Der deutsche Regisseur Volker Schlöndorff dreht in Kasachstan seinen neuen Film „Ulschan“: Ein modernes Märchen über einen zivilisationsmüden Franzosen, der im Land des Schneeleoparden nach dem Lebenssinn sucht. Auf seiner Reise wird er allerlei magische Zeitgenossen und eine bezaubernde Natur finden.

„Der Hauptdarsteller in unserem Film ist die kasachische Landschaft“, erklärt Volker Schlöndorff. Bereits seit Mai dieses Jahres bereist der deutsche Regisseur das neuntgrößte Land der Erde, um für sein neues Filmprojekt „Ulschan“ zu recherchieren. Die eigentlichen Dreharbeiten haben soeben begonnen, ab März soll das moderne Märchen in die Kinos kommen – zuerst in Frankreich, später in Deutschland und Kasachstan, denn es handelt sich um eine deutsch-französisch-kasachische Gemeinschaftsproduktion. Das Drehbuch hat Volker Schlöndorff gemeinsam mit dem Schriftsteller Jean-Claude Carrière verfasst.

„Ulschan“ ist die Geschichte einer spirituellen Reise: Der Franzose Charles, gespielt von Philippe Torreton, verabschiedet sich aus der Zivilisation und druchwandert fortan die Weiten Kasachstans auf der Suche nach tieferen Wahrheiten und dem Sinn des Lebens. Auf seinem Weg bekommt er Unterstützung von dem Schamanen Schakuni (David Bennent) und der Nomadenschönheit Ulschan (Ajanat Jesmagambetowa). Ersterer begleitet den zivilisationsmüden Franzosen mit seinem Wissen über die geheimen Schätze des zentralasiatischen Landes. Ulschan hilft Charles dabei, seine Schwermüdigkeit zu überwinden, und bringt ihm seine Lebensfreude zurück. Inwieweit es zwischen den drei Charakteren zu Liebesaffären kommen wird, wollte Volker Schlöndorff noch nicht offenbaren.

Stationen der Filmreise sind unter anderem Astana, Semipalatinsk und der Berg Chan Tengri. „Die Landschaft in Kasachstan ist von archaischer Schönheit. Allerdings wurde vieles vom Menschen zerstört“, so Volker Schlöndorff. Der Regisseur möchte diesen Widerspruch zwischen natürlicher Schönheit und vom Menschen geschaffener Hässlichkeit auf die Leinwand bringen. „Wir werden einige post-sowjetische Orte besuchen. Eine wichtige Idee des Films ist: Nicht die Natur zerstört den Menschen, sondern der Mensch zerstört die Natur“, sagt der deutsche Regisseur. Dagegen sind für Schlöndorff die kasachischen Nomaden das perfekte Beispiel für eine harmonischere Welt: „Bei den Nomaden zeigt sich die Existenz im Einklang zwischen Mensch und Natur“, erklärt er. „Der Kriminelle ist der siedelnde Mensch.“ Als Beispiel für menschliche Zerstörungswut in Kasachstan verweist der Regisseur auf den austrocknenden Aralsee und auf die Atomtests im Norden des Landes.

Nomadische Harmonie

Das Nomadenmädchen Ulschan steht in Schlöndorffs Film als Stellvertreterin für eine bessere Welt. In den Augen des Regisseurs ist die kasachische Darstellerin Ajanat Jesmagambetowa eine Idealbesetzung für die Rolle: „Auf der einen Seite ist Ajanat eine moderne Persönlichkeit. Besonders für uns Europäer erscheint sie aber zugleich als eine romantische Heldin aus Zentralasien.“ Während Ulschan die Harmonie zwischen Mensch und Natur repräsentiert, stellt der Schamane Schakuni ein Medium zu jenseitigen Wahrheiten dar. Gemimt wird der magische Charakter übrigens von David Bennent, der russlanddeutsche Wurzeln hat: „David stellt in unserem Film eine sehr exzentrische Figur dar“, so der Regisseur. Bennent stand bereits als Zweijähriger für Schlöndorff vor der Kamera – in der oskarprämierten Literaturverfilmung „Die Blechtrommel“, die auf dem gleichnamigen Roman von Günther Grass basiert.

Mit „Ulschan“ möchte Volker Schlöndorff einen Beitrag zur Entwicklung des Kinos in Kasachstan leisten: „Ich will, dass die kasachischen Filmstudios diesen Film als ihren Film verstehen“, erklärt der Regisseur. Dass das Kino einen wichtigen Beitrag zur Ausprägung nationaler Identität liefern kann, betonte er: „Es ist eine der wichtigen Fragen unserer Zeit: Wie kann man in Zeiten der Globalisierung nationale Identität wahren“, so der Deutsche.
Schlöndorff meint, dass der Film auch positive Auswirkungen auf den Tourismus in Kasachstan haben werde: „Die archaisch schöne Landschaft wird viele Menschen anziehen“, so der Regisseur. „Sie werden den Film sehen und fragen: ‚Wo ist diese tolle Gegend?’“

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Retrospektive zum Werk Volker Schlöndorffs

26.9., 21 Uhr: Die verlorene Ehre der Katharina Blum (1975)
27.9., 21 Uhr: Die Fälschung (1981)
28.9., 21 Uhr: Homo Faber (1990)
29.9., 21 Uhr: Der 9. Tag (2004)
30.9., 20 Uhr: Die Blechtrommel (1978). Bei dieser Vorführung ist Volker Schlöndorff anwesend.

Ort: Kino Silk Way City, Tole-Bi-Str. 71, Deutsch mit russischen Untertiteln.

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Von Christian Lindner

15/09/06

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