Während ich für Essen und Trinken gerne Geld ausgebe, habe ich bisher an Hotelübernachtungen gegeizt. Aber mit zunehmendem Reiseaufkommen wachsen meine Ansprüche.
Es reicht mir nicht mehr, ein trockenes warmes Bett zu haben, sondern ich hätte es gern rückenfreundlich, gemütlich, ruhig, wohltemperiert, mit gutem Fernsehempfang und Minibar; verkehrstechnisch gut angebunden und mit netten Lokalen in fußläufiger Umgebung. Ich möchte, dass der Service stimmt, dass ich das Hotelzimmer unkompliziert buchen, mit Kreditkarte bezahlen und zu jeder Tages– und Nachtzeit anreisen kann. Das ist schon schwer zu erfüllen, wie ich feststellen muss. Denn wenn man von den vielen Dienstreisen entnervt und erschöpft ist und möglichst wenig Energie für die Hotelfragen aufwenden möchte, dann braucht man eine gesunde Mischung aus deutscher Verlässlichkeit, orientalischer Serviceorientierung und südländischer Flexibilität. Das habe ich so leider noch nicht angetroffen, jedenfalls nicht in individuellen Häusern der mittleren Preisklasse.
Das Regelwerk der deutschen Hotels ist meist entspannend klar. Weniger entspannend wird es dann, wenn ich in den Geschäftsbedingungen lese, dass ich Brassel bekomme, wenn ich nicht bis zu einer bestimmten Uhrzeit eingecheckt bin. Wie zuletzt, als die ganze Zeit eh schon unklar war, ob ich den letzten Zug nach Mainz erwischen würde, kam noch obendrauf, dass unklar war, ob ich dann auch noch im Hotel einchecken dürfe. Super Vorstellung: Ich lande mitten in der Nacht in Mainz und kein Bett in Sicht! Ich telefonierte ca. fünf Mal mit der Rezeption, um den aktuellen Sachstand der Bahn durchzugeben. Am Ende klappte es, aber entspanntes Reisen sieht anders aus. Diesen Nervenstress hatte ich bei dem Hotel mit orientalischem Inhaber in Berlin nicht. Da durfte ich zu noch so später Stunde ankommen, ohne mich entschuldigen oder bedanken zu müssen und wurde freundlichst empfangen. Allerdings bekam ich nicht das Zimmer, das ich mir extra ausgesucht und ausdrücklich gebucht hatte. Der Inhaber erklärte mir, dass dies für mich ein ausgesprochener Glücksfall sei, da das Zimmer, das ich ersatzweise bekäme, noch viel toller sei, fast eine Suite, mit Badewanne sogar! Wie er so das Zimmer in höchsten Tönen lobte, fühlte ich mich schon ganz wie ein Glückspilz und bemerkte in meinem Glückspilzrausch erst 20 Minuten nach Aufenthalt im Zimmer, dass ich an der Nase herumgeführt worden war und es sich um ein ganz kleines, stickiges Zimmerchen mit zwar Badewanne aber in ungemütlichem Bad handelte. Kein Ort, an dem man stundenlang in einem Schaumbad schwelgen möchte. Ich bin mit kleinen Kammern vollkommen zufrieden, möchte diese aber nicht als Luxussuite verkauft bekommen!
Die exklusive Zimmerwahl mit Stammkundenrabatt bot mir ein italienischer Inhaber an. Ich solle einfach kurzfristig anrufen und sagen: „Hey Mario, was hast du für mich für 50 Euro?“ und dann würde er höchstpersönlich sehen, was er mir ermöglichen könne. Das ist dufte, aber Mario und ich haben unterschiedliche Vorstellungen, was ein Zimmer zu einem „guten“ Zimmer macht, da er es nicht als Problem sieht, wenn das Bett direkt am Aufzugschacht liegt. Bis ich alle Zimmer durch und mir mein Stammkundenzimmer erarbeitet habe, dauert das. Ich will das perfekte Zimmer aber sofort. Ich fürchte, ich gebe auf und greife auf Hotelketten in höheren Preisklassen zurück. Denen fehlt zwar die Individualität, aber man kann eben nicht alles haben.