In einem Land, wo obdachlose Menschen verlassenen Tieren gleich in den großen Mülleimern herumkramen, ist es schwer, sich vorzustellen, dass sich jemand um streunende Tiere kümmert. Ein Einblick in die Situation von Tieren, die auf der Straße leben, und die ihrer wenigen Helfer und Retter.

Wenn man in Usbekistan durch die Straßen läuft, bemerkt man hunderte streunende Hunde und Katzen. Leider betrifft das nicht nur Tiere, sondern auch Menschen, die obdachlos sind und nur von gesammelten Makulatur und Flaschen leben.

Das Kätzchen Sonya ist in einem halbtoten Zustand auf der Straße gekrochen bis gutherzige Menschen sie erblickt haben. Die schwierigste Heilungsperiode machte Sonja in der Klinik „Dr. Vet“ durch, denen die NGO überaus dankbar ist – der Ärztin Rimma und dem gesamten medizinischen Personal.

„Als wir unsere Tätigkeit amtlich beim Notar registrieren wollten, hat der Jurist merkwürdige Fragen gestellt. Ihn interessierte, was für einen finanziellen Profit ich erwarte. Es kam diesem Anwalt, wie auch vielen in diesem Land, nicht in den Sinn, dass man einfach aus Liebe zu den Tieren helfen möchte.“ Oksana, die Aktivistin der NGO zur Rettung von Straßentieren, betont, dass die Leute hier von einem menschlichen Verhältnis zu den Tieren weit entfernt sind. Sie führt dafür Beispiele an: „Ein Herr hackte vor Ärger die Pfötchen seiner Katze ab. Uns haben die Nachbarn benachrichtigt und wir haben die Katze an uns genommen. Nach einiger Zeit wollte der Herr die Katze zurückhaben, aber wir haben sie ihm nicht gegeben. Ich bin der Meinung, dass man in den Schulen Usbekistans das Fach „Herzensgüte“ einführen sollte, um die Kinder Menschlichkeit zu lehren.“

Verlassene Tiere

Die Tierschutzaktivisten in Taschkent sind in den letzten Jahren aktiv geworden. Die Aktivisten versuchen die Tiere von dem Sterben auf der Straße zu retten. Eine der Beteiligten der NGO Lilja sagt dazu: „Viele, die ins Ausland ausreisen, schmeißen ihre Tiere einfach auf die Straße. Nur sehr wenige, die uns kennen, wenden sich an uns, damit wir für ihre Haustiere ein neues Zuhause suchen. Für diese finden wir ein neues Haus, im äußersten Fall organisieren wir für die Tiere ein entgeltliches Tierheim und kommen selbst für die Kosten auf. Die Mehrheit überlässt ihre vierbeinigen Begleiter leider einfach der Straße und dem Hunger.

Die Hündin namens Mucha musste sehr viel durchmachen. Sie ist durch Taschkents Straßen gestreunert auf der Suche nach Wärme und Nahrung. Eine junge Frau hat sie dann zu uns gebracht. In einer komplizierten Operation (dank Dr. Vet) musste ihre entzündete Gebärmutter herausoperiert werden. In einem Mini-Asyl wurde sie dann gesund gepfelgt und gefüttert, so, dass sie heute ein schöner, gesunder, aktiver Hund ist, der auf nette Herrchen wartet.

Viele Besitzer legen den Tieren auch kein Halsband an oder kontrollieren nicht deren Vermehrung. Statt einmal ihre Pfleglinge zu sterilisieren oder zu kastrieren, lassen sie die Tiere sich unkontrolliert vermehren. Aus dem Wurf finden vielleicht ein oder zwei Tierbabys einen neuen Besitzer und die anderen finden sich wegen der Allergie des Ehemannes auf der Straße.“

Nach langer inoffizieller Tätigkeit konnten die Tierschutzaktivisten ihre Arbeit amtlich als „NGO zur Rettung von Straßentieren“ erst im Oktober 2014 registrieren. Die Regierung stellte vor einiger Zeit einen nur drei Hektar großen, hügeligen, leeren Stellplatz zur Verfügung – von Usbekistan in seiner heutigen wirtschaftlichen Situation konnte man wahrscheinlich auch nicht wesentlich mehr erwarten. Die Aktivisten hatten bis dato ihr eigenes kleines Obdachlosenasyl, wo nur eine sehr geringe Anzahl von Tieren unterkommen konnte. Man hat sich nun zum Ziel gemacht auf dem leeren Grundstück ein großes Gebäude für das Projekt zu bauen, wo eine Vielzahl von Streunern unterkommt. Man plant integrative didaktische Projekte mit Kindern, Schulklassen und Eltern, die das Tierasyl aufsuchen. Man könne sich während des Besuchs um die Tiere kümmern, sie füttern und sogar adoptieren und mit nach Hause nehmen. Wegen der ungewissen Finanzierung hängen diese Pläne jedoch noch in der Luft.

Zahlen

Ein Blick auf das Leben der Haustiere in Usbekistan zeigt, dass sie meistens nur die Rolle des Wächters oder des Mausjägers ausüben. Wenn sie dienstuntauglich geworden sind, kommen sie mit großer Sicherheit auf die Straße, um mit den anderen Obdachlosen zu hungern. Es ist hervorzuheben, dass die Situation im Gegensatz zu anderen Städten nur in Taschkent, der Hauptstadt von Usbekistan, sich zu verändern begonnen hat. Den Tierschutzaktivisten zufolge wurden während ihrer gesamten Tätigkeit etwa anderthalb Tausend Tiere gerettet. Man könne leider keine genaueren Informationen vorlegen, weil noch kein Ort existiert, an dem die Unterlagen archiviert und aufbewahrt werden können. Die Aktivisten harren jedoch darauf, dass das erste Tierasyl in Usbekistan bald fertiggestellt wird. Um in Usbekistan die Aufmerksamkeit auf Tierschutz zu erregen, die Tätigkeit der NGO zu verbreiten und Spenden zu bekommen, organisieren sie die Aktivisten an Wochenenden verschiedene Veranstaltungen.

Die Organisation ist zu erreichen unter facebook.com/groups/vsevtvoihrukah

Erich Wulf

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