Das Deutsche Theater hat in Kasachstan eine lange Tradition. Mit dem Jugendtheaterfestival der deutschen Minderheit wird diese weitergeführt und neubelebt. Mitte Mai fand es zum ersten Mal statt und überraschte mit ungewöhnlichen Aufführungen.

 „Theater. Deutsch. Jugend“ heißt das Theaterfestival der Deutschen Jugendtheatergruppen Kasachstans, das anlässlich des 30. Geburtstags der Vereinigung „Wiedergeburt“ ins Leben gerufen worden ist. Vom 16. bis zum 19. Mai fand es erstmals in der Hauptstadt Nur-Sultan (Astana) statt. Neun Theatergruppen aus dem ganzen Land waren angereist, um ihr Können auf der Bühne des Kuanyschbajew-Theaters zu präsentieren. Am Ende konnte das Ensemble des Jugendklubs „Bunt“ aus Aksu, in der Nähe von Pawlodar, den Hauptpreis mit nach Hause nehmen.

 „Bisher hatte ich keine Erfahrung mit einer deutschsprachigen Theatertruppe. Obwohl wir erst am 1. April – also eigentlich viel zu spät – mit den Vorbereitungen angefangen haben, war unser Debüt  überraschend gut“, erzählt die Darstellerin Larissa Nagornaja aus Aksu. Bevor sie mit den Proben beginnen konnten, mussten sie erst einmal junge Deutschlerner zusammenbringen, die Lust auf Theater hatten.

Für die Aufführung wählte die Truppe das Stück „Das Sternbild der streunenden Hunde“ des russischen Schriftstellers Mark Asow. Im Zentrum der Geschichte steht ein Rudel Hunde. Sie erhalten menschliche Charakterzüge: Sie streiten, verlieben sich, freunden sich an. Und warten auf ein Herrchen oder Frauchen, das ihnen ein richtiges Heim gibt. Sie leben in einer Schlucht, welche jedoch zugeschüttet werden soll, damit neue Gebäude entstehen können. In der Angst, ihr bisheriges Zuhause zu verlieren, erheben sie sich gegen die Menschen.

Jugendtheaterfestival
Erster Platz beim Jugendtheaterfestival in Nur-Sultan: Die Truppe aus Aksu.

Nagornaja erklärt, warum sie gerade dieses Stück ausgewählt haben: „Ich habe es bereits auf Russisch mit meiner Truppe aus dem Theater „Blauvogel“ inszeniert. Wir hatten also bereits die notwendigen Kostüme und Requisiten. Die größte Schwierigkeit war es, den Text ins Deutsche zu übersetzten. Außerdem reichten die Sprachkenntnisse nicht aus, um etwas auf Deutsch aufzuführen.  Aber wir haben viel geprobt und jede Zeile einzeln übersetzt. Eine Besonderheit unserer Aufführung war die Choreographie von Madina Amirchanowa.“ Der Darsteller des „lahmen Hundes“,  Wladimir Serajakow, ergänzt: „Die Vorbereitung war aufrgund des deutschen Texts sehr schwierig, obwohl ich schon ein paar Mal in ähnlichen Stücken mitgespielt habe.“

50 Minuten lang dauerte die Inszenierung der „bunten“ Truppe, zu der acht Jugendliche gehören. Die Jury, bestehend aus Jelena Wownowa vom Deutschen Theater Kasachstan, Oxana Loidowa von der LmdR und der Goethe-Sprachassistentin Lilia Kirsch, bewertete die jeweiligen Aufführungen nach 20 Kriterien, zum Beispiel „bestes Deutsch“ oder „bestes Bühnenbild“. Die junge Schauspielerin Xenia Reichel, die den Pudel spielte, erhielt den Preis für die „Beste weibliche Rolle“. „Die anderen Truppen haben im Vergleich zu uns viel mehr Erfahrung und auch bessere Sprachkenntnisse“, meint Serajakow. „Doch wir hatten eine bessere Dynamik, sehr gute Tänze und einen anspruchsvollen Text. Das hat uns geholfen zu gewinnen“, glaubt er.

Neben den Aufführungen hatten die Jugendlichen während des Festivals auch die Möglichkeit, an verschiedenen Workshops teilzunehmen, zum Beispiel zu Regieführung, Bewegung auf der Bühne  oder Theaterschminke. Serajakow möchte dem Theater auf jeden Fall treu bleiben und an anderen Stücken mitwirken. Das plant auch Nagornaja und möchte zudem unbedingt ihr Deutsch verbessern.

Helena Garkava

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