In Deutschland ist das bevorstehende Osterfest vor allem auch für die Süßwarenindustrie ein Höhepunkt des Geschäftsjahres. Ein Grund für die DAZ, sich einmal bei der größten kasachischen Schokoladenfabrik nach deren Vorbereitungen auf die Feiertage zu erkundigen.

Weit über das Fabrikgelände hinaus ist der süßliche Duft von Aromen und heißer Schokolade im kasachischen Almaty zu riechen. Selbst die stickigen Abgase der täglichen Staus überdecken sie, wenn man direkt vor der größten Süßwarenfabrik Kasachstans – „Rachat“ – steht. Seit über 60 Jahren wird in den riesigen grauen Hallen im Zentrum der Stadt aus afrikanischem Kakao Schokolade hergestellt. Verpackt in buntem Papier, erkennt diese jedes Kind sofort wieder. Aber auch Bonbons, Gummitiere, Waffeln und Drageepralinen verlassen Tag für Tag die Schokoladenfabrik.

Nur wenige Wochen vor dem Osterfest kommt jedoch bei „Rachat“ keine besonders große Hektik auf. „Bei uns in Kasachstan werden religiöse Feste seit vielen Jahren nicht groß gefeiert. Darum ist es auch für uns kein besonderer Tag, an dem wir mehr Schokolade verkaufen als sonst. Die Umsatz-Höhepunkte sind immer noch der Frauentag am 8. März und das Neujahrsfest. Für dieses erhöhen wir aber erst ab Anfang November die Produktionskapazitäten“, so Sergej Pissarew, Leiter der Abteilung für Marketing, Entwicklung und Werbung.

Rotkäppchen und der Eisbär

Bekannt ist die Süßwarenfabrik aus Almaty im eigenen Land vor allem durch seine Schokoladen. Farbenfroh verpackt kann man diese an fast jeder Straßenecke kaufen. Ein richtiger Verkaufsschlager ist nach Aussage des Marketingchefs seit einigen Jahren die längliche Tafel mit dem Motiv der hellblau und goldenen, wehenden kasachischen Staatsflagge: „Vor allem Touristen und Geschäftsleute bringen diese Schokolade gern als Geschenk von Reisen mit nach Hause. Darum sind wir auch in Usbekistan, Russland und China bekannt.“ Die über 1.000 Tonnen Schokolade, die das Werk jedes Jahr verlassen, produziert „Rachat“ hauptsächlich für den einheimischen Markt. Nur kleinere Mengen des Naschwerks werden in das benachbarte Kirgisien exportiert. Und seit einigen Monaten kann man die kasachischen Kakaospezialitäten sogar in Deutschland kaufen. Je nach Bedarf werden dort vor allem die russischen Geschäfte beliefert, deren Zielkundschaft Spätaussiedler und Russischstämmige sind, die die „Rachat“-Produkte schon aus Zeiten der Sowjetunion kennen. „Am besten verkaufen sich dort unsere bekanntesten Waffelpralinen, die Klassiker ‚Rotkäppchen’ und ‚Der Eisbär’“, verrät Pissarew. „Wir sind mit unseren Produkten regelmäßig zu Gast bei der Grünen Woche in Berlin und der Internationalen Süßwaren-Messe in Köln und würden uns natürlich sehr freuen, wenn auch mehr deutsche Kunden unsere Produkte kaufen“, so der Marketingleiter ergänzend.

Stück Käse statt Süßigkeiten

„Unser Erfolgsrezept ist die eigene Kakaomassenproduktion – dadurch brauchen wir kein Fertigkakaopulver – und viele kleine geheime Zutaten, die die Schokolade einzigartig gegenüber den Mitbewerbern macht“, erzählt Pissarew mit einem Lachen. Dass der Markt genauestens im Auge behalten wird, beweist die relativ neue Schokoladenserie „Prestige“, die in einer für Kasachstan ungewohnten quadratischen Form verkauft wird und den Schokoladentafeln eines erfolgreichen deutschen Konkurrenten auf den ersten Blick sehr ähnelt. Das sei jedoch eher Zufall, versichert der „Rachat“-Marketingleiter, und resultiere nur aus der optimalen Nutzung einer neuen Produktionsanlage.

Welche der Süßigkeiten aus dem Hause Rachat den Kunden am besten schmeckt und gefällt, wird in den Büros der Verkaufsabteilung anhand von Statistiken und Verkaufszahlen eindeutig gemessen und kontrolliert. Jedoch den immer noch besten Rückschluss über den Geschmack der Kasachen geben die Verkäuferinnen im fabrikeigenen Laden direkt vor dem Werkstor. Dort stehen täglich die Kunden in meterlangen Schlangen, um sich mit Süßwaren einzudecken. Die beste Schokolade ist für Sergej Pissarew trotz zahlreicher neuer Produkte und Kreationen immer noch die traditionelle „Kasachstan“-Schokolade mit der bitteren Kakaonote. Ein wenig vorsichtig gibt der Verkaufsleiter im dunklen Anzug mit weißem Hemd aber zu: „Eigentlich mag ich gar nicht so viele Süßigkeiten und Schokoladen, nur ab und an mal zum Kaffee oder Tee. Viel lieber hätte ich ein Stück Käse oder Wurst, wenn mir hier im Büro der Magen knurrt. Stattdessen sehe ich aber überall und immer nur Süßigkeiten.“
Sicher ist sich der Marketing- und Werbeprofi jedoch, dass „Rachat“ die beste Schokolade in ganz Kasachstan herstellt. Trotzdem, so verrät er noch zum Abschied, sind es immer noch die kleinen Berberitzbeeren-Bonbons, die auf den Verkaufslisten der Süßwarenfabrik auf dem vordersten Platz rangieren.

Von Mathias Fritsche

31/03/06

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