In keiner anderen Straße im kasachischen Almaty werden so viele Blumen verkauft, wie in der Tole-Bi-Straße. Entlang der dichtbefahrenen Allee befinden sich hunderte kleinere und größe Stände, Läden und Kioske, an denen die bunten Grünpflanzen angeboten werden. Kurz vor dem Internationalen Frauentag, dem 8. März, erkundigte sich die DAZ nach dem Stand der Vorbereitung auf das Fest.

Marschrutkas (Minibusse) bahnen sich, wild hupend, den Weg durch das allgegenwärtige Verkehrschaos, auf den Bürgersteigen drücken sich die Passanten aneinander vorbei, und die Luft ist abgas- und lärmüberladen – es ist Mittagszeit auf der Töle-Bi-Straße im Süden Almatys. Die ersten Frühlingsstrahlen der Sonne lassen das staubige Grau der Stadt etwas freundlicher erscheinen. Aufgehellt wird das Straßenbild nur von riesigen bunten Werbetafeln und einem Meer aus Blumen. Geschützt hinter Glasscheiben reihen sich in der Nähe des Tastak-Basars zahlreiche kleine Verkäufsstände am Bürgersteig. Jeder Verkäufer hat genau 120 Zentimeter, um seine Waren den vorbeieilenden Kunden zu präsentieren. In bunten Kunstofffolien, mit Schleifen und allerlei Accessoires verziert, leuchten Rosen, Orchideen, Gerbera, Lilien und Nelken in den schönsten Farben. Inmitten der stark duftenden Blumenpracht sitzt Fatima Sakirowa auf einem kleinen Hocker und bietet ihre selbst gebundenen Blumensträuße an: „Ich verkaufe hier schon seit über 15 Jahren meine Blumen und liebe diese Arbeit.“ Zurück zu ihrem alten Job als Computerspezialistin in eine Almatyer Fabrik möchte die stämmige Kasachin, in der roten Mütze und dem schweren schwarzen Anorak, auf gar keinen Fall wieder. Nachdem man ihr dort gekündigt hatte, ist Fatima über eine gute Freundin zum Blumenverkaufen gekommen und bis heute dabei geblieben.

2000 rote Rosen
Für die kasachischen Floristen ist der 8. März, der Internationale Frauentag, der Höhepunkt des Jahres, auf den man sich nicht nur in der Töle-Bi-Straße schon freut. „Zum Glück achten die kasachischen Männer ihre Frauen und bescheren uns sicher so auch in diesem Jahr einen guten Umsatz“, erzählt die 43-jährige Kasachin und kann sich ein Lachen nicht verkneifen. Jedes Jahr wiederholt sich, in der Woche um den Feiertag im März, das gleiche Schauspiel in den unzähligen Blumenläden: Die Preise steigen in Schwindel erregende Regionen. Ein Kunde zahlt für einen bunten Strauß in diesem Zeitraum nicht selten bis zu dreimal so viel, wie im übrigen Jahr. Ein Phänomen mit einer zweischneidigen Auswirkung. Zum einen beschert der Frauentag der kasachischen Blumenindustrie die umsatzstärkste Woche im ganzen Jahr, zum anderen aber zwingt es die Einzelhändler zu einem großen Risiko. „Wenn den Männern die Blumen am 8. März zu teuer sind und ich nichts verkaufen kann, dann droht mir der Bankrott. Ich muss die Blumen ja auch selbst teuerer vom Großhändler einkaufen“, erklärt Fatima Sakirowa mit ernster Miene die gemischten Gefühle zum Frauentag. Trotzdem rechnet die Blumenhändlerin ganz fest mit einem guten Geschäft. 2.000 rote Rosen, 300 Gerbera, 100 Calla und genauso viele Lilien habe sie bereits bestellt, eine Menge, die ansonsten für über ein halbes Jahr reicht. „Der Frauentag ist für uns Blumenhändler der wichtigste Tag. An keinem anderen verkaufen wir so viele Blumen, nicht einmal zum Valentinstag“, verrät die Almatyerin.

Kaum Zeit für Erholung
Obwohl Fatima Sakirowa täglich von tausenden Blumen umgeben ist, freut auch sie sich auf den Frauentag am 8. März: „Wie jede Frau, bekomme ich natürlich auch gern Blumen von meinem Mann und hoffe, dass er auch dieses Jahr an mich denken wird.“ Am meisten würden die Geschäftsfrau ihre Lieblingsblumen – schneeweiße Lilien – glücklich machen. „Früher gab es so etwas ja nicht, da hatten wir nur Rosen, Gladiolen und Nelken. Aber heute haben wir so viele verschiedene Blumen aus der ganzen Welt, dass die Auswahl oft schwer fällt.“ Gekauft wird dann vor allem, was originell ist, verrät Fatima. Seltene Blumen oder auch schon einmal eine Ananas im Strauß seien die größten Verkaufsschlager an ihrem kleinen Stand. „Wir binden alle unsere Sträuße selbst und können dadurch unserer Fantasie Ausdruck verleihen, dass ist es auch, was ich an diesem Beruf so sehr liebe. Etwas anderes will ich nicht verkaufen, denn nur durch Blumen kann man so viel Liebe und Schönheit ausdrücken“, schwärmt Fatima. Und natürlich möge sie auch den Kontakt zu den Menschen. Die Arbeit als Blumenhändlerin ist für die 43-jährige Kasachin oft nicht leicht. Täglich arbeitet sie nicht selten von sieben Uhr morgens bis elf Uhr am Abend. „Viel Zeit zur Erholung bleibt einem da nicht, aber die Arbeit macht großen Spaß. Und schließlich haben wir täglich so viele Blumen, dass jeder Tag ein Feiertag ist“, so Fatima.

Von Mathias Fritsche

03/03/06

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