Eine erfolgreiche Realisierung des Rohstoff- und Technologieabkommens ist schwieriger als erwartet. Deswegen war es auch ein Thema beim 15. Tag der Deutschen Wirtschaft. Vertreter der deutschen und der kasachischen Wirtschaft und Politik versuchten die Probleme zu ergründen.

Kasachstan ist der wichtigste Handelsparter Deutschlands in Zentralasien. In Zahlen ausgedrückt ist Kasachstan mit 85 Prozent Anteil am Außenhandelsumsatz der größte Exportpartner Deutschlands in der Region. Allein im vergangenen Jahr kaufte die Republik Kasachstan für 1,1 Mrd. Euro Maschinen, Anlagen und Fahrzeuge. Daher war die Mess-
latte der Erwartungen bezüglich gewinnbringender Wirtschaftsbeziehung entsprechend hoch. Besonders nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Nursultan Nasarbajew zu Beginn des vergangenen Jahres ein gegenseitiges Abkommen über Rohstoffe und Technologien besiegelten. Damals schien der Deal über eine strategische Sicherung von industriellem Zugriff auf Kasachstans Rohstoffe und Seltene Erden im Tausch für deutschen Maschinen und Technologien für beide Seiten ein gelungener Coup zu sein. Doch nun sprechen Politiker und Wirtschaftsvertreter nicht mehr in den allerhöchsten Tönen darüber.

Zu hohe Erwartungen?

Vize-Minister für Industrie und Technologien der Republik Kasachstan, Albert Rau.

Nach knapp 19 Monaten, die das Abkommen zwischen Kasachstan und Deutschland besteht, waren die Erkenntnisse und Erfahrungen mit dem Rohstoff- und Technologieabkommen ein Thema auf dem 15. Tag der Deutschen Wirtschaft in Almaty. Unter dem Motto „Wirtschaftliche Zusammenarbeit im Vorfeld der Expo 2017 und Energiesicherheit durch erneuerbare und herkömmliche Energiequellen“ trafen sich auf Einladung des Verbandes der Deutschen Wirtschaft und der Delegation der Deutschen Wirtschaft führende Vertreter der deutschen und der kasachischen Wirtschaft sowie der Politik im Hotel Rixos in Almaty.

Probleme ansprechen

Eigentlich steht der deutsche Außenhandel gut da. Trotz Finanzierungsproblemen sind die Exporte nach Kasachstan seit den vergangenen drei Jahren im Umfang von 1,4 Milliarden auf 2 Milliarden gestiegen. Trotzdem werden die zweifelnden Stimmen bezüglich des Erfolges des Rohstoff- und Technologieabkommens immer lauter. „Es gestaltet sich schwieriger als wir uns das vorgestellt haben, weil es in Deutschland kein Unternehmen mehr gibt, das in der Rohstoffbranche tätig ist“, erläutert der Botschafter der Bundesrepublik, Dr. Guido Herz. Es fällt der deutschen Wirtschaft schwer, passende Technologien zu finden um dann in Kasachstan zu investieren. Dennoch sind 25 Prozent der deutschen Einfuhren nach Kasachstan aus dem Bereich Maschinen- und Anlagenbau. Die größten Direktinvestitionen leistet Deutschland in der Baubranche und im Einzelhandel. Wirtschaftsbeziehungen in der Rohstoffbranche sollen sich derartig entwickeln. Dafür war das Abkommen ein erster Schritt in die richtige Richtung, doch wie erfolgreich laufen die Beziehungen bisher?

„Ich gebe zu, dass das Rohstoffabkommen ein schwieriges Thema ist, aber wenn man Probleme nicht anspricht, kann man sie auch nicht lösen“, räumt der Delegierte der deutschen Wirtschaft Jörg Hetsch ein. Er hatte es bewusst zum Thema des 15. Tages der deutschen Wirtschaft gemacht.

In der Tat stellte sich heraus, dass eine erwartete Umsetzung des Paktes zwischen Merkel und Narsabajew von vielen Faktoren, wirtschaftlicher, aber auch politischer Natur abhängt. Dementsprechend sind auf kasachischer wie auf deutscher Seite die Erwartungen an die Umsetzung des Abkommens und an seine Bedingungen verschieden.

Rohstoffe sind umkämpft

Botschafter der Republik Kasachstans in Deutschland, Dr. Nurlan Onschanow.

