Was für viele ein lebenslanger Traum bleibt hat eine Amerikanerin iranischer Abstammung jetzt war gemacht. Sie ist für 20 Millionen US-Dollar mit einer Sojus-Rakete vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan ins All gestartet. Dort wird sie unter anderem auf den deutschen Kosmonauten Thomas Reiter treffen.
Sie schwärmte für „Raumschiff Enterprise” und greift nun selbst nach den Sternen: Als erste Weltraumtouristin ist die aus dem Iran stammende US-Unternehmerin Anousheh Ansari am 17. September gemeinsam mit der neuen Langzeitbesatzung zur Internationalen Raumstation ISS abgeflogen. Der Start der russischen Sojus-Rakete erfolgte reibungslos um 6.08 Uhr MESZ vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan. Zur 14. ISS-Langzeitbesatzung gehören der US-Astronaut Michael Lopez-Alegria und der russische Kosmonaut Michail Tjurin. Das Trio wird nach zwei Tagen Flug unter anderem vom Deutschen Thomas Reiter auf der ISS erwartet. Sekunden vor dem Start legten die drei Raumfahrer in der engen Sojus-Kapsel beschwörend ihre klobigen Astronautenhandschuhe aufeinander, dann ging es los. Das Fernsehen der US-Weltraumbehörde NASA zeigte, wie die gewaltige Schubkraft das Trio tief in die Sojus-Sitze drückte. Auf Ansaris Raumanzug waren die Flaggen ihres Geburtslandes Iran und ihrer Wahlheimat USA aufgenäht. Fasziniert verfolgte die 40-jährige Ansari, die nun als 48. Frau ins All geflogen ist, wie das Raumschiff nach neun Minuten Flug die Erdumlaufbahn erreichte. Als das Maskottchen der Mission, ein an einem Band aufgehängter Stoff-Dachs, zu schweben begann, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Schon als Kind hatte Ansari in ihrer Heimat Iran sehnsüchtig zu den Sternen hinaufgeschaut. Weil sie nach dem Sturz des Schah-Regimes 1979 daheim keine naturwissenschaftlichen Fächer studieren durfte, ging die junge Iranerin in die USA. Dort machte sie sowohl an der Universität wie auch in der Wirtschaft schnell Karriere. Mitten im Börsenboom verkaufte Ansari ihre Internetfirma Telecom Technologies und war mit einem Schlag um 750 Millionen Dollar reicher. Seitdem fördert sie mit ihrem Geld auch gezielt Projekte der privaten Raumfahrt. Für die Abenteuerreise ins All musste Ansari 20 Millionen US-Dollar (15,9 Millionen Euro) bezahlen. Vor ihr hatten bereits drei Männer das Abenteuer Weltraumtourismus gewagt. Die neue Langzeitbesatzung hat in den kommenden Wochen viel zu tun. Vier Außeneinsätze sind geplant. Beinahe im Monatstakt werden russische Versorgungsfrachter und US-Shuttles auf der ISS erwartet. Hinzu kommen zahlreiche wissenschaftliche Experimente. Doch auch das Vergnügen wird nicht zu kurz kommen. Als Werbegag darf Tjurin einen Golfball in die Weiten des Alls schlagen. Dieses Experiment war bei einer früheren Mission an Widerständen in den Weltraumbehörden gescheitert. Ansari soll an Bord für die Europäische Raumfahrtagentur ESA auch erforschen, weshalb Astronauten in der Schwerelosigkeit unter Blutarmut (Anämie) und Rückenschmerzen leiden. Thomas Reiter und seine männlichen Kollegen auf der ISS bekamen von der russischen Bodenkontrolle die Anweisung, sich fürsorglich um die Weltraumtouristin zu kümmern.
Der russische Flugleiter ließ beim Start die Bemerkung fallen, die Dame sei „ziemlich aufgedreht”. „Wenn sie weiter den Kopf so stürmisch hin und her bewegt, wird ihr das reichlich Unwohlsein in den ersten Tagen in der Schwerelosigkeit bescheren”, sagte Flugleiter Wladimir Solowjow nach Angaben der Agentur Itar-Tass. Zu einem Alarm kam es auf der ISS, nachdem Sensoren Rauchentwicklung gemeldet hatten. Die Astronauten mussten Schutzanzüge anlegen. Wenig später teilte ein Sprecher im NASA-Kontrollzentrum aber mit, es handele sich nicht um ein Feuer, sondern anscheinend um Dunstschwaden von einer möglicherweise verschütteten Chemikalie. Auf der ISS herrscht in diesen Tagen Dauerstress. Erst am Sonntag hatte die US-Raumfähre „Atlantis” die Andockstelle an der Raumstation für die Sojus-Kapsel freigemacht. Die Crew inspizierte auf dem Heimweg am 26. September den Hitzeschild des Shuttles an den Flügeln und der „Nase”. Dazu wurde die Oberfläche mit einem Lasergerät am 15 Meter langen Roboter-Kranarm „abgetastet”. Der Shuttle soll am Mittwoch um 11.57 Uhr MESZ in Cape Canaveral (Florida) landen. Die 14. Langzeitbesatzung wird für ein halbes Jahr Dienst auf der ISS tun. Die Weltraumtouristin Ansari soll Ende September mit der abgelösten 13. ISS-Langzeitbesatzung auf die Erde zurückkehren. (dpa)
Von Stefan Voß
22/09/06