Die Ölkrise war eine Ursache für den Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik. Damals stieg der Preis. In Zukunft wird dies nicht mehr der Fall sein. Warum, weiß Prof. Dr. Bodo Lochmann.


Vor 40 Jahren stand die Welt der westlichen Industriestaaten Kopf, denn ein paar Monate  zuvor hatte die OPEC, die Organisation der erdölexportierenden Länder,  erstmal ihre Liefermacht genutzt, und die Exportpreise fast verdoppelt. Das war ein Schock, war doch die Weltwirtschaft technologisch damals überwiegend auf den billigen und scheinbar unbegrenzt vorhandenen Energieträger Rohöl eingestellt und entsprechend von Importen abhängig. Dabei wäre aus heutiger Sicht, auch unter Einrechnung der Inflation, das absolute Preisniveau nach der Erhöhung eher ein Lacher. Zwischen sieben und acht Dollar kostete zur Jahreswende 1973/1974 ein Barrel leichten, also hochklassigen Erdöls aus dem arabischen Raum. Heute liegt der Preis bei 105 bis 110 Dollar.

Damals jedenfalls war die erste Energiekrise der modernen Zeit perfekt: viele Industriestaaten konnten ihre Ölimporte nicht mehr bezahlen, die Inflation stieg infolge höherer Preise für alles, was aus Erdöl hergestellt wurde: Waren verloren massenweise ihre preisliche Konkurrenzfähigkeit, Kraftstoffe mussten rationiert und Fahrverbote ausgesprochen werden, 1975 brach dann die erste Überproduktionskrise nach dem 2. Weltkrieg aus, die z. B. in der alten Bundesrepublik die Arbeitslosigkeit erstmals über die magische Schallmauer von einer Million Menschen ansteigen und somit zum innerpolitischen Problem Nr. 1 werden ließ.
Die politisch-organisatorische Ursache der ersten Ölkrise (die zweite folgte 1979/1980 mit einem Anstieg der Ölpreise auf etwa 35 Dollar pro Barrel aus dem gleichen Grund) war das qualitativ neuartige Wirken der OPEC als Ölkartell aus 12 Ländern, dass sich trotzt sehr unterschiedlicher innerer Strukturen zu verbindlichen gemeinsamen Absprachen über Förder- und Liefermengen des weltweiten Energieträgers Nummer eins einigte. Mit anderen Worten, die Ölerzeugung wurde bewusst unter der eigentlichen Nachfrage gehalten, was naturgemäß die Preise nach oben treibt.

Es  hat nun seither mindestens zwei wesentliche Veränderungen im Bereich der Weltölprozesse gegeben: Erstens, die Industriestaaten haben in unterschiedlichem Maße relativ schnell ihre Energieversorgung diversifiziert. Sie haben sich also von der einseitigen Ölabhängigkeit zumindest teilweise gelöst. Dazu waren umfangreiche Investitionen in Nichtöltechnologien  ebenso notwendig, wie die Hinwendung zur rationellen Nutzung von Öl und anderen materiellen Ressourcen. Damals begann die schrittweise Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch, also eigentlich das, was man heute mit Green Economy bezeichnet.

Zweitens, die OPEC hat seither, auch infolge der ersten Tendenz deutlich an Einfluss verloren. Sie kann heute keinesfalls mehr die Preise so diktieren, wie das noch bis etwa vor 20 Jahren der Fall war. Es ist vielleicht übertrieben, von einem zahnlosen Tiger zu reden, schließlich beträgt der Marktanteil der OPC-Staaten immer noch etwa 43%, aber ein paar Zähne hat der Tiger auf jeden Fall verloren.

Neben der energischen Hinwendung zur rationellen Energienutzung in den wichtigsten westlichen Industriestaaten und dem schrittweisen Übergang zur Nutzung erneuerbarer  Energiequellen ist das Auftauchen solcher neuen Marktplayer wie Russland, Großbritannien und Norwegen, in letzter Zeit mit einigem Abstand auch Kasachstan, die Ursache dafür. Hinzu kommt der technologische Wandel in der Energieversorgung der USA, die ja über Jahrzehnte auch ein großer Ölförderer, aber ein noch größerer Ölverbraucher waren. Das umstrittene, in Europa im Moment wegen Umweltbedenken noch nicht zugelassene Fracking-Verfahren, macht die USA im geradezu atemberaubenden Tempo unabhängig von Energieimporten, weil ihnen zunehmend Schiefergas aus eigener Förderung zur Verfügung steht. Auf dem Ölmarkt, der immer noch ein  Kernstück der Welt-Energiemärkte ist, vollziehen sich folglich gravierende Strukturveränderungen unterschiedlicher Art. Heute wird geschätzt, dass die Vorräte an Schiefergas in den USA „nur“ für etwa 20 Jahre reichen.

Das ist beim heutigen Tempo des technischen Fortschritts aber ein unkalkulierbarer Zeitraum. Auf jeden Fall wird sich auch Kasachstan auf tendenziell eher sinkende Ölpreise einstellen müssen, weil das Ölangebot zunehmend die Ölnachfrage übersteigt. Auch aus dieser Sicht tut also Diversifizierung der hiesigen Wirtschaft not. Sinkende Ölpreise könnten den entsprechenden den Druck deutlich erhöhen.

Bodo Lochmann

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