In diesem Jahr steht ein noch sehr junges Thema auf dem Programm der Sommeruniversität der Deutsch-Kasachischen-Universität (DKU): „Die Zentralasienstrategie der EU: Erwartungen, Chancen und Herausforderungen“ ist der Titel der inzwischen achten Sommeruniversität. Erstmals sind auch zwei turkmenische Teilnehmer mit dabei. Außerdem nehmen noch 14 Kasachstaner, eine Kirgisin, ein Tadschike, zwei Usbeken und 24 Deutsche teil.
/Bild: Astrid Biesemeier/
DKU-Präsident Johann W. Gerlach verwies bei seiner Begrüßung der Studenten und Referenten darauf, dass sich die Staaten der Europäischen Union (EU) zunehmend für die Region Zentralasien interessieren, nachdem der Westen die Region lange Zeit nicht ernst genommen habe. Vor rund einem Jahr hatte die EU unter deutscher Führung die Zentralasienstrategie verabschiedet. Verstärkte Zusammenarbeit im Energiesektor, Bildungs- und Umweltschutzinitiativen wurden dabei ebenso als Ziele genannt wie die Unterstützung rechtsstaatlicher Verhältnisse. Für die kommenden Jahre ist eine Verdoppelung der finanziellen Hilfen für die fünf zentralasiatischen Länder seitens der EU vorgesehen.
Selbstverständnis und Gefühlslagen direkt erleben
Während der knapp zweiwöchigen Sommer-universität untersuchen die 45 Studenden „die Entwicklung stabiler politischer Strukturen in Zentralasien“ ebenso wie „die Bedeutung der Energieressourcen der zentralasiatischen Staaten“ oder die Frage, ob die deutsche Minderheit in Kasachstan „als Brücke für die Umsetzung der Zentralasienstrategie“ dienen kann. Die Sommeruniversität bietet also Raum und Zeit, die vielschichtige Interessen- und Gemengelage politisch, wirtschaftlich und kulturell zu durchleuchten. Raum und Zeit auch, Selbstverständnis und Gefühlslagen der jeweils anderen direkt zu erleben. So wurde beispielsweise im Politikseminar rasch deutlich, dass die Europäische Union und Zentralasien sehr viel mehr trennt als nur einige Tausend Kilometer. Während sich die Deutschen auch als Europäer bezeichneten, fühlten sich Kasachstaner und Usebeken in dem Seminar keineswegs analog dazu als Zentralasiaten, sondern betonten vielmehr vehement die kulturellen Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten der Region.
Fachwissen und Vernetzung
Hier in Almaty Fachwissen zu vertiefen und beispielsweise mehr über regionale Kooperationen in Zentralasien und die Wahrnehmung der EU zu erfahren ist für die jungen Menschen ebenso wichtig wie einige eher „weichere Faktoren“: Sie wollen sich vernetzen, Kontakte knüpfen, streben teilweise einen Job oder Studium in der jeweils anderen Region an oder suchen Themen für wissenschaftliche Arbeiten. Und während die einen bereits Bekanntschaft mit Zentralasien gemacht haben, ist diese Region für andere noch terra incognita und die Sommeruniversität daher auch eine Möglichkeit, Vorstellungen, Klischees und falsche Zuschreibungen im Dialog mit den anderen zu überprüfen – und gegebenenfalls zu revidieren.
Als Referenten für die Seminare konnten in diesem Jahr Prof. Dr. Eckart D. Stratenschulte von der Europäischen Akademie in Berlin, Dr. Behrooz Abdolvand von der Freien Universität Berlin, Dr. Roland Götz, Dr. Dietrich Sperling und Rita Sanders vom Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung gewonnen werden. Neben den Seminaren gibt es auch Exkursionen zum Bauunternehmen Züblin Kasachstan, zum Großhandelsmarkt Magnum cash und carry und zur kasachischen Niederlassung des deutschen Siemens-Konzerns.
Das Programm der Sommeruniversität wird aus Mitteln des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Gerda Henkel Stiftung und von deutschen oder mit Deutschland verbundenen Unternehmen in Kasachstan finanziert. Zum Abschluss der Sommeruniversität unternehmen die deutschen Studenten noch eine Studienreise nach Taschkent, Samarkand und Buchara.
Während die Zukunft zeigen wird, ob die von der EU mit ihrer Zentralasienstrategie formulierten Ziele sich mit den tatsächlichen Ergebnissen messen können, ist die Lehreinrichtung DKU bereits heute ein Teil der Zentralasienstrategie. Studenten aus ganz Zentralasien studieren dort teilweise nach deutschen Lehrplänen. Auch die Sommeruniversität scheint bereits ein durchaus nachhaltig wirkendes Projekt zu sein. Gerlach verwies darauf, dass die Bewerberzahlen in diesem Jahr doppelt so hoch gewesen seien, wie in den vergangenen Jahren.
Von Astrid Biesemeier
15/08/08