Nationale und internationale Interessen folgen häufig nicht einem Ziel. Dies gilt auch für die Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung. Auf der IX. Internationalen Wissenschaftlichen Konferenz setzte sich daher Rainer Görtz in seinem Vortrag „Rolle der Innovations- und Wirtschaftspolitik im Rahmen globaler Herausforderungen“ mit den Handlungsmöglichkeiten nationaler Regierungen auseinander.
Bezüglich der Notwendigkeit nachhaltiger Entwicklung unterstrich Rainer Görtz, dass schon in einer Studie in den siebziger Jahren klar wurde, dass angesichts des Wachstums der Bevölkerung ein Verzicht in unserem Konsum unausweichlich ist, damit auch die nachfolgenden Generationen ausreichend Ressourcen zur Verfügung haben. In diesen Zeitraum fällt auch die Geburtsstunde der „Eine-Welt-Bewegung“, die sich dafür einsetzt, das Bewusstsein zu stärken, dass wir nur eine Welt haben und diese bewahrt werden muss. Aus seiner Erfahrung als Landesdirektor der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Kasachstan und unter anderem als ehemaliger Mitarbeiter im Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie von Nordrhein-Westfalen betonte Görtz allerdings auch, dass die Rolle, die dem Staat bei der Sicherung der nachhaltigen Entwicklung zukommt, nicht einfach abzugrenzen ist. Nationale Politik ist jeweils nur auf das Staatsgebiet beschränkt und hat somit nur wenig Einfluss auf die nachhaltige Entwicklung außerhalb der eigenen Landesgrenzen. Staaten müssen somit auch untereinander kooperieren, denn Umweltschäden, wie beispielsweise Saurer Regen, machen nicht vor den Landesgrenzen halt.
Verhandlungen zu internationalen Abkommen, die den Rahmen für die zwischenstaatlichen Kooperationen sicherstellen können, sind jedoch weniger vom Interessenausgleich als vielfach von nationalen Interessen geprägt, was wiederum neue Probleme aufwirft. Wie können sich Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer auf eine einzige Strategie ohne Interessenausgleich einigen? Wie viel können und wollen diejenigen Länder, die über genug Ressourcen verfügen, abgeben an jene, denen es an Ressourcen mangelt? Manche Staaten betonen jedoch vor allem ihre eigene wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit; sie sind vor allem interessiert an billigen Rohstoffen und billiger Energie, um attraktive Rahmenbedingungen für ihre Unternehmen zu ermöglichen. Görtz nennt als Beispiel für echte Handlungsmöglichkeiten des Staates u.a. die Technologieförderung: Dank einer exzessiven Förderung der Technologien für erneuerbare Energien kommt Deutschland auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle zu. Doch die Entwicklung immer umweltfreundlicherer Technologien reicht als Patentrezept für nationale Nachhaltigkeitsstrategien allein nicht aus. Es kommt vor allem darauf an, den Einsatz dieser Technologien auch wirtschaftlich lukrativ zu machen. Dazu müssen Rahmenbedingungen verändert werden, um z.B. die Nutzung erneuerbarer Energie attraktiver zu machen. In Kasachstan beispielsweise sind die Energiepreise noch derart niedrig, dass sich eine Investition in Solarenergie ökonomisch bisher nicht lohnt. Die unterschiedliche wirtschaftliche Attraktivität erneuerbarer Energie zwischen den Ländern ist durch unterschiedliche Rahmenbedingungen begründet: Die Energiepreise sind in Deutschland durch hohe Steuern um ein Vielfaches höher als in Kasachstan. Hohe Energiepreise schaffen selbstverständlich Anreize, Energie zu sparen und dazu energiesparende Technologien einzusetzen. Was würde das für Kasachstan bedeuten? Also einfach die Energiepreise erhöhen? Dies würde zu weitreichenden sozialen Problemen führen können, warnt Görtz, da nicht nur Heizung und Strom, sondern auch alle Lebensbereiche beispielsweise auch die Lebensmittelpreise eng an die Energiepreise gekoppelt sind. Staatliches Handeln für nachhaltige Entwicklung setzt also immer intelligente, komplexe und jeweils auf das Land individuell zugeschnittene Lösungen voraus. Die GIZ verfügt über langjährige und weltweite Erfahrungen, die sie auch der kasachischen Regierung zu Fragen der nachhaltigen Entwicklung sowie des Klima- und Umweltschutzes anbietet. Vor allem auch an die jungen Teilnehmer gewandt, unterstrich Herr Görtz in seinem Schlusswort, dass jedem von uns bewusst sein muss, dass wir nur „Eine Welt“ haben und somit jeder ein Interesse an einem nachhaltigen und umweltbewussten Lebensstil haben sollte.