Vom 2. bis 6. Juli 2012 fand in Almaty die VI. Zentralasiatische Medienwerkstatt statt. In dieser Zeit produzierten zentralasiatische Nachwuchsjournalisten gemeinsam mit erfahrenen deutschen Journalisten neben Podcasts fürs Internet auch eigene Artikel. DAZ präsentiert in dieser und den folgenden Ausgaben die Ergebnisse.

Almaty soll um einen Ski-Kurort reicher werden, sagt die kasachische Regierung. Wir wollen unsere Natur so bewahren wie sie ist, sagen Bürger Almatys, die sich zu einer Bewegung gegen die Baupläne zusammengetan haben. In den vorderen Reihen kämpft Swetlana Spatar, Koordinatorin des kasachstanischen Umweltvereins „Seljonoje Spassenije“ („Grüne Rettung”).

ZAM: Seit zwei Jahren kämpfen Sie gegen die neuen Baumaßnahmen eines neuen Ski-Kurortes im Gebiet des Ile-Alatau-Nationalparks. Bisher ist nichts erreicht. Woher kommt diese Motivation?

Swetlana Spatar: Alle Mitglieder der Initiative sind mit den Bergen verbunden. Überhaupt ist es in unserer Stadt unmöglich, nicht mit den Bergen verbunden zu sein! Kok-Zhajljau ist einer der Lieblingsplätze der Bewohner Almatys. Es ist der einzige Ort, der sehr nahe bei der Stadt ist, aber zugleich sind dort keine Straßen und nicht so viel Müll. Der ökologische Wert dieser Fläche ist enorm – dort gibt es saubere Luft, Wasser aus den Gletschern, biologische Vielfalt.
Die Idee zum Bau eines Kurortes stammt noch aus Sowjetzeiten. Unsere städtischen Behörden erinnern sich dann und wann an diesen Ort und denken darüber nach, dass er irgendwie urbanisiert werden soll.

Vor zwei Jahren machte die Regierung die Pläne für den Bau des Kurorts publik. Natürlich waren die Menschen sehr empört und baten darum, etwas zu tun. Wir sind eine der ältesten kasachstanischen Umweltorganisationen und haben uns dessen angenommen. Unsere Kampagne begann damit, dass wir einen offenen Brief verfassten, in dem wir einen Überblick über die grundsätzlichen Probleme dieses Projekts gaben. Wir übergaben ihn an alle staatlichen Behörden, die mit der Realisierung des Projekts zu tun hatten.

Der Radau, der entstand, war gewaltig. Über unseren Protest wurde viel veröffentlicht, er war sogar im Fernsehen Thema.

Hatten Sie als Gründer des Protests keine Befürchtungen, bei der vielen Resonanz Probleme mit dem Staat zu bekommen?

Offenbar stehen unsere Behörden der Meinung der Bürger so gleichgültig gegenüber, dass sie überhaupt nicht darauf reagieren. Unsere Organisation erhielt keine Anrufe, es gab keine Drohungen. Die einzige Reaktion war, dass die Initiatoren und Organisatoren des Projekts Informationen zu verbreiten begannen, dass der Tourismus entwickelt werden muss, dass dieser Ski-Kurort neue Arbeitsplätze schaffen und ausländisches Geld bringen wird. Man muss berücksichtigen, dass die Entwickler des Projektes tatkräftige Unterstützung von staatlicher Ebene erhalten.

Wäre es nicht hilfreich, mit anderen Organisationen zusammenzuarbeiten?

Wir haben uns an den WWF und an Greenpeace gewendet. Sie alle entschieden sich dafür, neutral zu bleiben und sich nicht einzumischen, und beriefen sich darauf, dass es ein regionales Problem unserer Stadt sei.

Es gibt ein paar Organisationen, die uns unterstützen. Zum Beispiel das Netzwerk „Kasachstanisches Ökoforum“. Sie haben den Brief unterschrieben, aber im Moment beteiligen sie sich nicht besonders aktiv an unserer Kampagne.

Außerdem unterstützt uns die deutsche Organisation “NABU” (Naturschutzbund). Wir arbeiten schon seit langem mit ihnen zusammen. Sie setzen sich nämlich schon seit zehn Jahren für die Aufnahme des Parks in die Liste des Welterbes ein. Der Nationalpark war vorläufig auf der Welterbeliste, aber in all der Zeit ist nichts getan worden, und wenn dem Kok-Zhajljau dieser besondere Status auf internationaler Ebene verliehen wird, dann wird es schwieriger, dieses Gebiet zu zerstören und zu privatisieren.

Der NABU hat in einem Brief an das entsprechende Ministerium appelliert, von dem Projekt abzusehen und das Gebiet auf die Liste des UNESCO-Weltnaturerbes zu setzen. Dann kann sich dieses Projekt in einen attraktiveren und profitableren Standort für Ökotourismus verwandeln. Aber die Vertreter des NABU haben noch keine Antwort vom Ministerium erhalten.

Von welcher Altersgruppe erhält Ihre Initiative am meisten Unterstützung?

Es haben sowohl Jugendliche als auch Senioren unterzeichnet. Bei uns in Almaty nennt man diesen Platz auch „Wanderweg der Pioniere und Pensionäre“. Wirtschaftler, Lehrer und einfache Arbeiter haben uns emotionale Briefe geschickt, in denen sie beschrieben, was sie dort in ihrer Kindheit erlebt, wie sie dort in Zelten übernachtet hatten. Dieser Ort hat nämlich auch für die Menschen eine besondere Bedeutung und nicht nur für die Kampagne selbst.

Wie halten Sie Kontakt zu anderen Unterstützern?

Der Kontakt entstand zuerst in sozialen Netzwerken. Wir kannten einander nicht, aber irgendwann wurde es notwendig, dass wir uns persönlich kennen lernten. Ungefähr zwei, drei Mal in der Woche treffen wir uns in der Stadt und diskutieren unterschiedliche Fragen. Dieses Problem schuf eine freundschaftliche Atmosphäre und vereinte uns alle.

Was haben Sie in dieser Zeit erreicht?

Momentan haben wir fast 3000 elektronische Unterschriften. Am 1. Juli organisierten wir eine Wanderung nach Kok-Zhajljau, zu der viele Leute kamen. Viele waren zum ersten Mal dort, und wir erzählten darüber, wie wichtig dieser Ort für die Stadt ist. Außerdem verteilten wir Aufkleber. Aber richtige Ergebnisse gibt es praktisch nicht.

Was sind Ihre weiteren Strategien für den Schutz dieses einzigartigen Nationalparks?

Wir verteilen Infomaterial an Bushaltestellen, verfassen Flugblätter, teilen Aufkleber aus und informieren auf unserer Homepage über den Erhalt des Kok-Zhajljau. Wir wollen den Kreis der Bewohner Almatys vergrößern, die überhaupt noch nie in diesem Gebiet waren. Warum wäre es fatal, wenn dort gebaut würde? Warum soll man alles so lassen, wie es ist? Es ist schwierig, das dem gewöhnlichen Städter zu erklären, aber wir dürfen die Hände nicht in den Schoß legen, schweigen und warten, bis alles zerstört, der Wald gerodet und auf diesem Gelände ein Golfplatz entstanden ist. Es ist wichtig, dass jeder weiß, was das Kok-Zhajljau ist.

Von Caroline von Eichhorn, Istora Saidova, Aizhan Karypbaeva und Azamat Azizov

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