Ein lang gehegter Wunsch der deutschen Minderheit in der Kirgisischen Republik ist endlich in Erfüllung gegangen: Am vergangenen Wochenende wurde das neue Kirgisisch-Deutsche Zentrum der Freundschaft und Zusammenarbeit feierlich eingeweiht. Mit tatkräftiger Unterstützung des Bundesministeriums des Innern der Bundesrepublik Deutschland konnte dieses bedeutende Projekt realisiert und zum Abschluss gebracht werden.
Neben zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern der Selbstorganisation der Kirgisistandeutschen sowie weiterer deutscher Organisationen in Kirgisistan nahmen auch Mitarbeiterinnen des Bundesministeriums des Innern persönlich an der Zeremonie teil.
Frau Dr. Franka Fülle, Leiterin des Referats HI7 für Deutsche Minderheiten in Mittel- und Osteuropa, der GUS und dem Baltikum, betonte in ihrer Ansprache:
„Ich freue mich sehr, dass wir heute das kirgisisch-deutsche Haus offiziell einweihen dürfen. Dieses Gebäude schlägt ideelle Brücken – zwischen Menschen, Kulturen und Nationen. Es wird ein Ort des Dialogs, der Bildung und der kulturellen Begegnung sein. Es verbindet Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und fördert eine lebendige Gemeinschaft. Das Haus ist ein Ort der Hoffnung – insbesondere für junge Menschen, die aktiv die Zukunft der deutschen Minderheit in Kirgisistan mitgestalten möchten.“
Ein langer Weg mit großem Ziel
Artur Schessler, Geschäftsführer des Deutschen Humanitären Hilfsfonds und stellvertretender Vorsitzender des Volksrates, zeigte sich sichtlich bewegt: „Uns erreichen in diesen Tagen zahlreiche Glückwünsche aus der gesamten Region – auch aus Russland. Das belegt, wie vertrauensvoll und zuverlässig unsere Zusammenarbeit mit internationalen Partnern ist. Unsere Arbeit basiert nicht nur auf formellen Vereinbarungen, sondern auf einem lebendigen, offenen Dialog. Wir entwickeln uns stetig weiter und verfolgen gemeinsame Ziele auf der Basis guter zwischenmenschlicher Beziehungen. Der Weg zu diesem neuen Haus war lang: Wir mussten ein geeignetes Gebäude finden, unterschiedliche Konzepte erarbeiten und zahlreiche technische sowie organisatorische Herausforderungen meistern. Jetzt sind wir überzeugt: Dieses Haus bietet uns die Chance für einen echten Neubeginn – nicht nur in unserer Projektarbeit, sondern in der gesamten Entwicklung unserer Strukturen.“
Auch Walerij Dill, Vorsitzender des Volksrates der Deutschen in Kirgisistan, hob die Bedeutung der neuen Begegnungsstätte hervor: „Endlich verfügen wir über ein eigenes Haus, das den Menschen Antworten auf Fragen des Alltags in der Republik bieten kann. Es wird – wie bereits das frühere Zentrum – eine zentrale Rolle bei der Bewahrung der deutschen Sprache, unserer Geschichte und Kultur spielen. Diese Eröffnung ist zugleich ein sichtbares Zeichen dafür, wie sehr sich die deutsche Bundesregierung um ihre Landsleute im Ausland sorgt.“
Botschaft der Verbundenheit
Auch die Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland in der Kirgisischen Republik, Dr. Gabriela Guellil, unterstrich in ihrer Ansprache die nachhaltige Unterstützung Deutschlands für die deutsche Minderheit in der Region. Sie betonte, dass das Bundesministerium des Innern in besonderem Maße die Interessen der deutschen Minderheiten in Osteuropa und Zentralasien vertrete. Als sie vor vier Jahren ihren Dienst in Bischkek antrat, habe sie erfahren, dass das damalige Begegnungszentrum der deutschen Minderheit in einem ehemaligen Kindergarten untergebracht gewesen sei – eine provisorische Lösung, die den Bedürfnissen nur bedingt gerecht werden konnte.
