In Zentralasien, insbesondere in Kasachstan, wachsen außergewöhnliche Kräuter, die nicht nur als Nahrung, sondern auch für kosmetische und Heilzwecke verwendet werden können.
Die Uiguren sind ein Volk mit tief verwurzelter Ackerbaukultur. Sie betreiben Garten- und Gemüseanbau mit großer Hingabe. Pflanzen sind für sie nicht nur unverzichtbar zur Ernährung, sondern auch ein natürliches Mittel zur Körperpflege. Eine dieser besonderen Pflanzen ist Osma (auch Usma oder Taramira genannt), die auch bei anderen Völkern bekannt ist.
Wenn die warme Jahreszeit beginnt, tragen uigurische Frauen den ganzen Sommer lang Osma auf ihre Augenbrauen, Wimpern und Haare auf. Gleichzeitig ist dies auch die Zeit, in der sie Manti (gefüllte Teigtaschen) und Tschebureki mit Jussai zubereiten – zwei beliebte Speisen der uigurischen Küche.
Osma ist ein unscheinbares grünes Blatt, das aber von enormem Nutzen ist. Es wächst in fast jedem Garten einer uigurischen Hausfrau. Hat man es einmal gepflanzt, gedeiht es jedes Jahr von Frühling bis Sommer aufs Neue. Osma ist eine vollkommen natürliche und organische Pflanze – ein Segen für alle, die sich schöne, schwarze, dichte Augenbrauen, volles Haar und lange Wimpern wünschen. Diese Tradition des chemiefreien Make-ups wird bis heute gepflegt. Osma gehört zur Familie der Kreuzblütler und ist eine südliche, krautige Pflanze, die seit Jahrhunderten als natürliches Kosmetik- und Heilmittel für Haarwuchs und Haarpflege verwendet wird.
Rezept für ein natürliches Make-up mit Osma in drei einfachen Schritten:
1. Sammeln und Waschen – Pflücken Sie frische Osma-Blätter und waschen Sie sie gründlich.
2. Zubereiten – Drehen Sie eine Schüssel um und pressen Sie das Kraut mit den Händen auf den umgedrehten Boden der Schüssel. Dabei entsteht eine dunkelgrüne Paste. Falls die Hände grün werden – kein Problem! Die Farbe wäscht sich mit der Zeit leicht ab.
3. Auftragen – Nehmen Sie ein Streichholz, wicklen Sie etwas Watte um die Spitze oder verwenden Sie ein Wattestäbchen. Tauchen Sie es in die Paste und trage sie vorsichtig auf Augenbrauen und Wimpern auf. Je dünner der Auftrag, desto schöner das Ergebnis. Lassen Sie die Paste zwei bis drei Minuten trocknen und wiederholen Sie den Vorgang dreimal. Danach mit fließendem Wasser abspülen – nicht reiben, sonst geht die Wirkung verloren. Nur sanft abtupfen oder klopfen. Wenn die grüne Farbe beim Waschen verschwindet, war die Anwendung erfolgreich – der Verjüngungsprozess beginnt. Die Wimpern werden länger, die Augenbrauen dichter.
Tipp: Die restliche Paste kann auch in die Kopfhaut einmassiert werden – für mehr Glanz und Haargesundheit. Diese Prozedur lässt sich einmal pro Woche über den gesamten Sommer hinweg wiederholen.
In der Familie sagen uigurische Frauen einfach: „Osma koyamsiz?“ – „Lass uns Osma auftragen.“ Manchmal malen sie sich zum Spaß auch kleine Schönheitsflecken auf die Wange. Trägt man diese regelmäßig an derselben Stelle auf, entsteht mit der Zeit ein natürliches „Muttermal“ – fast wie ein Tattoo. Einige Frauen, vor allem ältere, tragen Osma auch auf ihre Nägel auf, um deren Festigkeit zu stärken.
Diese einfache, pflanzliche Schönheitspflege ist in ganz Zentralasien bis heute lebendig. Schon vor Jahrhunderten wussten Uigurinnen um die wohltuende Wirkung dieser Pflanze – noch in der Zeit, als ihre Vorfahren sesshafte Ackerbauern waren.
Wer sich schöne, kräftige und gesunde Wimpern, Haare und Augenbrauen wünscht, sollte Osma im Garten anbauen und ganz auf natürliche Pflege setzen. Osma enthält eine Vielzahl wertvoller Inhaltsstoffe, darunter Vitamin E, Flavonoide, Alkaloide und weitere bioaktive Substanzen, die die Haarfollikel stärken und beleben. Es ist eine wahre Erfrischung für den Körper, von innen und von außen.
Jussai – die Wildzwiebel mit Heilkraft
Jussai ist eine mehrjährige Pflanze aus der Familie der Lauchgewächse. Sie vereint die Aromen und Eigenschaften von Zwiebel und Knoblauch. Die Blätter, die einen würzigen, zwiebel- oder knoblauchartigen Geschmack haben, sind essbar – roh oder gesalzen in Salaten, oder als würzige Zutat zu Fleisch, Fisch und Beilagen. Auch in warmen Gerichten oder Pasteten findet sie Verwendung.
