Seit über zwei Jahren arbeiten Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan an einer Nominierung der Stätte, die sich über das Territorium aller drei Länder erstreckt. Nun wurden die Unterlagen erfolgreich in Paris eingereicht. Bis zur Entscheidung durch die UNESCO ist es zwar noch ein weiter Weg. Mit einer möglichen Einschreibung würde jedoch eine Lücke geschlossen – die winterkalten Wüsten sind derzeit das einzige Biom der Welt ohne eine einzige Weltnaturerbestätte.

Kasachstan hat am Freitag gemeinsam mit Turkmenistan und Usbekistan die Aufnahme der „Winterkalten Wüsten von Turan“ in die Weltnaturerbe-Liste beim Welterbe-Zentrum UNESCO in Paris beantragt. Das eingereichte Nominierungs-Dossier und das gemeinsame Memorandum of Understanding (MoU) enthalten Unterschriften von Vertretern aller drei Länder. Die transnationale Stätte umfasst 15 Komponenten in 7 Schutzgebieten auf dem Gebiet Kasachstans, Turkmenistans und Usbekistans. Die gemeinsame Einreichung bezeichnen die Antragsteller als „gutes Beispiel für transnationale Kooperation im Geiste der UNESCO, die zu einem friedlichen Nebeneinander in Zentralasien beiträgt“.

Wissenschaftlich und organisatorisch wird die Nominierung von der Greifswalder Michael Succow Stiftung (MSS) im Rahmen der Central Asian Desert Initiative (CADI) unterstützt. Durchführungspartner der CADI-Initiative sind neben der MSS die Universität Greifswald und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen. Das Bundesumweltministerium finanziert die Initiative wie auch die Nominierung im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative.

 Außergewöhnlicher universeller Wert

Kasachstan hat das Staatliche Naturreservat Barsakelmes (Zapovednik) im Gebiet Aral und den Nationalpark Altyn-Emel im Gebiet Almaty nominiert. Usbekistan schlägt unter anderem den Nationalpark Süd-Ustjurt vor, Turkmenistan die Naturreservate Repetek und Gaplangyr. Die nominierten Schutzgebiete zeichnen sich durch einen „außergewöhnlichen universellen Wert“ (engl. outstanding universal value, kurz OUV) aus, der die Nominierung als Welterbestätte begründet.

Die Sandkatze ist bestens an ihre Umgebung angepasst.

Die winterkalten Wüsten in der gemäßigten Zone sind von extremen Klimabedingungen und einer sehr speziellen wie endemischen Biodiversität geprägt. Flora und Fauna in dem Gebiet sind an extreme Trockenheit und Hitze im Sommer sowie heftige Kälte in den Wintermonaten angepasst.

Weltbekannt sind etwa die Saxaul-Wälder, die auch mit Blick auf den fortschreitenden Klimawandel eine wichtige Funktion als CO2-Senke ausüben. In ihrem Nominierungsdossier gehen die Autoren unter anderem auf diesen Aspekt als Begründung ein.

Weltweit einzigartig ist auch der Sukzessionsprozess, der derzeit im Naturreservat Barsakelmes beobachtetet werden kann: Die Neubesiedlung des ausgetrockneten Bodens des Aralsees durch Flora und Fauna lässt hier die jüngste Wüste der Welt – die Aralkum-Wüste – entstehen.

Jubel über die Nominierung? Ein Wüstenwaran in seinem zentralasiatischen Lebensraum

Auch heben die Autoren die Rolle der Stätte als einzigartigen Lebensraum für bedrohte Tierarten hervor: „Morphologische und physiologische Anpassungen sowie Anpassungen des Verhaltens sichern das Überleben des Tierlebens, und saisonale Wanderungen großer Säugetiere sind ein grundlegender fortlaufender Prozess in den winterkalten Wüsten von Turan.“ So stellen die Wüsten einen der wenigen Orte auf der Welt dar, an dem Huftiere wie Kulan, Kropfgazelle, Saiga-Antilope und Urial jährlich wandern.

Welterbekomitee entscheidet erst 2023

Bereits Anfang Februar 2021 hatten Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan die Winterkalten Wüsten von Turan auf ihre nationalen Vorschlagslisten („tentative list“) für die Nominierung gesetzt, die nun erfolgte. Den Grundstein für das gemeinsame Vorgehen legten Vertreter der drei Staaten bereits im Januar 2020. Damals kamen auf Einladung der CADI-Initiative 25 Experten auf der Ostseeinsel Vilm bei einem Workshop zusammen, um eine mögliche Nominierung der Stätte als Weltnaturerbe zu diskutieren. Am Ende stand eine Deklaration, in der die Teilnehmer den Willen bekundeten, eine serielle transnationale Nominierung zu initiieren.

Trotz des Erfolgs vom Freitag haben die Initiatoren der Nominierung noch einen weiten Weg vor sich. Vom eingereichten Antrag bis zur Eintragung in die Welterbeliste dürften noch mindestens anderthalb Jahre vergehen. Im Rahmen des weiteren Prozesses ist u. a. eine Evaluierungsmission seitens der Weltnaturschutzunion IUCN vorgesehen, bei der sich Experten die nominierten Gebiete vor Ort ansehen. Der Entscheid wird schließlich auf der 46. Sitzung der UNESCO-Welterbekomitees verkündet. Dabei sind verschiedene Urteile möglich – von einer direkten Eintragung über eine Bitte um Nachbesserung bis hin zur Ablehnung.

Christoph Strauch

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