Vor drei Monaten sind Oxana Wschiwtzewa und ihr Sohn Dmitri von Aksu in der Nähe von Pawlodar als Spätaussiedler ins sächsische Neustadt umgezogen. DAZ-Redakteurin Cornelia Riedel besuchte sie im Aussiedlerwohnheim und sprach mit ihnen über ihre ersten Erfahrungen in Deutschland.

„Mir gefällt alles hier und ganz besonders deutsches Brot, der Neustädter Markt und das Rathaus“, schwärmt Oxana Wschiwtzewa. Die 28-jährige Deutschstämmige ist vor drei Monaten mit ihrem Sohn aus Kasachstan nach Neustadt gekommen – 5.000 Kilometer von ihrem Geburtsort Aksu, einer kleinen Stadt in der Nähe des kasachischen Pawlodar, entfernt. In zwei Zimmern wohnen die beiden jetzt im Asylbewerber- und Spätaussiedlerwohnheim in der Kirschallee im sächsischen Neustadt. An der Wand hängt ein Schokoweihnachtskalender, eine Lichterkette rankt sich ums Fenster. Verwandte haben den Neuankömmlingen einen Fernseher gegeben. Auf dem Sofa stapeln sich die Deutschlernbücher. „Wir üben hier im Heim zusammen, denn die Sprache zu beherrschen, ist wichtig“, erzählt sie.

Sohn Dmitri ist neun und geht auf die Missbachschule in Neustadt. „Er lernt Deutsch schneller als ich und hat schon gute Fortschritte gemacht“, freut sich Wschiwtzewa. Schon 1997 hatte sie in Kasachstan zusammen mit ihren Eltern die Ausreise beantragt. „Etliche Dokumente mussten wir sammeln, unsere deutsche Abstammung nachweisen und oft auf die Deutsche Botschaft ins weit entfernte Almaty, dem früheren Alma-Ata, fahren“, erzählt sie von dem schwierigen Unterfangen. Bevor die Familie die Zusage für die Übersiedlung nach Deutschland erhielt, starben die Eltern. „Im März 2004 habe ich dann den Sprachtest bestanden, im November 2005 kam die Zusage, und seit Sommer 2006 wohnen wir nun hier“, freut sich Wschiwtzewa. Die Wschiwtzews gehören zu den über 800.000 Spätaussiedlern, die seit Anfang der 90er Jahre von Kasachstan nach Deutschland gekommen sind. Auch Anna Rudi, Oxana Wschiwtzewas Großmutter und heute Pirnaerin, ist Wolgadeutsche und in der Nähe des russischen Saratow geboren.

Im Wohnheim in dem kleinen Ort nahe der Grenze zu Tschechien haben Ende der 90er Jahre zeitweise 180 Spätaussiedler gewohnt. Allein 1997 siedelten 93 Deutschstämmige aus Kasachstan nach Neustadt um. Viele von ihnen sind bald in andere Städte oder in eigene Wohnungen in die Neustädter Neubaugebiete gezogen. „Inzwischen kommen bedeutend weniger Leute als noch Anfang der 90er“, sagt Ute Bensing, Leiterin des Aussiedler- und Asylbewerberheimes der IT-Beherbergungsgesellschaft mbH, dem Betreiber des Heimes. Oxana Wschiwtzewa erzählt von ihrem früheren Leben in Zentralasien: „Ich habe als Friseuse in Aksu gearbeitet. Gerade mal 100 Euro verdiente ich im Monat und dabei sind viele Dinge fast so teuer wie hier in Deutschland.“ Auf ihre Ausreise ins ferne Deutschland hat sie sich mit Sprachkursen vorbereitet. Doch auch wenn alles noch fremd ist: „Mir gefällt es hier, die ganze Familie ist schon da, meine Oma wohnt in Pirna, Onkel, Tanten und Cousinen in Heidenau.“ Und auch wenn sie bis jetzt nur zwei Neustädter, Heimleiterin Ute Bensing und den Hausmeister des Wohnheim, kennt, wie sie erzählt. Mit der ganzen Familie haben Oxana und Dmitri Wschiwtzew Weihnachten in Pirna gefeiert. „Klar sind das deutsche Weihnachten, meine Oma macht gefüllte Gans, die Tante bäckt Kekse und Kuchen, das haben wir früher in Kasachstan auch schon so gemacht“, verrät sie. Doch nach dem Essen, da gibt es russische Spiele, und die ganze Familie macht mit.

„Nur mein Mann, meine Freunde und der Schnee fehlen mir“, sagt sie lächelnd und erzählt von ihrer Hoffnung, irgendwann wieder als Frisöse arbeiten zu können. „Klar ist es schwer für uns, Arbeit zu finden hier in Deutschland, aber bei uns in Kasachstan konnte man von dem wenigen Geld kaum leben.“ Und ihrem Sohn wolle sie eine Zukunft geben. „Er lernt die Sprache leicht und soll es hier in Deutschland einmal besser haben.“

Ab Januar will sie eine Fortbildung machen und Deutsch lernen. „Mein Mann ist noch in Kasachs-tan, er kommt Anfang 2007 nach“, hofft sie. Von ihm hat Oxana den russischen Familiennamen, er wartet in Kasachstan auf die Papiere zur Ausreise. Wenn er endlich da ist, wollen auch die Wschiwtzews sich eine Wohnung in Pirna suchen.

Von Cornelia Riedel

12/01/07

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