Die Heimat des Jussai liegt in den Bergregionen Chinas, im heutiges Xinjiang, der uigurischen autonomen Region. Von dort aus wurde sie von Nomadenstämmen in die Südaltaigebiete, in die Berge Zentralasiens und Sibiriens sowie nach Mittelasien gebracht. Im Westen kennt man sie unter dem Namen „Chinesischer Lauch“, und sie ist in asiatischen Lebensmittelläden erhältlich. Dennoch habe ich Jussai auf meinen Reisen durch Deutschland und Europa bisher nie gesehen – und ihren Geschmack entsprechend vermisst.
Uiguren verwenden Jussai traditionell von Frühling bis Herbst – in Omeletts, Manti, Tschebureki oder in „Say“, einem typisch uigurischen Salat. Im Herbst wechselt die Füllung der Manti von Jussai zu Kürbis.
Für die uigurische Küche ist Jussai fast wie eine Meeresalge: voller Vitamine, gut für die Haut, das Immunsystem, das Haarwachstum und das allgemeine Wohlbefinden. Er wirkt entzündungshemmend und sorgt für ein leichtes Körpergefühl. Als Aufguss hilft er sogar bei Bronchitis und Husten.
Heute kann man Jussai und Osma in ganz Zentralasien auf Märkten finden. Wer schönes Haar, volle Augenbrauen und lange Wimpern möchte, findet in Osma das einfachste, sicherste und günstigste Mittel. Wer seine Gesundheit ganzheitlich unterstützen möchte, sollte Jussai regelmäßig in den Speiseplan integrieren, am besten vom Sommer bis in den Herbst. Beide Pflanzen sind seit Jahrhunderten bewährt.
Adrasman – Heilpflanze und spiritueller Schutz
Peganum harmala ist eine Gattung mehrjähriger Blütenpflanzen aus der Familie der Zygophyllaceae. In Kasachstan ist sie unter dem Namen Adryspan und auf Uigurisch als Adrasman bekannt. Sie wächst auf trockenen, salzhaltigen Böden, an felsigen Hängen, in Wüsten und Halbwüsten – oft auch am Wegesrand oder auf Weiden.
Der kleine, grüne Strauch trägt kugelförmige Blüten, die bei Trockenheit strohgelb werden. Seit der Antike wird Peganum harmala in der Volksmedizin verwendet. Ein Sud aus den oberirdischen Pflanzenteilen dient zur Behandlung von Hautkrankheiten, wird ins Badewasser gegeben und hilft, Infektionskrankheiten vorzubeugen. Tinkturen stimulieren das zentrale Nervensystem. Die Pflanze wirkt beruhigend, schmerzlindernd, entzündungshemmend, antiseptisch, entwurmend, schweißtreibend und harntreibend. Auch bei Erkältungen wird sie eingesetzt – etwa zum Gurgeln oder Inhalieren.
In Kasachstan findet man Adrasman in fast jedem Haushalt – nicht nur als Heilmittel, sondern auch als Schutzamulett. Man bindet getrocknete Zweige zu einem kleinen Strauß und hängt ihn nahe dem Hauseingang auf. Um das Haus energetisch zu reinigen, legt die Hausfrau trockene Adrasman-Zweige in eine Pfanne, zündet sie an und geht mit dem duftenden Rauch durch alle Räume. Dabei spricht sie leise schützende Worte. Der Rauch verbreitet sich im ganzen Haus. Anschließend lässt man die Reste über Nacht an der Türschwelle stehen – und wirft sie am nächsten Morgen mit den Worten fort, dass das Feuer alles Schlechte vertrieben und der Rauch Gutes gebracht habe.
Viele Frauen glauben: Wenn Kräuter keinen Schaden anrichten, aber helfen, in Frieden und Hoffnung zu leben, dann sollte man auch in schwierigen Zeiten an Wunder und höhere Kräfte glauben. Dann sind es gute Kräuter mit Wirkung und Bedeutung. In Ländern wie der Türkei gibt es bestimmte Schutzsymbole, in Kasachstan sind es besondere Pflanzen.
Wichtig ist, alles mit Maß und Achtsamkeit zu nutzen – und die daraus gewonnene Energie in positive Vorhaben zu lenken.
Ein Schatz für alle, die Neues entdecken wollen
Solche Artikel dienen ausschließlich Bildungs- und Informationszwecken. Sie zeigen, was in Kasachstan wächst, welche Kräuter und Pflanzen dort traditionell in Ernährung und Körperpflege verwendet werden. Sie sind jedoch nicht als medizinische Empfehlung zu verstehen, sondern als Einblick in lebendige kulturelle Praktiken.
Diese Pflanzen sind nicht nur schön – sie bringen auch Nutzen, wenn sie mit positiver Absicht verwendet werden. Sie sind ein wertvoller Schatz für Liebhaber von Biologie, Botanik, Geografie, Kunst, Archäologie, für Reisende in Zentralasien und für alle, die die Natur und ihre Geheimnisse besser kennenlernen möchten.
Denn die Natur schenkt, wie wir wissen, viele Wunder. Und einige dieser Wunder wachsen in Kasachstan.