Hallo, ich bin als Ausländerin nach Deutschland gereist. Nachdem ich das Flugticket besorgt hatte und der Tag kam, aus meiner Heimat wegzufliegen, habe ich mich nicht von meinen Eltern verabschiedet, keine Küsschen gegeben und mich am Flughafen nicht einmal umgedreht. Ich hatte nur einen Traum – ganz weit weg von Zuhause zu sein. Nicht etwa, weil ich ein schlechtes Verhältnis zu meiner Familie hatte oder irgendwelche Probleme, sondern, um etwas Neues, Interessantes zu erleben. Das war einfach mein Traum. Also nach Deutschland, nach Deutschland….

/Bild: privat. ‚Das blühende Zentrum von Almaty ‚/

Ich reiste nach Deutschland,
•    wo man weiß, was „Demokratie” bedeutet,
•    wo man Deutsch kostenlos lernen darf,
•    wo die Menschen das Wort „Urlaub” nicht nur kennen, sondern wirklich jedes Jahr irgendwohin fahren,
•    wo Frauen und Männer gleiche Rechte haben, sogar im privaten Leben,
•    wo der Vater sein Kind versorgt und sogar Erziehungsurlaub (Elternzeit) nehmen darf,
•    wo jeder Mensch an den anderen denkt
•    wo jeder Supermarkt und jedes Geschäft einen eigenen Parkplatz hat,
•    wo jeder Mensch seine Rechte kennt und für seine Taten vor dem Gesetz Verantwortung tragen muss (alle, egal wer man ist),
•    wo man ganz locker sein kann, wo niemand mit dem Finger auf dich zeigt,
•    wo man sogar bei der Wahl der Klamotten ganz locker ist,
•    wo man sich entscheidet, ob man wirklich heiraten will oder doch einfach so mit dem Geliebten zusammenwohnt,
•    wo man in der Winterzeit viele Möglichkeiten hat, einen Glühwein zu trinken,
•    wo man immer Bescheid weiß, wo man ein Kräuterbaguette kaufen kann,
•    wo es überall sauber ist und man nicht die Schuhe zu Hause auszuziehen braucht,
•    wo jede Familie nicht nur in der Küche, sondern auch im Keller noch zwei Gefrierschränke hat,
•    wo es überall, sogar in den Dörfern und Wäldern Radwege gibt,
•    wo es in den Dörfern keine Geschäfte gibt,
•    wo Strom und Wasser zu Hause nie abgeschaltet werden,
•    wo es ganz normal ist, wenn Menschen sich in einem Zug kennenlernen,
•    wo man nach den Einkäufen (die mit dem Auto hin- und hergefahren werden) klagt „Ich bin müde”,
•    wo jedes (Ehe-)Paar für sich selbst bezahlt,
•    wo das Bierland ist,
•    wo die Menschen sich selbst „Bierbauch” nennen,
•    wo BMW, Audi und Mercedes hoch geschätzt werden,
•    wo der Serengeti-Park ist, nämlich in Niedersachsen (man kann fast alle Tiere nicht nur füttern, sondern von ganz nah sehen und streicheln, kostenlos fotografieren und ein Serengeti-Buch mit nach Hause nehmen, in diesem riesengroßen Park kann man die Zeit mit viel Spaß verbringen und sich ganz toll erholen),
•    wo man die frühere Sowjetunion mit Wodka assoziiert,
•    wo Enten im städtischen Teich zuhause sind,
•    wo um das ganze Haus der Rasen gemäht wird,
•    wo sogar die Friedhöfe ganz sauber und gepflegt sind,
•    wo niemand weiß „WAS KASACHSTAN IST?”.

Die Fragen, die ich am meisten gehört habe: Ist das dort, wo überall Sand ist? Reiten dort alle Menschen auf einem Kamel? Wieso bist du in Deutschland? Ist bei euch das Leben in Not? und viele andere dieser Art. Offen gesagt: dumme Fragen. Daraufhin fragte ich immer: „Wissen Sie eigentlich, dass es auf der Erde mehr als nur Europa gibt?” Ich war immer enttäuscht und lud die Leute ein, zu uns zu kommen und sich zu überzeugen, dass mein Heimatland ganz grün ist und nicht im Sand versinkt. Die zweite Hauptstadt Kasachstans ist überhaupt etwas ganz Besonderes. Wortwörtlich aus dem Kasachischen übersetzt, bedeutet Almaty Apfelbaum. Die Touristen und Gäste aus verschiedenen Städten unseres Landes und aus dem Ausland bewundern die einzigartigen Sehenswürdigkeiten Almatys. Die schneeweißen Gipfel des Alataugebirges verleihen der Stadt ein unvergessliches Gepräge.

Nach einiger Zeit in Deutschland habe ich auch begriffen, was den Deutschen fehlt:

•    Menschlichkeit – die Deutschen sind offen und korrekt, aber immer etwas distanziert,
•    Erziehung – zu den Kindern streng zu sein und ihnen nicht alles zu erlauben,
•    Selbständigkeit,
•    Gastfreundlichkeit
•    Anstand in der Liebe und in den Beziehungen,
•    Egoismus muss weg,
•    Höflichkeit gegenüber älteren Menschen – in den öffentlichen Verkehrsmitteln aufzustehen und ihnen Platz anzubieten,
• Großartige Feiern mit reich gedeckten Tischen,
• Gutmütigkeit, keine Aggressivität gegenüber anderen Rassen (damit muss Schluss gemacht werden, wir sind alle gleich! Die Rassendiskriminierung kann man besonders in den größten Städten Deutschlands beobachten.)

Ich weiß, so mancher ist mit mir nicht einverstanden. Aber ich habe das alles selbst erlebt. Ich möchte nicht sagen, dass etwas schlecht ist. Nein – ich möchte nur, dass unsere Menschen in Kasachstan etwas Gutes von Deutschland übernehmen. Und umgekehrt kann Deutschland von Kasachstan etwas Gutes lernen. Zum Beispiel im weiteren Sinne „Gastfreundlichkeit”. Ich mag mein Heimatland sehr und ich möchte nur das Beste für uns alle. Vielleicht kommen wir doch noch vorwärts. Wie heißt es doch so schön: „Besser spät als nie”.

Von Ruchsaram Dschasybewa

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