Kasachische Bräuche wie „Schaschu“, „Süyinschi“ oder „Bata“ spiegeln die tiefe Herzlichkeit und Weisheit einer jahrhundertealten Kultur wider. Sie feiern das Leben, verbinden Menschen und vermitteln Werte wie Großzügigkeit, Respekt und Gemeinschaft. Der Artikel lädt dazu ein, die lebendigen Traditionen Kasachstans kennenzulernen – und ihren zeitlosen Zauber zu entdecken.

Eine der schönsten, fröhlichsten und interessantesten Traditionen der Kasachen ist „Schaschu“ (Шашу auf Kasachisch). „Schaschu“ ist ein wahrlich alter kasachischer Brauch, dessen Bezeichnung auf Kasachisch „zerstreuen“ oder „auswerfen“ bedeutet. Es handelt sich dabei um den Brauch, bei dem aus freudigen Anlässen Süßigkeiten und Münzen den Gästen zugeworfen werden. Die Gäste müssen diese Süßigkeiten unbedingt aufsammeln, was wiederum eine tiefere Bedeutung hat, denn wer Schaschu aufhebt, der wird auch in seinem eigenen Zuhause das Glück erleben.

Oft wird Schaschu geworfen, wenn ein junger Mann seine Braut nach Hause bringt oder wenn Gäste zu einem freudigen Ereignis wie einer Hochzeit, einem Einzug in eine neue Wohnung oder anlässlich guter Nachrichten eingeladen werden. Dann tritt eine ältere, von allen respektierte Frau – meist eine Großmutter – mit einer Schale voller Süßigkeiten, Münzen oder, wie es früher üblich war, Körner hervor. Sie wirft diese den Gästen zu und ruft dabei „Schaschu“.

Besonders für Kinder ist es ein großer Spaß, die Süßigkeiten einzusammeln. Diese Tradition ist bis heute lebendig, sowohl auf dem Land als auch in der Stadt.

Eine frohe Botschaft

Süyinschi oder Süjinschi (auf Kasachisch Сүйінші) ist eine weitere kasachische Tradition, die die Kasachen von Geburt an begleitet. Wenn jemand eine gute Nachricht – wie die Geburt eines Kindes – mitteilen möchte, beginnt er mit den Worten „Süyinschi“, was bedeutet: Ich bringe gute Nachrichten. Ich komme mit einer frohen Botschaft.

Als Antwort darauf kann der Empfänger der Nachricht dem Überbringer ein kleines Geschenk machen oder fragen, wie er sich revanchieren kann. Dabei geht es nicht um teure Geschenke, sondern um eine symbolische Geste der Dankbarkeit, die für den Gastgeber leicht zu erfüllen ist.

Früher eilten die Leute ins Haus, um die erste Person zu sein, die eine frohe Botschaft überbrachte – denn sie wussten, dass sie dafür belohnt werden würden. „Süyinschi surau“ bedeutet wörtlich „um Freude bitten“. Es ist ein Zeichen von Großzügigkeit und Respekt gegenüber einer guten Nachricht.

Zu Ehren dieser Tradition wurde in Kasachstan im Jahr 2018 eine Gedenkmünze mit dem Titel „Süyinschi“ – „Сүйінші“ herausgegeben. Sie ist Teil der Serie „Bräuche und nationale Spiele Kasachstans“, die dem kulturellen Erbe gewidmet ist.

Gastfreundschaft und Kulturen vereinen

„Körimdik“ (Көрімдік auf Kasachisch) ist eine weitere Tradition, die nicht nur bei den Kasachen, sondern auch bei den Uiguren, Kirgisen und anderer Ethnien in Kasachstan gepflegt wird. Es handelt sich dabei um ein Geschenk, das jemandem gemacht wird, wenn er seine Freude oder etwas Neues zeigt. Oft wird Körimdik in Form von Geld gegeben.

