Der usbekische Diktator Islam Karimow verzichtet auf US-Stationierungskosten in Millionenhöhe, weil er sich nicht zu Reformen zwingen lassen will.

Der usbekische Diktator Islam Karimow geht auf Konfrontationskurs mit den USA. Binnen eines halben Jahres sollen die US-Truppen die Ende 2001 eingerichtete Luftwaffenbasis Karschi-Chanabad (US-Codename „K-2“) räumen. Die Basis ist ein wichtiger Knotenpunkt für Einsätze im Irak und Afghanistan.

Das Ultimatum aus Taschkent steht in Zusammenhang mit der Evakuierung von 451 usbekischen Flüchtlingen, die Ende vergangener Woche über die kirgisische Hauptstadt Bischkek nach Rumänien ausgeflogen worden waren. Die Flüchtlinge hatten sich nach dem Massaker im usbekischen Andischan am 13. Mai nach Kirgisien gerettet. Die Ausreise kam auf Vermittlung von amerikanischen Diplomaten und Vertretern des UN-Flüchtlingskommissariats zustande. Das Regime in Taschkent hatte „die so genannte humanitäre Evakuierung“ als Einmischung in die inneren Angelegenheiten kritisiert. Unter den Flüchtlingen befänden sich zahlreiche Terroristen und Kriminelle, welche das Gefängnis von Andischan gestürmt hätten, hieß es aus Taschkent.

USA und Europäische Union hingegen sehen die eigentlich Kriminellen in Usbekistans Hauptstadt Taschkent am Werk und dringen auf eine Reform des politischen Systems. So teilte die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) in einer Presseerklärung mit, man werde in Usbekistan keine neue Projekte auflegen, da es „im politischen Umfeld keine Fortschritte“ gäbe.

Es ist ungewöhnlich, dass Politik und Wirtschaft gegenüber einem diktatorischen Regime an einem Strang ziehen. Aber im Fall Usbekistan deutet einiges darauf hin, dass der Westen den diktatorischen Machenschaften des usbekischen Präsidenten nicht weiter tatenlos zusehen will.

Im zentralasiatischen Land befindet sich seit Beginn des Anti-Terror-Krieges auch ein Luftwaffenstützpunkt der Bundeswehr. Islam Karimow, der bis zum Ende der Sowjetunion die Kommunistische Partei in Usbekistan leitete und seitdem ununterbrochen Präsident des Landes ist, wurde 2001 zum wichtigsten Verbündeten der USA in der Region. Der verfallene, ehemalige Stützpunkt der sowjetischen Luftwaffe im usbekischen Karschi-Chanabad war von US-Ingenieuren in Rekordzeit zu einer modernen Nachschubbasis umgebaut worden. Im Krieg gegen die Taliban hatte der Stützpunkt strategische Bedeutung. In Karschi-Chanabad wurden US-Flugzeuge aufgetankt. Von hier wurden humanitäre Güter über die Berge nach Nordafghanistan geliefert. Jährlich bekam Taschkent von den Amerikanern 50 Millionen Dollar Stationierungskosten.

Am 13. Mai diesen Jahres hatten dann usbekische Sondereinheiten gegen eine Demonstration im ost-usbekischen Andischan das Feuer eröffnet und mehrere Hundert Demonstranten getötet. 15 usbekische Flüchtlinge sitzen jetzt noch im Gefängnis der südkirgisischen Stadt Osch. Das UN-Flüchtlingskommissariat will auch die Evakuierung dieser Flüchtlinge nach Europa durchsetzen. Doch der kirgisische Generalstaatsanwalt Asimbek Beknasarow, der sich auf die Seite von Taschkent geschlagen hat, will die 15 Flüchtlinge auf jeden Fall an Usbekistan ausliefern, weil es „Verbrecher“ seien.

Dass Karimow die von der UNO und der OSZE geforderte unabhängige Untersuchungskommission zu den Ereignissen in Andischan nicht zulässt, verbietet ihm sein Selbsterhaltungstrieb. Wenn die Kommission den Tod von mehreren Hundert unschuldigen Menschen feststellt, wäre die politische Karriere von Karimow beendet.

Verteidigungsminister Donald Rumsfeld gibt sich gegenüber dem Ultimatum aus Taschkent gelassen. Die Basis in Karschi-Chanabad könne notfalls durch andere US-Basen in der Region ersetzt werden, erklärte er. Die Amerikaner könnten ihre Flugzeuge Richtung Afghanistan auch von ihrem Stützpunkt Manas nahe der kirgisischen Hauptstadt Bischkek starten lassen. Dies würde dann aber fast doppelt solange Flugzeiten bedeuten.

Dass Karimow die Amerikaner aus dem Land werfen will, hatte sich bereits auf dem Gipfel der Schanghai-Organisation für Zusammenarbeit Anfang Juli angekündigt. In der Organisation sind Russland, China, Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan und Usbekistan zusammengeschlossen. Der Gipfel hatte eine Resolution verabschiedet, in der USA aufgefordert wurden, einen Zeitrahmen für die Stationierung der Basen in Zentralasien zu nennen. Karimow hatte erklärt, jetzt, wo der friedliche Wiederaufbau in Afghanistan abgeschlossen sei, müssten die Amerikaner aus Usbekistan abziehen. Zu vermuten ist, dass Russland diesen Wunsch unterstützt, um seinerseits seine strategische Position in der Region wieder zu verbessern.

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte unverzüglich eine Rundreise durch mehrere zentralasiatische Staaten angetreten, Taschkent ließ er allerdings aus. Die kirgisische Führung konnte Rumsfeld umstimmen. Die Amerikaner dürfen auf ihrem Stützpunkt in Manas bei Bischkek bleiben, müssen aber mehr Geld bezahlen. (n-ost)

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US-Basen in Zentralasien

Usbekistan

Der US-Luftwaffenstützpunkt in Karschi-Chanabad („K-2″) wurde im Oktober 2001 eingerichtet. Auf dem Stützpunkt sind heute 1.500 US-Soldaten und 30 Transportflugzeuge vom Typ C-130N und C-17 stationiert.

Kirgisien

Der US-Luftwaffenstützpunkt Manas in der Nähe der kirgisischen Hauptstadt Bischkek wurde im Dezember 2001 eingerichtet. Heute sind hier 1.000 US-Soldaten, neun Auftankflugzeuge vom Typ KC-135 und Transportflugzeuge vom Typ C-130 stationiert. Die Basis Manas kostet die USA jährlich 50 Millionen Dollar.

Tadschikistan

Von September 2001 bis zum Juni 2002 starteten mehr als 400 US-Transportflugzeuge vom Typ C-17 von dem Flugplätzen Ajni nahe der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe. Wenn die USA ihren Stützpunkt vom usbekischen Karschi-Chanabad nach Duschanbe verlegen würden, hätte dies einen logistischen Vorteil. Von Duschanbe nach Kabul sind es per Luftlinie nur 450 Kilometer. Von Karschi-Chanabad sind es Luftlinie 580 Kilometer und von Manas 1.000 Kilometer bis Kabul.

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