Xinjiang gilt als Unruheprovinz in China. Die Neue Seidenstraßen-Initiative könnte die Region wirtschaftlich voranbringen und dazu beitragen, dass die Spannungen zwischen Han-Chinesen und Uiguren abnehmen. Davon könnte auch Kasachstan profitieren.
Die Neue Seidenstraße soll Asien und Europa besser miteinander verbinden. 2013 stellte Chinas Präsident Xi Jinping das Projekt vor, das die historische Seidenstraße zum Vorbild hat. Dabei geht es um klassische Infrastrukturprojekte, aber auch um den Ausbau von E-Commerce-Plattformen. Die geplanten Gesamtkosten belaufen sich auf über eine Billion Dollar. Neben dem 40 Milliarden Dollar schweren Silk Road Fund, gründete China 2015 die Asiatische Infrastruktur Investment Bank (AIIB). Der Bank gehören mittlerweile 57 Staaten an, darunter Kasachstan, Russland und Deutschland.
Für Chinas Wirtschaft kann die neue Seidenstraße eine Menge Vorteile bringen. Einerseits kann die Initiative durch den Bau von Straßen und Schienen zur heimischen Wirtschaft beitragen. Andererseits eröffnet sie neue Märkte für chinesische Exporte. Ein Kernpunkt ist, die Investitionslücke zwischen dem Westen und Osten Chinas zu schließen. Insbesondere für die Unruheprovinz Xinjiang erhofft sich Peking, dass wirtschaftliches Wachstum und ein höherer Lebensstandard den ethnischen Spannungen und Separatistenbewegungen entgegenwirken.
Uiguren vs. Peking
Die autonome Region Xinjiang liegt im Nordwesten Chinas und grenzt unter anderem an Russland, Kasachstan, Indien und Pakistan. Rund 22 Millionen Menschen leben dort. Die größten ethnischen Volksgruppen sind Uiguren (46.4%), Han-Chinesen (39%) und Kasachen (7%). Anders als die Han gehören die Uiguren und anderen Turkvölker dem Islam an. Seit im 18. Jahrhundert die Han-Chinesen begannen, nach Xinjiang zu migrieren und die dortigen Uiguren zu assimilieren, nehmen die Spannungen zwischen beiden Volkgruppen zu. Vor allem nach dem Zerfall der Sowjetunion und der Unabhängigkeit der zentralasiatischen Staaten wurden die Rufe nach einem eigenen Uigurenstaat lauter. Regelmäßig wird von gewaltsamen Zusammenstößen sowie Terroranschlägen von islamistischen Separatistengruppen berichtet. Peking spricht oft davon, dass es gegen die „drei Teufel“ Terrorismus, Separatismus und Fundamentalismus kämpft.
Doppelte Öffnung nach Osten und Westen
Nach den Plänen der Zentralregierung soll Xinjiang ein Transportknotenpunkt in Zentralasien werden. Bereits seit 2011 besteht in der kasachisch-chinesischen Grenzstadt Khorgos eine Freihandelszone. Insgesamt sind 20 solcher Spezialwirtschaftszonen geplant. Doch nicht nur aufgrund der Lage, sondern auch aufgrund seiner Ressourcen ist die Region von wirtschaftlichem Interesse für China. Peking plant deshalb eine „doppelte Öffnung“ – im Westen nach Zentralasien und nach Osten, um Xinjiang besser in die nationale Wirtschaft einzubinden. Ein sehr spezifisches Ziel war die Angleichung des regionalen BIP pro Kopf an den nationalen Durchschnitt bis 2015.
Dies mag auch eine Reaktion auf die Ausschreitungen 2009 gewesen sein, als Demonstrationen von Uiguren in Urumqi plötzlich in Gewalt umschlugen und bei denen nach Angaben der Regierung 197 Menschen starben und mehr als 1.600 verletzt wurden.
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Trotz der Bemühungen hat sich der Unterschied zwischen den östlichen und westlichen Regionen Chinas beim BIP vergrößert. Ein weiteres Problem ist die Diskriminierung von Uiguren auf dem Arbeitsmarkt. Im Energiesektor zum Beispiel sind ein Großteil der Manager und Ingenieure Han-Chinesen. Im grenzüberschreitenden Handel mit den zentralasiatischen Staaten haben die Han die Uiguren verdrängt. Außerdem leben die meisten Uiguren im ländlichen Süden Xinjiangs, was dazu führt, dass noch immer 80% von der Landwirtschaft leben.
Befriedung durch die Seidenstraße?
Xinjiang spielt eine Schlüsselrolle für die Neue Seidenstraße. Sie kann eine Möglichkeit sein, um neue Jobs in Xinjiang zu schaffen, die Infrastruktur und die lokale Wirtschaft auszubauen. Die bessere Anbindung könnte zu mehr Touristen aus dem In- und Ausland führen. Eine intensive Kooperation mit den Nachbarstaaten könnte außerdem die Region stabilisieren und den Einfluss radikaler Gruppen auch in Zentralasien vermindern. Peking muss allerdings einen Weg finden, die Uiguren am Wachstum teilhaben zu lassen und das Gebiet zu befrieden.