Zum Beispiel, wenn jemand ein neues Auto gekauft hat oder ein neugeborenes Kind zeigt, gibt man ihm Körimdik. Bei den Uiguren heißt es „Korunduk“, was „gesehen“ oder „gezeigt“ bedeutet. Diese schöne und verbindende Tradition ist im ganzen Land verbreitet und bringt Kulturen zusammen.

„Sarkyt“ (Сарқыт auf Kasachisch) ist eine der bekanntesten und beständigsten Traditionen in der kasachischen Gastfreundschaft. Sarkyt bezeichnet Speisen, die nach einem Festmahl mitgegeben werden. Für viele Kasachen ist es der Geschmack der Kindheit, von Festen und Wiedersehen.

Diese Tradition reicht bis in die Zeit der Nomaden zurück, als man dem Reisenden Proviant für seinen langen Weg mitgab. Sie war Ausdruck der Weisheit des Lebens in der Steppe, in der gegenseitige Hilfe und Fürsorge notwendig waren, weil jeder einmal selbst auf Hilfe angewiesen sein konnte.

Diese Form der gegenseitigen Unterstützung ist ein Teil des kulturellen Kreislaufs. Bis heute gibt es kein Fest in Kasachstan ohne Sarkyt. Es ist ein Zeichen der Dankbarkeit und des Respekts gegenüber jedem Gast. Sarkyt zu geben bedeutet, Freude und Wärme zu teilen, ein Symbol der Großzügigkeit der kasachischen Seele, die über 140 Ethnien in einem Schanyrak – hier im Sinne von „unter einem gemeinsamen Dach“ – vereint hat.

Weisheit und Tradition weitergeben

Bata (Бата беру auf Kasachisch) ist nicht nur ein Segen, sondern auch eine Art, Weisheit, Kultur und Tradition weiterzugeben. Es wird geglaubt, dass Bata einem Menschen in schwierigen Zeiten hilft und ihn auf den richtigen Weg führt.

Ein kasachisches Sprichwort besagt: „Жаңбырмен жер көгерер, батамен ел көгерер“ – „Mit Regen wächst das Land, mit Segen wächst das Volk“. Und: „Батасыз, тілексіз өмір болмайды“ – „Ein Leben ohne Segen und Wünsche ist kein Leben“.

Bata ist ein nationaler Segen, ausgedrückt in guten Wünschen und ermutigenden Worten. Meistens wird dieser Brauch bei einem Festmahl, vor wichtigen Ereignissen oder vor einer weiten Reise praktiziert.

In der Regel geben ältere, erfahrene Menschen den Segen. Es gibt viele Arten von Bata, zum Beispiel: „Ақ бата“ – „Aq bata“ – ein Aufruf zu Güte, Einigkeit und zum Streben nach dem Guten.

„Дастарқан бата“ – „Dastarqan bata“ – ein sakraler Wunsch, dass der Tisch immer reich gedeckt ist, dass genug für alle da ist und Bedürftige Hilfe erhalten.

„Сәбиге бата“ – „Säbige bata“ – ein Segen für ein Baby, damit es stark, gesund und gut wird.

„Жастарға бата“ – „Jastarga bata“ – ein Segen für die Jugend, damit sie die Älteren achtet und ihre Eltern ehrt.

„Ер балаға ақ тілек“ – „Er balağa aq tilek“ – ein Segen für den Sohn, dass er ein großer Mensch und ein guter Patriot wird.

Kurz gesagt, „Bata beru“ ist der Segen eines weisen Älteren, eine Ermutigung, ein Wunsch für einen guten Anfang und ein gutes Ende. Dabei führen alle Anwesenden ihre Handflächen über das Gesicht und sagen zum Schluss „Aumin“, was so viel heißt wie „So sei es“.

Alle kulturellen Traditionen, die auf positive Werte und Ermutigung abzielen, können nicht nur vom ursprünglichen Volk gelebt, sondern auch von anderen Kulturen übernommen werden, um das Menschliche zu stärken und gute Taten zu fördern.

Rukhsaram Seitova

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