Viele Menschen gehen gern einkaufen. Aber nur wenige denken darüber nach, wie die Produkte in den Laden kommen. Während einer DAAD-Sommerschule in Almaty hatte eine Gruppe Studenten aus Zentralasien die Gelegenheit, hinter das Geheimnis der Logistik zu schauen.
210 Hektar groß, viele Container, riesige Lagerräume und eine Menge Sicherheitsmaßnahmen: Das ist das Industrie- und Logistikzentrum DAMU in der Nähe von Almaty. Ausländische Firmen wie der französische Lebensmittelproduzent Danone oder der deutsche Pumpenhersteller Wilo haben hier ihren Standort. Die Lage ist günstig: nicht zu weit von der größten Stadt Kasachstans entfernt, an Schiene und Straße angebunden. Immerhin ist Kasachstan ein wichtiges Transitland für den Transport von Waren zwischen Asien und Europa.
In der Lagerhalle eines großen südkoreanischen Technikkonzerns sind Foto- und Videoaufnahmen nicht erlaubt. Meterhohe Regale stehen zu Hunderten herum, darauf Paletten mit Fernsehern, Staubsaugern und Kühlschränken. Zur Sicherheit werden an Besucher Warnwesten und Helme verteilt. Für große Besuchergruppen, wie an diesem Tag, reichen diese allerdings nicht aus. Ein Teil der Gruppe muss einfach schauen, dass ihr nichts auf den ungeschützten Kopf fällt.
Es ist laut, die Lagerarbeiter – die allesamt zentralasiatisch aussehen – sind mit dem Entladen von riesigen Flachbildfernsehern beschäftigt. Einer nimmt die Kartons von einer Palette herunter, um sie auf eine andere zu stellen. Die erste Palette sei „nicht Standard“, erklärt er. Ein Mann sitzt auf einer Scheuersaugmaschine, um den Boden zu reinigen, und dreht seine Runden. Nachdenklich sieht er aus, als ob er mit seinen Gedanken gerade ganz weit weg sei.
Tatjana, blonde Haare, Mitte 30, führt uns durch die Halle. Sie erzählt von der Arbeit einer der größten Logistikfirmen in Kasachstan und hält gleichzeitig die Augen offen, damit niemand die Kühlschränke von Samsung beschädigt. „Bitte, die Waren unserer Kunden nicht berühren!“, wiederholt sie mehrmals. Als Vorteil nennt sie mehrmals die Lage von DAMU – auf der Route „Westeuropa–Westchina“. Die Infrastruktur war bereits vorhanden, als das Industrie- und Logistikzentrum hier gebaut wurde.
Wladimir Romaschow ist Direktor des ILC Containerterminals, das zu DAMU Logistics gehört. Das Projekt „Neue Seidenstraße“ sieht er positiv: „Sobald die Chinesen Geld in die Infrastrukturentwicklung investieren, sind sie Freunde“, sagt er und zeigt gleich darauf ein Foto von sich und seinem Geschäftspartner aus China. Vielleicht trägt er auch deshalb an diesem Tag ein Poloshirt in der Farbe der chinesischen Flagge. DAMU ist ein ganzer Komplex an Firmen, Lagerhäusern und Werken – und so in seiner Form einzigartig in einer Region, die für Chinas „Neue Seidenstraße“ zentral ist.
Einen anderen Ansatz als DAMU hat der Automobilteilehändler Phaeton. Es sieht ein bisschen aus wie in einem deutschen Autohaus. Es ist hell, überall stehen Pflanzen herum. In den oberen Etagen gibt es moderne Großraumbüros. Der Geschäftsführer fährt ein Elektroauto von Tesla. Das Team wirkt jung und motiviert. Vor allem frischgebackene Universitätsabsolventen finden hier eine erste Anstellung. Das Unternehmen selbst ist eine Erfolgsgeschichte: Es hat 2004 mit drei Mitarbeitern angefangen. Heute arbeiten hier mehr als 4000 Menschen. 19 Filialen gibt es mittlerweile in Kasachstan; jeden Tag werden mehr als 3000 Bestellungen bearbeitet.
Phaeton-Verkaufsleiterin Xenia könnte man mit ihrem weißen Polohemd, den schulterlangen Haaren und der randlosen Brille auch für eine Autoverkäuferin aus Deutschland halten. Anhand einer Präsentation erklärt sie die Arbeit der Logistikfirma, die ihre Autoteile von Zulieferern aus Südostasien bekommt, aber auch Kooperationspartner in Deutschland hat. Xenia beschreibt sämtliche Arbeitsschritte im Alltag des Logistikunternehmens – vom Ankommen der LKW mit den Waren bis hin zum Sortieren. Bei der Besichtigung der Lagerhalle darf noch der firmeneigene „Batman“ Vitali seine Künste mit dem Gabelstaplerfahrer vorführen.
Logistik ist ein komplizierter Bereich, der von den Mitarbeitern viel Fleiß und Geduld verlangt. Doch es gibt Karrieremöglichkeiten für junge Menschen – und Kasachstan bietet aufgrund seiner Lage an der „Seidenstraße“ beste Voraussetzungen für künftige Logistiker.