Juli um 18:30 Uhr wurde die Orgel auf dem Gelände der Kirche in Nur-Sultan zugestellt.

Hier wird die Orgel angeliefert.

Wir sind Vladimir Isaak überaus dankbar für seine großzügige und unentgeltliche Hilfe. Unser Dank gilt auch Heinrich Jarchov (seliges Andenken), dem Freundeskreis Kasachstan, dem Kirchenkreis Mecklenburg-Vorpommern, der Kirche Norddeutschlands, dem Martin-Luther-Bund, der König-Gustav-Adolf-Stiftung, Michael Hübner, Krista u Heiner Mehring, Melania Dango, Albert Rau, Alexander Lorenz.

Nun steht der nächste Schritt an: Montage und Stimmung der Orgel. Dieser Prozess ist mühsam, langwierig und dauert zwei bis zweieinhalb Monate. Darüber hinaus hängt sein Beginn vom Ankunftsdatum des Orgelleiters ab. Aber wir hoffen sehr und bitten Gott darum, dass am Weihnachtstag 2022 die Orgel unter den Gewölben der Lutherkirche erklingen und nicht nur Lutheraner erfreuen und inspirieren wird.

Nochmals ein großes Danke an alle, die an dieser „Sonderaktion“ teilgenommen haben, und ich bete zu Gott, dass die Lösung eines jeden Konfliktes auf dieser Welt die Musik sein wird „…unendlich, ewig, weise, von der alle leben wollen.“

Frieden und Güte für unser Land und die ganze Welt.

Willkommen in unserer Lutherkirche!

Juri Nowgorodow, Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Kasachstan

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