Sie äußerte ihre Hoffnung, dass das neue Zentrum künftig ein Ort der Offenheit und Gastfreundschaft werde, erfüllt mit Leben und getragen insbesondere von jungen Menschen, denen die Zukunft gehöre. Die Botschafterin versicherte zudem, dass die deutsche Botschaft auch weiterhin eine enge Zusammenarbeit pflegen und unterstützend zur Seite stehen werde.
Der symbolische Akt des Durchschneidens des Eröffnungsbandes wurde von Frau Dr. Franka Fülle und Herrn Walerij Dill gemeinsam vorgenommen. Daran schloss sich eine interaktive Präsentation des BMI-Förderprogramms an – in Form einer Führung durch das neue Zentrum.
Ein besonderes Highlight war das Nationale Kulturfestival der ethnischen Deutschen in Kirgisistan: Acht Kulturzentren und Dachverbände präsentierten mit großer Leidenschaft die Traditionen, Bräuche, das Handwerk und die Kunst ihrer Herkunftskultur. Die Besucherinnen und Besucher erlebten eine farbenfrohe Zeitreise – etwa durch die Darstellung einer traditionellen deutschen Hochzeit, die tief in die wolgadeutsche Geschichte eintauchte. Auch kulinarisch kamen die Gäste auf ihre Kosten: Es wurden regionale Spezialitäten gereicht, die seit Generationen gepflegt werden.
Engagement für die Gemeinschaft
Die gesellschaftliche Vereinigung Volksrat der Deutschen der Kirgisischen Republik wurde bereits 1992 gegründet und vertritt seitdem die Interessen der deutschen Minderheit im Land. Die Organisation engagiert sich in den Bereichen politische Bildungsarbeit, Förderung der Jugend, Pflege der nationalen Kultur, soziale Hilfe sowie dem Aufbau unternehmerischer und selbsttragender Strukturen.
Zur Ergänzung dieser Arbeit wurde im Jahr 2001 die Stiftung Deutscher Humanitärer Hilfsfonds (DHHF) ins Leben gerufen, mit dem Ziel, sozial Schwache zu unterstützen. Dazu zählen Trudarmisten, Rentnerinnen und Rentner, kinderreiche Familien und Menschen mit Behinderungen. In den Sozialstationen erhalten Bedürftige warme Mahlzeiten, Lebensmittelpakete und medizinische Versorgung.
Auch für die junge Generation ist gesorgt: Die Vereinigung der Deutschen Jugend Kirgisistans vereint sieben Jugendclubs im ganzen Land. Heute leben rund 8.400 Menschen deutscher Herkunft in Kirgisistan, vorwiegend im fruchtbaren Tschui-Tal. In Bischkek selbst leben etwa 2.000 Deutschstämmige, im Umland weitere 1.000. Kleinere Gemeinden finden sich zudem in Mailuu-Suu, Talas, im Issyk-Kul-Gebiet und in Osch.
Dank des unermüdlichen Engagements des Volksrates erhalten die Angehörigen der deutschen Minderheit landesweit Unterstützung in kulturellen, sozialen und sprachlichen Fragen. Der Volksrat ist nicht nur ein wichtiges Bindeglied zur Bundesrepublik Deutschland, sondern auch ein fester Bestandteil der kirgisischen Gesellschaft.
Die Redaktion der Deutschen Allgemeinen Zeitung gratuliert der deutschen Minderheit in Kirgisistan herzlich zur Eröffnung des neuen Hauses und wünscht viel Erfolg, Kraft und Inspiration für die kommenden Jahre. Möge dieses Haus ein lebendiger Ort der Begegnung, der Verständigung und des Miteinanders werden und – ein Symbol der gemeinsamen Zukunft!