Kasachstan ist durch seinen Ölreichtum die mit Abstand wirtschaftlich erfolgreichste ehemalige Sowjetrepublik in Zentralasien und attraktiv für Investoren aus dem Ausland. Die Kasachen suchen Absatzwege jenseits von Russland, um ihre Abhängigkeit vom großen Nachbarn im Norden zu verringern.

Der staatliche kasachische Energiekonzern Kazmunaigaz meint es bei fast 40 Grad Steppenhitze mehr als gut mit seinen Mitarbeitern: In der imposanten Firmenzentrale in der neuen Hauptstadt Astana laufen die Klimaanlagen derart auf Hochtouren, dass sich die fröstelnden Empfangsdamen in Wolldecken eingewickelt haben. Energie gibt es in der zentralasiatischen Republik im Überfluss. Deshalb suchen die Kasachen Absatzmärkte und würden gern Russland als Transitland umgehen. Eine erste Pipeline in Richtung Osten pumpt immerhin schon Öl an den energiehungrigen Nachbarn China.

Kasachstan, das am 18. August ein neues Parlament wählt, zählt zu den neuen Stars unter den Schwellenländern. Unfreiwillige Bekanntheit erhielt das Land zuletzt durch den Kinofilm Borat, in dem ein britischer Komiker als Pseudo-Kasache die USA unsicher machte. Die Staatsführung um Präsident Nursultan Nasarbajew hat viele Ratschläge aus dem Westen umgesetzt. Die Wirtschaft wurde weitgehend liberalisiert, vor allem der florierende Bankensektor gilt als Vorzeigebranche. Die mit Abstand reichste Republik im einst sowjetischen Zentralasien zieht Investitionen an. Immer mehr Investmentgesellschaften in Europa bieten einen eigenen Kasachstan-Fonds an mit einer Handvoll Konzernen aus den Bereichen Energie, Finanzen und Edelmetalle. Da das Volk der Kasachen aber nur 15 Millionen Menschen zählt, falle von den immensen Einnahmen aus dem Öl- und Gasexport einiges ab für die breite Bevölkerungsschicht. Wie auch Russlands Präsident Wladimir Putin hat Nasarbajew die Devise vorgegeben, dass die Abhängigkeit von den Rohstoffexporten verringert werden müsse. „Wir wollen gern mit europäischen Unternehmen wie BASF zusammenarbeiten, denen wir eine Menge bieten können”, wirbt Kasachstans Vize-Energieminister Bolat Aktschulatow.

Kooperationen mit Westkonzernen

Die Westkonzerne will man an Förderprojekten beteiligen, wenn sie im Gegenzug ein petrochemisches Verarbeitungswerk im Land errichten. Bislang sei aber noch niemand auf das Angebot eingegangen. Das dürfte wohl auch daran liegen, dass Kasachstan ungeachtet des plötzlichen Reichtums nicht groß genug ist und im Rest von Zentralasien zahlungskräftige Absatzmärkte fehlen. Bislang wickeln die Kasachen den allergrößten Teil ihrer Energieexporte über die bestehenden Transportleitungen in Richtung Russland ab. Eine Kooperation mit der Europäischen Union, die sich aus der Abhängigkeit von Russland lösen will, sei sehr willkommen, betont Aktschulatow. Beim Gas allerdings mehren sich die Zweifel von Experten, ob die Kasachen überhaupt die geplante, Milliardensummen verschlingende, Nabucco-Pipeline durch das Kaspische Meer in Richtung Westen nennenswert füllen könnten. Der Großteil der Reserven ruht im Kaspischen Meer. Der Streit mit den übrigen Anrainern, darunter dem Iran, um die genaue Grenzziehung verhindert zudem Energieprojekte unter Umgehung Moskaus. In Richtung Osten hingegen haben sich die Kasachen einen strategischen Vorteil verschafft.
Im Gegensatz zu den Russen pumpen sie bereits Öl nach China. Eine Erweiterung der Exportkapazitäten auf 20 Millionen Tonnen jährlich ist in der Planung. Die Chinesen haben einen nationalen Ölkonzern übernommen und sollen nach Schätzungen derzeit ein Fünftel des kasachischen Öls fördern. In der kasachischen Bevölkerung herrschen jedoch starke Vorbehalte gegen die Chinesen. Die wenigen Kasachen auf einer Fläche fünf Mal so groß wie Frankreich wären einer Expansion Chinas in der Zukunft schutzlos ausgeliefert. Auch deshalb bleiben in Kasachstan die Befürworter einer weiterhin engen Anbindung an den nördlichen Nachbarn Russland in der Mehrheit. (dpa)

Von Stefan Voß

03/08/07

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