China hat gigantische Devisenreserven angehäuft. Damit hat das Land ein Luxusproblem: Kolumnist Bodo Lochmann geht der Frage nach, wo China sein Geld am gewinnbringendsten anlegen kann.

China mit seinen 1,3 Milliarden Konsumenten gilt gemeinhin als der Absatzmarkt Nr. 1 der Zukunft. Viele europäische, amerikanische und japanische Unternehmen rangeln seit langem um die besten Positionen in dem wirtschaftlich noch zweigeteilten Land.

Auf der anderen Seite ist die chinesische Wirtschaft infolge ihrer hohen Ausfuhren, der enormen Außenhandelsüberschüsse und der dahinterstehenden aggressiven Politik des Eroberns von Exportmärkten um fast jeden Preis der große Angstmacher auf den Weltmärkten. Und wirklich haben chinesische Firmen in einer ganzen Reihe von Branchen die bisherigen Platzhirsche erfolgreich angegriffen und auf hintere Plätze verdrängt. Deutsches Paradebeispiel mit negativem Vorzeichen ist in dieser Hinsicht die Solarbranche. Die technologisch einst und auch heute noch teilweise führenden Deutschen sind nicht mehr Weltmarkt führer. Diese Position haben chinesische Firmen eingenommen, die mittlerweile auch den deutschen Markt für diese Technik beherrschen.

Als Konsequenz daraus, dass über viele Jahre die Erlöse aus dem Export die Aufwendungen für den Import Chinas sehr stark überwogen haben, wurden in China Devisenreserven in Höhe von unglaublichen 3,38 Billionen Dollar angesammelt. Das Land ist damit absolut immun gegen eventuelle internationale Finanzkrisen und ist ein heiß umgarnter potentieller Finanzier, denn diese gewaltige Geldsumme muss natürlich angelegt werden. Schätzungsweise die Hälfte dieses Geldes ist in amerikanischen Staatsanleihen angelegt, womit China den wirtschaftlichen Hauptkonkurrenten nicht unwesentlich mitfinanziert und über Wasser hält. Die andere Hälfte ist in anderen Währungen notiert, darunter ein großer Batzen in Euro. Problem für die Chinesen ist nun, dass gerade diese beiden Hauptwährungen momentan schwächeln, man sich der erwarteten Erträge und der Rückzahlung der investierten Summen also nicht mehr sicher sein kann. Deshalb weitet Chinas Nationalbank nun die Suche nach anderen Währungen aus und ist unter anderem auch an Anlagen beim anderen Konkurrenten – Japan – interessiert.

Doch damit wird sich das Problem der horrend hohen internationalen Reserven nicht lösen lassen, und unbegrenzt weiterwachsen lassen ist auf Dauer keine Lösung. Wäre ein wirklich freier Wechselkurs des chinesischen Renimbi gegeben, würde der Devisenmarkt diese Frage durch eine drastische Aufwertung der chinesischen Währung praktisch automatisch beheben. Exporte würden in nationaler Währung so teurer und Importe billiger – der Außenhandelsüberschuss würde sinken. Doch am Export hängen in China noch zu viele Arbeitsplätze, so dass die Regierung einen solchen Kurs aus Gründen der inneren Stabilität nicht fahren kann. Hier macht sich nun der Nachteil des bisherigen Wirtschaftskurses Chinas bemerkbar: die ziemlich einseitige Orientierung auf die Exportmärkte unter Vernachlässigung der Binnenmärkte. Diese können im Moment einen deutlichen Rückgang der Exporte nicht ausgleichen.

Zudem muss die chinesische Nationalbank für jeden ins Land kommenden Dollar eine entsprechende Summe Renimbi in Umlauf bringen, was die Inflation in unerwünschtem Maße anheizt.

Nun gibt es aber Anzeichen, dass sich in Chinas Devisenpolitik etwas zu ändern scheint. Erstmals sind in den letzten Monaten die Devisenreserven nicht gestiegen, sondern gesunken. Folglich hat es im Saldo einen Abfluss gegeben, was allgemein als Hinweis auf geringeres Vertrauen in die Wirtschaftsentwicklung eines Landes gewertet wird. Auch chinesische Unternehmen selbst scheinen nicht mehr voll von ihrem Mutterland überzeugt und investieren lieber im Ausland oder legen dort ihr Geld an. Fakt ist, dass Chinas Handelsüberschuss schnell abnimmt und wohl nicht auf Dauer so hoch bleiben wird, wie bisher. Das hat auch seine Ursache darin, dass die US-Wirtschaft versucht, das große amerikanische Defizit im Chinahandel geringer zu machen oder gar auszugleichen. Den Amerikanern ist sowieso nicht wohl zu Mute, weil sie beim kommunistischen Erzrivalen so hoch in der Kreide stehen.
Die gegenläufigen Entwicklungen – der chinesische Außenhandelsüberschuss und das amerikanische Außenhandelsdefizit verringern sich – können für die Weltwirtschaft nur gut sein. Schließlich waren und sind die großen Disproportionen in dieser Frage eine Ursache für die aktuellen Weltwirtschaftprobleme. Vielleicht wird so die Welt in einiger Zeit wieder ruhiger.

Bodo Lochmann

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