Dela Sawatzki ist seit September 2011 „Kulturweit-Praktikantin“ an der DSD-Schule Nr. 68 in Almaty. DSD-Schulen sind Schulen mit vertieftem Deutschunterricht, an denen Schüler das „Deutsche Sprachdiplom“ absolvieren können. DAZ fragte Dela Sawatzki nach ihren ersten Eindrücken und Erfahrungen an der DSD-Schule in Almaty.

/Schüler der DSD-Schule Nr.68, Almaty./

Was hat Sie dazu bewogen, für das „Kulturweit“-Praktikum gerade nach Kasachstan zu kommen?

Ich wollte mich nach der Schule für ein Freiwilliges Soziales Jahr melden und habe mich diesbezüglich weltweit beworben. Aus irgendeinem Grund wurde ich bei der Bewerbung für die zentralasiatischen und GUS-Staaten vorgesehen, unter anderem für Armenien. Für Armenien und Kasachstan wurde ich letztendlich angenommen, entschied mich aber aus einem Bauchgefühl heraus gegen Armenien und für Kasachstan. Meine Überlegung hierbei war, dass mir Kasachstan nicht nur exotischer erschien, sondern ich glaube, dass ich hier viel mehr lernen kann.

Können Sie etwas mehr zum Konzept von „Kulturweit“ sagen? Wen spricht das Programm in erster Linie an?

Die „Kulturweit-Praktika“ werden als Freiwilligendienst vom Auswärtigen Amt durchgeführt und richten sich an junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren. Bei unserem Vorbereitungsseminar waren wir ungefähr 200 Freiwillige, davon ca. 80 % Abiturienten. Die restlichen 20% waren Studenten, die den Bachelor-Abschluss fertig hatten und das Jahr zwischen Bachelor und Masterstudium nutzten, um sich während eines „Kulturweit“-Praktikums weltweit in der Kultur- und Bildungsarbeit zu engagieren. Unter den Bewerbern waren ganz unterschiedliche Studienrichtungen vertreten, wie z.B. Kulturwissenschaften, Musik, Pädagogik.

Im Grunde richtet sich das „Kulturweit“-Programm an junge Leute, die sich entweder nach Abschluss der Schule oder während des Studiums beruflich weiter orientieren und Erfahrungen in der Kulturarbeit sammeln wollen.

Das sind Ihre Aufgaben als Praktikantin an der DSD-Schule?

Speziell am Gymnasium Nr. 68 wurde ich mit der Aufgabe Unterrichtsvertretung, also Hospitation betraut. Das ist momentan auch krankheitsbedingt notwendig, da viele Lehrer ausgefallen sind. Dabei ist Spontanität und Kreativität gefragt, wenn ich kurzfristig einspringen muss und Unterrichte übernehmen muss.

Allerdings habe ich keine pädagogische Ausbildung, sondern habe gerade mein Abitur in der Tasche und bin frisch von der Schule. Daher werde ich oft für Phonetik-Unterricht eingesetzt, in dem Ausspracheübungen im Vordergrund stehen oder beim gemeinsamen Liedersingen mit den Schülern. Jetzt zur Weihnachtszeit beschäftigen wir uns mit der originalen Weihnachtsgeschichte, sogar schon mit den Grundschülern, was sehr schön ist. Oder ich helfe in Bereichen aus, wo ich zwar nicht Experte bin, aber einfach aufgrund meines kulturellen Hintergrunds kompetent bin. So z.B. in der Jugendsprache, in Gesprächen über Musikrichtungen oder der Freizeitgestaltung.

Ansonsten habe ich mich von Anfang an weniger auf die rein pädagogische Schiene, sondern mehr auf kreative Arbeit festgelegt, wie Theateraufführungen. Ich engagiere mich im deutschen Chor an der Schule, in verschiedenen Kulturprojekten, wie dem Laternenfest, Einschulungsfesten, Theaterstücken. Jetzt zur Vorweihnachtszeit wird auch ein Krippenspiel aufgeführt. Was zum Praktikum allerdings dazugehört, ist die Organisation und Koordination der Kulturprojekte, aber auch einfache Praktikantentätigkeiten, wo man auch einmal Reparaturen erledigen muss…

Welche Materialien nutzen Sie hauptsächlich für Ihren Unterricht?

Das ist unterschiedlich. In den Schulen ist viel Unterrichtsmaterial vorhanden. Ich hatte auch bisher immer Glück, dass ich vor dem Unterricht etwas gesucht und auch gefunden habe, was thematisch gepasst hat, z.B. Lehrbücher, Audio-CDs, nutze Materialien aus dem Internet.

In Filmbesprechungen nutze ich unter anderem auch die sozialen Medien im Internet, wie bsp. „You Toube“, wo ich den Schülern einzelne Filmausschnitte gezeigt habe. Also ein multimedialer Ansatz, der bei den Schülern gut ankommt.

Welchen Eindruck haben Sie vom Deutsch-Unterricht und den Schülern?

In der Grundschule habe ich festgestellt, dass die Schüler sehr viel lernen durch reine Nachsprech-Übungen, gerade im Bereich Phonetik (Aussprache). Die Schüler hören ein Wort und sprechen es 5 bis 10 Mal nach. Der Unterricht in den höheren Klassen ähnelt dem in Deutschland, in dem sich Gruppenarbeit, Frontalunterricht, eigenes Schreiben und Leseübungen abwechseln. Es gibt sogar Diskussionen. Hier sehe ich viele Gemeinsamkeiten zum Unterricht in Deutschland.

