Durch Schiefergas träumen eine ganze Reihe von Ländern davon, einmal unabhängig von Ölimporten zu werden. Den USA empfiehlt Kolumnist Bodo Lochmann jedoch, lieber einmal über das Sparen von Energie statt über neue Energieträger nachzudenken.


Nun träumt man in einer ganzen Reihe von Ländern davon, eines Tages weitgehend unabhängig von Importen aus dem Reich der Ölscheichs zu werden. Schiefergas heißt das große Zauberwort, ein Erdgas, das sich wie kleine Perlen in Gesteinen meist tief unter der Erdoberfläche versteckt und in durchaus großen Mengen vorhanden ist. Fracking heißt die Technologie seiner Förderung, eine umstrittene Methode, weil dabei auch große Mengen an Chemikalien in das Gestein gepresst werden müssen, die dann wiederum in das Grundwasser gelangen können.

Vor allem in den USA – dem gegenwärtig größten Verbraucher von Energieträgern – ist die Förderung von unkonventionellem Schiefergas schon weit entwickelt, das Land hat sich seither von einem Gasimporteur in einen Eigenversorger bei diesem Brennstoff entwickelt. Doch der Traum aller amerikanischen Präsidenten seit Jimmy Carter, die USA unabhängig von Ölimporten zu machen, wird wohl kaum in Erfüllung gehen. Schließlich ist Öl ein global gehandelter Rohstoff, der sich mehr oder weniger gut transportieren lässt, während Erdgas eher ein Energieträger mit lokaler Bedeutung ist. Es ist schwer zu lagern und auch nicht leicht zu transportieren. Durch Verflüssigung kann es zwar exportiert werden, doch eine ersthafte Konkurrenz zum Erdöl hat sich bisher nicht ergeben und ist auch nicht absehbar. So hat der Wandel der USA zum Gaseigenversorger die weltweiten Ölpreise um keinen einzigen Cent gedrückt. Das, was die USA an Ölimporten vermeiden konnten, haben die energiehungrigen Staaten in Asien, vor allem China und Indien, längst wieder ausgeglichen.

Dennoch bleibt für die USA der Gedanke, das Schiefergas regional zum Erdölersatz zu machen, sehr attraktiv. Doch auch hier gibt es, wie so oft, in der Beziehung zwischen Wirtschaft und Politik ein Auseinanderklaffen zwischen der politisch gewollten und ökonomisch sinnvollen Perspektive. Zum einen hat die US-Energiebehörde ihre Schätzungen der nationalen Schiefergasreserven drastisch um fast die Hälfte gesenkt. Bei konstantem Verbrauch bedeutet das eine Reichweite von nur 20 Jahren, nicht von 100 wie ursprünglich einmal angenommen. Zudem sind die Erdgaspreise am dem amerikanischen Energiebinnenmarkt mit dem Beginn der Schiefergasförderung drastisch gefallen. Momentan ist es für die Unternehmen meist unrentabel, überhaupt zu fördern, geschweige denn langfristig in Förderanlagen zu investieren. Schuld daran ist das Überangebot an Methan durch das Fracking, der Markt bewegt sich am Rande eines Zusammenbruchs. Das die Unternehmen entgegen der wirtschaftlichen Vernunft dennoch unverdrossen weiter fördern und das Gas in riesengroße Tanks pressen, liegt daran, dass sie bei Einstellung der Förderung ihre entsprechende Lizenz verlieren würden. Die ersten Unternehmen, die das Schiefergas und seine Fördermöglichkeiten entdeckt und entwickelt haben, mussten inzwischen schon Insolvenz anmelden. Das betrifft auch hier, wie meist in vergleichbaren Phasen von komplexen Innovationsprozessen, eher kleine, aber besonders innovative Unternehmen. Die Energieriesen können demnach schon in Bälde zugreifen und sich die Filetstücke der Schiefergasproduktion sicher sehr preiswert einverleiben.

Schiefergas dürfte also kaum das geeignete Instrument sein, um die USA wenigstens teilweise von den hohen Ölimporten aus den OPEC-Ländern unabhängiger zu machen. Zwar sind in den letzten Jahren die Ölimporte der USA stetig gesunken, aber die Energieintensität des amerikanischen Way of live ist immer noch wesentlich höher als z. B. die Europas. Statt nach immer mehr Möglichkeiten der Ausdehnung der Förderung von Energieträgern, darunter auch in sehr sensiblen Naturschutzgebieten, zu suchen, sollten sich die USA mit Konsequenz den Fragen der effektiven Nutzung der eingesetzten Energien widmen. Hier ist das Potential enorm, auch weil rationelle Energienutzung eher verpönt ist und der Staat bisher kaum etwas für die Aufklärung in dieser Hinsicht tut. Nun kann man über Nacht nicht die Psychologie eines ganzen Volkes verändern, gleich gar nicht in einem Land wie den USA, wo alles vom Staat Kommende eher als Teufelszeug bewertet wird. Relative Energiesicherheit ist aber am ehesten und schnellsten durch rationelle Energienutzung zu erreichen, die zugleich noch enorme ökologische Effekte bewirken kann. Während man die Frage der Energieversorgung vielleicht doch eher als eine innere Angelegenheit der USA betrachten kann, gilt das für die negativen Umweltwirkungen des unnötig hohen Energieverbrauchs der USA nicht.

Bodo Lochmann

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