Am 15. Mai 2002 ist die erste Boeing 737 der Air Astana von Almaty nach Astana geflogen. Kasachstans Fluggesellschaft Nummer Eins wird dieser Tage fünf Jahre alt. Grund genug für DAZ-Redakteurin Cornelia Riedel, mit dem Deutschen Oliver Mathwich, Manager Ground Services bei einer der jüngsten internationalen Fluggesellschaften, zu sprechen.
Herr Mathwich, gestatten Sie eine Frage zu Beginn: Wie kommt ein Deutscher dazu, für eine kasachische Fluggesellschaft zu arbeiten?
Mich hat schon immer an der Luftfahrt fasziniert, dass es eine so internationale Branche ist. Und das Besondere an Air Astana ist natürlich, dass es eine Fluggesellschaft eines Landes im Aufbruch ist. Was Airlines mit einer 50jährigen Geschichte wie Lufthansa in den letzten 15 Jahren geschafft haben, versuchen wir in fünf Jahren aufzuholen. Die Möglichkeiten, die ich als Manager hier habe, die hätte ich in Deutschland oder bei einer westlichen Airline sicher nicht. Air Astana ist ja keine rein kasachische Fluggesellschaft, wenn auch der Großteil unserer 2.000 Mitarbeiter Menschen aus Kasachstan sind. Air Astana hat zwei Shareholder, die Regierung Kasachstans und BAE Systems PLC, ein britischer Rüstungs- und Luftfahrtkonzern.
Was genau ist ihre Aufgabe bei Air Astana?
Ich bin Manager Ground Services, also für alles verantwortlich, was außerhalb des Flugzeuges abläuft. Dazu gehört der Flughafenbetrieb, die Abfertigung der Passagiere und der Fracht und die ordnungsgemäße Beladung der Maschinen, also fast alles außer dem Catering, der Verpflegung an Bord. So bin ich beispielsweise auch dafür verantwortlich, dass unsere Mitarbeiter sich weiterbilden und Air Astana einen guten Service am Boden anbietet. Wobei die wichtigste Aufgabe die Gewährleistung eines sicheren Flugbetriebes in meinem Bereich ist.
Was sind die Ziele und besonderen Herausforderungen Ihrer Arbeit?
Ganz wichtig ist für uns, die Kundenzufriedenheit und internationale Standards der Luftfahrt zu erreichen und einzuhalten. Wir sind Mitglied der IATA; das ist die Internationale Flug- und Transport-Vereinigung. Das Ziel der IATA ist die Förderung des sicheren, planmäßigen und wirtschaftlichen Transportes von Menschen und Gütern in der Luft sowie der Zusammenarbeit aller an internationalen Lufttransportdiensten beteiligten Unternehmen. Als Mitglied der IATA ist es für uns beispielsweise eine Herausforderung, auf den Regionalflughäfen Kasachstans internationalen Standards zu genügen. Das fängt bei den Englischkenntnissen des Personals an. Und wenn das örtliche Personal die Anforderungen nicht erfüllt, helfen wir schon mal mit Air-Astana-Mitarbeitern aus. Eine Herausforderung war für uns beispielsweise auch der wegen Nebels geschlossene Flughafen um den 11. Februar in Almaty. Denn so ein Ereignis hat Auswirkungen auf den Flugverkehr weltweit, und natürlich gab es da dutzende Beschwerden, mit denen wir umgehen mussten.
Besonders unsere deutschen Leser erinnern sich an den Streit um die Lufthansaflüge, die per Staatsräson von Almaty nach Astana verlegt werden sollten. Wie arbeiten sie als teils staatliche Fluggesellschaft Kasachstans, mit welchen Einschränkungen kämpfen Sie?