Gab es Herausforderungen in Ihrer Arbeit? Was könnte verbessert werden?

Ich wünschte mir, daß die Unterrichtsplanung und das Personal besser koordiniert werden würde. Es kommt oft vor, dass man kurzfristig Unterrichte ohne Vorbereitung übernehmen muss, auf die ich mich persönlich besser vorbereitet hätte.

Ansonsten wünsche ich mir auch von den Schülern etwas mehr Aktivität im Unterricht, dass sie mehr aus sich herauskommen. Ich empfinde sie als etwas zu brav, die dürfen auch gern mal etwas wilder sein. Schön wäre, wenn die Schüler mehr Deutsch sprächen, da gibt es leider noch viele Sprachbarrieren. Was sie sprechen, ist gar nicht so wichtig, Hauptsache, es wird gesprochen. Vor allem in den Klassen 5-7 sind die Schüler sehr zurückhaltend und konzentriert. Wenn ich dann versuche, Diskussionen über bestimmte Themen anzuregen, entstehen noch zu wenig kontroverse Gespräche oder Gegenpositionen. Das finde ich sehr schade, weil ich gern mit den Schülern ins Gespräch kommen und einen echten Austausch entwickeln möchte.

Welchen Stellenwert hat Deutsch als Fremdsprache in Ihrer DSD-Schule?

Deutsch wird meines Erachtens sehr positiv aufgenommen. Ich finde es schön, denn viele Schüler sagen, dass ihnen Englisch wichtiger ist. Aber keiner der Schüler hat es bereut, Deutsch zu lernen. In den ersten Jahren sind viele Schüler begeistert und lernen mit viel Enthusiasmus. Später erkennen zwar viele, dass Englisch eine viel globalere Bedeutung hat und möglicherweise für die berufliche Zukunft wichtiger ist. Trotzdem meinen viele, dass es eine gute Entscheidung war, Deutsch zu lernen.

Übrigens habe ich auch bemerkt, dass es in der Bevölkerung in Almaty eine sehr positive Einstellung zur deutschen Sprache und Kultur gibt. Die meisten können ein paar Worte in Deutsch sagen, seien es nun Taxi-Fahrer oder Verkäufer.

Deutsch gewinnt auch deshalb an Bedeutung, da Deutschland einer der wichtigsten Wirtschaftspartner Kasachstans ist. Aus diesem Grunde kann ich meinen Schülern auch nur empfehlen, später in Deutschland zu studieren. Dafür sind gute bis sehr gute deutsche Sprachkenntnisse nötig. Aber wer dies einmal geschafft hat, hat die besten beruflichen Voraussetzungen, gerade hier in Kasachstan und Zentralasien.

Wie würden Sie mit drei Schlagworten Ihr „Kulturweit“-Praktikum beschreiben?

Zum einen ist Spontanität gewiss sehr wichtig, Gelassenheit und auch Bürokratie.

Was wünschen Sie zukünftigen „Kulturweit-Praktikanten“ an den DSD-Schulen?

Ich rate jedem, sich seine Arbeit richtig einzuteilen und sich nicht zuviel Arbeit aufzubürden. Denn das passiert sehr schnell. Auch, wenn das Praktikum sehr viel Spaß macht, muss man seinen Rhythmus und seine Aus-Zeiten finden. Ich arbeite momentan sehr viel, weil es mir Spaß macht und die Tätigkeit sehr interessant ist, habe aber sehr wenig Freiräume. Obwohl ich es mir dauernd vornehme…Also eine gute Balance zwischen Arbeit und Entspannung ist schon wichtig. Außerdem sollte man von Anfang an genau wissen, was man will, seine Aufgaben und Fähigkeiten genau definieren. Das hat mir sehr geholfen.

Für „Kulturweit-Praktikanten“ in Kasachstan sind Russischkenntnisse dringend vonnöten. Man sollte auf jeden Fall einen Sprachkurs besuchen, wenn möglich schon vor dem Praktikum, aber auch hier vor Ort. Die Schwierigkeiten aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse im Russischen habe ich am eigenen Leib erfahren. Es war anfangs schwer für mich, den normalen Alltag ohne Russisch zu bewältigen. Die meisten sind auch nur daran interessiert, mit mir Deutsch zu reden, weil es für sie eine gute Praxis ist. Dabei lerne ich allerdings wenig. Die wichtigsten Redewendungen machen einem das Leben auf jeden Fall leichter.

Vielen Dank für das Gespräch!

Mit Dela Sawatzki sprach Malina Weindl.

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„Kulturweit” ist der kulturelle Freiwilligendienst des Auswärtigen Amts. Er wird in Kooperation mit der Deutschen UNESCO-Kommission durchgeführt. Partner sind unter anderem das Goethe-Institut, der Deutsche Akademische Austauschdienst und der Pädagogische Austauschdienst. Kulturweit versteht sich als aktiver Beitrag zur Völkerverständigung. Im Rahmen ihres Dienstes begegnen die Freiwilligen Menschen aus anderen Ländern und lernen ihre Kulturen kennen. Sie erweitern ihren Horizont und stärken ihre interkulturelle Kompetenz. „Kulturweit“ verbindet Menschen.

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