Über Umweltschutz wird auch in Kasachstan geredet. Meinem Eindruck nach behauptet kaum jemand, dass hierzulande genügend darüber geredet wird. Immerhin ist Umweltschutz z. B. auch ein Lehrfach an Schulen und Hochschulen. Doch allzu oft bleibt es auch beim Reden.

Keinesfalls kann man behaupten, dass in dieser Frage genug getan würde. Das ist zweifelsfrei nirgendwo in der Welt so. Man kann da „leider” hinzufügen, aber der Fakt bleibt auf jeden Fall. Dabei ist es mittlerweile in offenen Gesellschaften weitgehend unumstritten, dass Umweltschutz keine zusätzliche Belastung für die Wirtschaft und die Gesellschaft mehr ist, sondern ein selbständiger Faktor des Wirtschaftswachstums. Die wachsenden Probleme in diesem Bereich bewirken zunehmend einen Innovationsdruck, also die Notwendigkeit des Findens neuer technologischer Lösungen beim Einsatz und der Wiederverwendung von Ressourcen aller Art. Das generiert neue Arbeitsplätze und damit mittelfristig auch Wachstums- und Exportchancen.

Das aktuelle Beispiel der Volksrepublik China mit seinem ungezügelten, aber einseitigem Wirtschaftswachstum zeigt klar die Notwendigkeit einer ausgewogenen Wachstumspolitik auf. Man kann nicht ungestraft zuerst die Wirtschaft entwickeln (und damit massenhaft Umweltbelastungen produzieren) und irgendwann „dann” sich daran machen, diese selbstgeschaffenen Umweltprobleme zu lösen. Eine solche Situation ist in Kasachstan aber umfassend gegeben. Umweltschutz wird von noch zu vielen Entscheidern eher als Belastung und als Kostenfaktor, denn als Entwicklungschance wahrgenommen.

Die Chinesen scheinen sich da in jüngster Zeit zu wandeln. Zumindest in der Gesetzgebung und in der Schaffung von Kontrollinstitutionen zeigt sich ein mentaler Wandel. Sicher passiert das nicht ohne den Zwang der Fakten. Der Gesundheitszustand der Bevölkerung in den industriellen Boomzonen des Riesenreiches hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten trotz deutlicher Zunahme des materiellen Wohlstandes eben nicht nennenswert verbessert. Das impliziert neben anderen Folgen auch zunehmende soziale Spannungen. Nun soll gegengesteuert werden und die Umweltpolitik als normaler Bestandteil in die große Politik integriert werden. Zwar ist mit diesen Plänen im Moment noch sehr wenig praktische Reduzierung entsprechender Belastungen verbunden, aber das mentale Umdenken hat dort auf jeden Fall begonnen. Kasachstan braucht nicht unbedingt nach dem Westen zu schauen. Der ist geografisch und technologisch einfach zu weit weg. Man kann auch von seinen unmittelbaren Nachbarn lernen, zumal sich diese in vieler Hinsicht in einer vergleichbaren Entwicklungsphase befinden.

18/11/05

Teilen mit:

Все самое актуальное, важное и интересное - в Телеграм-канале «Немцы Казахстана». Будь в курсе событий! https://t.me/daz_asia