Einzige Kritik, die mir bekannt ist, sind unsere Flugzeug- und Flughafendurchsagen auf Kasachisch, denn unsere Flugbegleiterinnen haben manchmal einen Akzent im Kasachischen. Jetzt haben wir diese Durchsagen akzentfrei auf Tonband aufgenommen, das ist natürlich leider nicht mehr so persönlich. Aber wir bieten beispielsweise kostenlose Kasachisch-Kurse für unsere Mitarbeiter an. Eine Herausforderung ist für uns immer noch der Flugbetrieb in den Regionalflughäfen, wo mancherorts die sowjetische Luftfahrt noch sehr präsent ist. Da müssen noch viele Sachen modernisiert werden. Manchmal ist es auch einfach die Rechtslage, die Dinge schwierig macht. So ist es beispielsweise gesetzlich festgeschrieben, dass jeder Fluggast ein Ticket braucht. Grundlage der ab Sommer auch im Internet buchbaren e-Tickets ist aber, dass ein Passagier, der online oder im Reisebüro einen Flug gebucht hat, auch nur mit seinem Ausweis berechtigt ist, die Reise anzutreten. Auch ist vielerorts die Technik der sowjetischen Flugzeugabfertigung nicht auf die modernen Maschinen der Air Astana ausgelegt. Hier arbeiten wir mit den Flughäfen und den kasachischen Behörden eng zusammen, um auch da internationale Standards zu schaffen.
Herr Mathwich, Air Astana hat mehr als andere Fluggesellschaften Spätaussiedler und Deutschstämmige Kasachstans zur Kundschaft. Sieht sich Air Astana als Fluggesellschaft der Russlanddeutschen?
Ohne Zweifel sind Russlanddeutsche eine wichtige Zielgruppe für uns aus Deutschland. Besonders auf den Flügen von Karaganda und Kostanai nach Hannover und Frankfurt sind der überwiegende Teil unserer Fluggäste Deutschstämmige oder Leute aus Kasachstan, die ausgereiste Bekannte und Verwandte in Deutschland besuchen wollen. Doch der Anteil internationaler Gäste auf diesen Routen nimmt stetig zu. Zusätzlich arbeiten wir unter Hochdruck daran, Astana als Drehkreuz für Deutschland-Flüge umzugestalten. Unser Ziel ist es, das alle unsere Fluggäste, die von Deutschland nach Aktobe, Ust-Kamenorgorsk, Semey, Petropawlowsk, Pawlodar, Kostanai, Almaty und andere Ziele in Kasachstan weiterfliegen, schon in Deutschland ihre Boardkarte bekommen und das Gepäck bis zum Zielort abfertigen können. Der Kunde kauft also ein Ticket Hannover–Pawlodar, und in Hannover bekommt er seine Boardkarte auch gleich für den Anschlussflug von Astana, inklusive Sitzplatz. Bei der Ankunft in Astana müssen die Fluggäste nur die Einreiseformalitäten für Kasachstan erledigen und können somit dann die Umsteigezeit sinnvoll nutzen. Am Ankunftsort haben unsere Kunden dann keine weiteren Formalitäten mehr zu erledigen.
Welche Ziele hat Air Astana noch im Jubiläumsjahr?
Eine meiner Hauptaufgaben im Moment ist die Einführung des e-Tickets. Ab August können unsere Fluggäste dann ihre Tickets für alle internationalen Routen ab Almaty und Astana online buchen und nur mit ihrem Ausweis oder der ausgedruckten Bestätigung am Flughafen erscheinen. Ab Ende des Jahres wird das auch für alle Inlandsflüge möglich sein. Dazu präsentieren wir im Juli unsere neue Internetseite, über die man sich dann auch zu einem späteren Zeitpunkt online einchecken kann. Wir wollen vor allem auch an unserem Erscheinungsbild arbeiten und optisch auf den Regionalflughäfen präsent sein. Des weiteren planen wir in diesem Jahr die Einführung eines Vielfliegerprogramms. Dann kann man auf Air-Astana-Flügen Punkte sammeln und diese gegen Freiflüge einlösen.
Herr Mathwich, vielen Dank für das Gespräch!
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Oliver Mathwich wurde 1970 in Hannover geboren. Der gelernte Reiseverkehrskaufmann arbeitete schon während seiner Ausbildung am Flughafen Hannover und übernahm 1997 einen Leitungsposten auf dem deutschen Airport Köln/Bonn. Ab 2003 arbeitete Mathwich für zwei Jahre bei einer Unternehmensberatung für die Luftfahrt. Seit 2005 ist Oliver Mathwich bei Air Astana, seit 2006 lebt er in Almaty.
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18/05/07