Sezim Arynova aus Kirgisistan hat beim Schreib- und Videowettbewerb der DAZ den vierten Platz in der Kategorie „Text Erwachsene“ belegt. Sezim arbeitet als Dolschmetscherin und hat als solche einmal eine Argali-Jagd begleitet. Jagden auf die Riesenschafe und auf Steinböcke sind in Kirgisistan nur mit Lizenzen und Jagdquoten erlaubt und sollen so zugleich einen Beitrag zur Bestandsregulierung und -erhaltung leisten. Durch ihre eigenen Beobachtungen begann Sezim, sich dafür zu interessieren, wie es um den Bestand und Schutz der Huftiere in ihrem Land bestellt ist.

Irgendwann dachte ich, dass wir mit leeren Händen zurückkehren würden. Der Hunger quälte mich und mein Kopf schmerzte fürchterlich. Wir waren um 3 Uhr morgens losgegangen, aber bis 3 Uhr hatte ich überhaupt nicht schlafen können.

„Bald finden wir etwas“, versuchte der Jagdinspektor uns aufzumuntern. Wir sollten ihm nur glauben, aber auch dafür brauchte man eben Kraft. Schließlich war ich überwältigt, als die Ausrufe ertönten: „Verdammt! Wie groß, wie schön!“. Kleine Punkte wurden größer und klarer. Es war sicherlich eine Herde Argali. In den Augen des Jägers brannte die Aufregung so hell wie ein flammendes Inferno.

Autorin Sezim Arynova
Autorin Sezim Arynova

Zu diesem Zeitpunkt mussten wir unsere Pferde verlassen und zu Fuß weitergehen. Vom Gang in einer solchen Höhe schlug mein Herz so heftig, dass es aus meiner Brust zu platzen schien. Die Straße kam mir endlos vor, und der kleine Berg, der so nah schien, war unerreichbar. Diese Berge erscheinen einem so hoch, dass man das Gefühl hat, sie selbst im Laufe eines Lebens nicht bezwingen zu können.

Jagd zur Bestandsregulierung

Dann war der Augenblick gekommen. Ungefähr in 350 Metern Entfernung sahen wir, wie das Argali ruhig Gras kaute. Nichts schien auf Gefahr hinzudeuten. Aber der Jäger stellte bereits das Blaser-Jagdgewehr auf. Mit gerichteter Optik, die automatisch Winkel und Abstand misst. Als der Inspektor mit dem Fernglas die Herde beobachtete, bemerkte er ein altes Exemplar mit langen Hörnern. Das Alter des Argalis zu bestimmen ist nicht schwer. Es lässt sich an der Länge der Hörner ablesen.

Der Jäger hielt den Atem an und drückte ab. Treffer! Doch in dem Argali brannte noch Leben, und es beeilte sich, zu fliehen. Der Jäger schoss ein zweites Mal. Nachdem es eine halbe Stunde gelaufen war, fiel das verwundete Tier, und wir erreichten es kurz darauf. Es war wunderschön, mit Hörnern von über einem Meter Länge, prächtigem Fell und einem großen, robusten Körper. Seine Augen ließen mich nicht los, als wäre es noch bei Bewusstsein. Dennoch fühlte ich eine seltsame Erleichterung.

Es war endlich vorbei. Eine Lizenz war gekauft und ein Argali aufgespürt worden. Hätte es auch anders sein können? Vielleicht ja. Ich würde es mir so wünschen. Doch auch wenn es paradox klingen mag – die Jagd dient auch der Regulierung und dem Schutz wilder Arten.

Jagdlizenzen bringen hohe Einnahmen

In Kirgisistan sind verschiedene Unterarten des Argali heimisch. Marco-Polo-Argali leben hier neben Tien-Schan-Argali und Severtsev-Argali. Diese werden national und international im Roten Buch für gefährdete Arten geführt. Argali sind die größten Vertreter von Wildschafen. Sie werden zwischen 120 und 200 Zentimeter lang und 90 bis 120 Zentimeter hoch, wenn man von der Höhe des Widerrists ausgeht – dem Übergang zwischen Rücken und Nacken. Sowohl männliche als auch weibliche Vertreter haben lange Hörner, die bei den Männchen bis zu 13 Prozent des gesamten Körpergewichts ausmachen können und bis zu 190 Zentimeter lang werden.

Die Jagd in Kirgisistan bringt ein enormes Einkommen ein. Hauptobjekte der Begierde sind die Marco-Polo-Schafe und Bergziegen (Steinböcke), die offiziell zur Jagd freigegeben sind. Die Behörden des Landes legen allerdings jährlich Schießgrenzen fest.

In diesem Jahr etwa durften 89 Argali und 700 Steinböcke geschossen werden. Gegenüber 2019, als 88 Argali und 700 Steinböcke geschossen werden durften, waren die Quoten damit annähernd identisch. Laut den kirgisischen Umweltbehörden haben die Jagden durch diese Beschränkungen keinen negativen Einfluss auf den Zustand der Populationen dieser Arten. Die Gesamtzahl aller Argali-Arten beträgt heute mehr als 16.000 Tiere. Die Gesamtzahl der Steinböcke beträgt mehr als 46.000.

Bestand von Argali und Steinböcken wichtig für Schneeleoparden

Jagdgenehmigungen werden nur während der Saison ausgestellt. Die Jagdsaison beginnt am zweiten Samstag im August und endet am ersten Sonntag im Dezember. Die Kosten für eine Lizenz zur Jagd von Steinböcken beträgt 100.000 kirgisische Som (1.200 USD) und für Argali 700.000 kirgisische Som (8.500 USD). Tierschutzexperten argumentieren, dass die Einnahmen aus der Trophäenjagd stärker in den Bestandsschutz der Arten investiert werden sollten. Zugleich wird die Jagd selbst und ihre Regulierung durch Quoten und Lizenzen aber auch als eines von mehreren Mitteln gesehen, um dieses Ziel zu erreichen.

So heißt es in einem früheren Bericht unter Federführung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP): „Gut gemanagte Trophäenjagd-Lizenzen können als effektive Anti-Wilderei-Maßnahmen und Maßnahmen der Bestandsregulierung zum effektiven Schutz der Argali-Population und anderer Arten beitragen.“ Das gelte allerdings nur, wenn das generelle Jagdverbot neben der geregelten Vergabe von Lizenzen weiter gelte. In Kirgisistan etwa verhängt die Ökologiebehörde Strafen von 100.000 Som für die ungesetzliche Jagd.

Der Schutz von Argali und Steinböcken sowie die Kontrolle über ihre Bestände ist letztlich für das gesamte Ökosystem des Landes und der Region von Bedeutung. So hängt zum Beispiel auch die Zahl der stark bedrohten Schneeleoparden direkt davon ab, da diese sich von den Huftieren ernähren.

Sezim Arynova

Dieser Artikel ist im Rahmen eines Projekts entstanden, das vom Institut für Auslandsbeziehungen e. V. aus Mitteln des Auswärtigen Amtes gefördert wird.
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