So hat Deutschland ein langfristiges strategisches Interesse daran, sich Zugang zu Lagerstätten von Ressourcen wie Eisenerz, Zink, Mineral und Seltenen Erden zu verschaffen. Dabei sieht es so aus, als gäbe es auf beiden Seiten unterschiedliche Erwartungen bezüglich deutscher Investitionen im Rohstoffbereich, die trotz der Aussicht auf Zugang zu kasachischen Rohstoffen mit Risiken verbunden sind. So sei es auch ein großer Wunsch der Industrie, sich einen günstigen Zugang zu wertvollen Rohstoffen zu verschaffen. Das Problem sei jedoch, dass bisher noch kaum greifbare Projekte in Sicht sind, welche den Anforderungen des Rohstoff – und Energieabkommens gerecht würden.

Auch die kasachischen Partner sind unzufrieden mit den Ergebnissen des Abkommens. Das Interesse Kasachstans sei es vor allem, den von den Chinesen dominierten Rohstoffmarkt zu diversifizieren. Um dies zu erreichen, scheut sich der Vizeminister für Industrie und Technologien, Albert Rau, nicht davor, anzubieten, die „unsichtbare Hand“ des Marktes auch politisch zu lenken: „Lassen Sie uns einige chinesische Standorte schließen, um das chinesische Monopol zu sprengen. Die Stellung Chinas zu stärken wäre falsch“, appelliert er. Er gehört der deutschen Minderheit in Kasachstan an und vertritt auch die Meinung des Botschafters Kasachstans in der Bundesrepublik, Dr. Nurlan Onschanow, der sich ebenfalls für eine in Kasachstan durchsetzungsfähige Wirtschaftspolitik einsetzt. Es scheint eine Kluft zwischen dem Denken der kasachischen Seite, das sich mehr auf politische Einflussnahme stützt, und dem Denken der deutschen Seite zu geben, das hauptsächlich vom wirtschaftlichen Kalkül der potentiellen Investoren bestimmt wird.

Deutsche Unternehmer scheuen Risiko

Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Kasachstan, Dr. Guido Herz.

Wie auch die weltweit agierenden Unternehmen, handeln die deutschen Firmen nicht nach rein politischen Interessen, sondern lassen sich vor Allem davon leiten, wie risikoreich oder gewinnbringend ein Geschäft ist, besonders, wenn der Wettbewerbsdruck hoch ist. „Wir stehen hier in einer direkten Konkurrenz mit anderen Ländern:, wie Aus-
tralien und Canada – die zum Beispiel damit umgehen können, wenn eine Mine noch nicht erschlossen ist“, weiß Unternehmensberater Alexander von Gleich. Deutsche Unternehmen sind also, verglichen mit anderen, nicht flexibel genug, um Geld zu investieren.

Dieses Zaudern, riskante Investitionen zu tätigen, wird außerdem von deutscher Seite aus gestärkt, durch die derzeit zögerliche Vergabe von finanziellen Absicherungen des Versicherers Euler Hermes. Der Exportversicherer, welcher im Auftrag der Bundesrepublik die Außenhandelskredite abdeckt, hatte nämlich während der Wirtschaftskrise über 300 Millionen Euro in Kasachstan verloren. (Die DAZ berichtete bereits darüber in der 36. Ausgabe.) Die gefürchteten Verluste sind nicht der einzige Grund für die schleppende Umsetzung des Rohstoff– und Technologie-Abkommens. Seitens des kasachischen Staates gibt es auch wenig Hilfe bei der Erschließung der Rohstofflagerstätten. Viele der Pläne stammen noch aus der Sowjetzeit und sind einfach zu alt. Mögliche Investoren werden über solche Probleme schon von Beratungsunternehmen in Kenntnis gesetzt.

In Bezug auf das Rohstoffabkommen ist klar: Sowohl die kasachische als auch die deutsche Seite wünschen sich in naher Zukunft gewinnbringende Projekte. Beide Parteien hoffen mit der Diskussion eine neue gegenseitige Annäherung begonnen zu haben.

Hoffen auf eine erfolgreiche Zukunft

Ein großer Hoffnungsträger ist hier die geplante Weltausstellung, die in Astana 2017 unter dem Motto „Energie der Zukunft“ ausgerichtet werden soll. Auch hier sind die deutschen wie auch die kasachischen Teilnehmer des 15. Deutschen Wirtschaftstages zuversichtlich und hoffen auf eine ausgewogene und gewinnbringende Zusammenarbeit im Bereich der Technologien für erneuerbare Energien.

Von Dominik Vorhölter

Teilen mit:

Все самое актуальное, важное и интересное - в Телеграм-канале «Немцы Казахстана». Будь в курсе событий! https://t.me/daz_asia