Burger sind nichts Neues in Kasachstan. Trotzdem sorgte die Eröffnung des ersten McDonalds in Almaty 2016 für große Aufregung und lange Schlangen. Ein Blick in die Geschichte des Burgers in der ehemaligen Sowjetunion.

Es scheint mir, als gibt es seit einiger Zeit einen Trend in der kulinarischen Szene von Almaty: Burger. Inzwischen stehen Burger wohl auf der Speisekarte fast jeder Bar, jedes Restaurants oder Cafés. Auch Hamburger-Shops und Imbisse sprießen an jeder Ecke aus dem Boden und machen den zahlreichen türkischen Schawarma-Buden, die bis dahin den Schnellimbissmarkt der Stadt dominiert haben, Konkurrenz. Normalerweise versuche ich ja, hier in Kasachstan zu landestypischer Küche zu greifen, aber ab und an esse ich auch mal ganz gerne einen Burger.

Am 31. Januar 1990 begann eines der letzten Kapitel des inzwischen unaufhaltsam in den endgültigen Untergang schlitternden Sowjetreichs. An diesem Tag wurde am Puschkinplatz in Moskau der erste McDonalds der UdSSR eröffnet. 30.000 Menschen kamen bereits am ersten Tag und warteten bis zu fünf Stunden auf etwas, was es für sie bis dahin nicht gab: Fast Food. Bis zu diesem Punkt hat es Jahrzehnte gedauert. Seit spätestens 1976 bemühte sich die Burger-Kette mit dem goldenen M, in die Sowjetunion zu expandieren. Möglich wurde das nach langen Verhandlungen schließlich durch die Gründung eines Joint-Ventures von McDonalds Kanada und der Moskauer Stadtverwaltung, inklusive des Aufbaus einer eigenen Lebensmittelfabrik und der kompletten Betriebsinfrastruktur.

Das revolutionär Neue am sowjetischen McDonalds war die zu jeder Zeit sichergestellte Verfügbarkeit sämtlicher Speisen. Und das in den Jahren, als sich die allgemeine Lebensmittelversorgungslage rapide verschlechterte. Auch wurden von Beginn an ausschließlich Rubel akzeptiert. Damit kam auch der normale Sowjetbürger in den Genuss eines westlichen Produktes. Importware konnte bis dahin nur gegen Devisen in staatlichen Devisenshops erworben werden und war somit den Eliten vorbehalten.

Cheeseburger und Big Mac wurden zu den ersten westlichen Massenprodukten, das erste McDonalds-Restaurant war eine Sensation. Für die Menschen öffnete sich eine kleine Tür in den bunten Westen, ein schüchterner Blick nach Amerika. Für die Wirtschaft bedeutete dies den letzten Schritt auf einem unaufhaltsamen Weg in den Kapitalismus und den Todesstoß des real existierenden Sozialismus. Nur knapp zwei Jahre später war die Sowjetunion Geschichte, als mit der Unterzeichnung der Erklärung von Alma-Ata am 21. Dezember 1991 die Auflösung des Staatenbundes besiegelt wurde. All das ist inzwischen ein fast 30 Jahre alter Hut.

Als McDonalds im Jahr 2016 zum ersten Mal nach Kasachstan kam, gab es auch hier lange Schlangen vor den Filialen in Almaty, die an die Menschenaufläufe in Moskau in den 1990ern erinnerten. Merkwürdig, da sich andere bekannten Fast-Food Ketten sich schon Jahre früher hier niederließen. Ein lieblos zusammengeklatschter Burger in der Pappschachtel sollte hier eigentlich keinen mehr hinter dem Ofen hervorlocken. Da hat meine Wahlheimat Almaty schon seit langem weit attraktivere und kreativere Alternativen zum weltweit standardisierten Burger-Einerlei zu bieten. Aber die Episode von McDonalds in den Transformationsjahren der UdSSR ist, wie ich finde, historisch spannend und auch politisch und gesellschaftlich relevant.

Vor einigen Tagen war ich im Beefeater-Steakhaus. Ich habe auch hier den Burger bestellt. Ein Burger der Luxusklasse, der nichts mit diesen wabbeligen Fertigbuletten von McDonalds zu tun hat. In diesem Fleischlokal ist einiges anders. Als Türgriffe an der Eingangstüre dienen zwei große Fleischerbeile. Drinnen findet man sich aber im dunklen, stilvollen Ambiente einer edlen Vinothek wieder. Wein zum Burger? Okay! Ich bestellte einen Riesling aus kasachischem Anbau, dazu eine Vorspeiseplatte an Fischhäppchen. Das Hauptgericht, der Burger, wurde in der offenen Showküche aus Frischfleisch gebraten und mit einem knusprigen Vollkornbrötchen, Röstzwiebeln, einer französischen Käsesauce und geriebenem Parmesan verfeinert. Man reicht hier schwarze Handschuhe zum Essen, damit man sich nicht die Hände total besudelt. Burger als kulinarisches Geschmackserlebnis! Nicht nur hat das Essen hervorragend geschmeckt, die Rechnung hinterher hat es auch in sich gehabt. Aber was soll’s: Manchmal muss einfach mal Fast Food sein.

Philipp Dippl

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