Wie ist das Unternehmensklima in Kasachstan? Welche Aussichten gibt es insbesondere für deutsche Unternehmen auf dem kasachischen Markt? In welchen Bereichen hat Kasachstan besonderes wirtschaftliches Potenzial? Diese und viele weitere Fragen waren am 23. Oktober Thema bei einer Veranstaltung im Deutschen Haus in Almaty zur Marktentwicklung Kasachstans, bei der neben dem Werkzeughersteller WTO und der Unternehmensberatung Swilar auch viele weitere Firmen und Institutionen vertreten waren.

So haben Benedikt Löcherer für das deutsche Generalkonsulat, Jens Böhlmann als Vertreter für den Ostausschuss der deutschen Wirtschaft und Ainur Abdina für die Außenhandelskammer Zentralasien gesprochen. Zudem waren zahlreiche kasachische und deutsche, international aufgestellte Unternehmen zu Gast, wie die Maschinenfabrik Heller, Emco oder Kazstanex.

Deutschland und Kasachstan bauen derzeit die wirtschaftlichen Beziehungen zueinander aus. Nach dem Besuch des Bundeskanzlers Olaf Scholz im September 2024 in Astana fand vor kurzem der Tag der Deutschen Wirtschaft in Almaty statt. Kasachstan ist der wichtigste Handelspartner für Deutschland in Zentralasien und der Außenhandel zwischen beiden Ländern belief sich im vergangenen Jahr auf 10,8 Milliarden Euro.

Energiewandel, Geopolitik und Sanktionen

Im Wesentlichen wurden bei den Präsentationen der Teilnehmenden die Pros und Kontras vom Wirtschaftsstandort Kasachstan dargelegt und diskutiert. Die Wirtschaft des weltweit neuntgrößten Landes ist traditionell eher in den Bereichen Öl und Gas sowie Bergbau und Metallurgie verankert, steigt jedoch allmählich auch auf andere Bereiche wie Wind- und Solarkraft sowie grünen Wasserstoff um.

Kasachstan befindet sich im Umbruch und das, so Löcherer vom Generalkonsulat, gehe mit allerlei Herausforderungen einher. Während die geopolitische Lage Kasachstans zwischen China und Europa zwar strategische Chancen mit sich bringt, ist sie zugleich problematisch. Beispielsweise müsse Kasachstan in Konkurrenz zum Nachbarn China wettbewerbsfähig bleiben. Symbolisch für die starke Dominanz Chinas auf vielen Märkten sei der Anteil chinesischer Elektroautos auf den kasachischen Straßen, der in den letzten Jahren stark gewachsen sei, in denen die alten Gebrauchtwagen weitgehend durch moderne, aus China importierte Fahrzeuge mit Elektroantrieb ersetzt wurden. Außerdem benötige das Land unabhängigere Exportrouten, beispielsweise über das Kaspische Meer, für einen direkten Handelsweg nach Europa. Der infrastrukturelle Ausbau dieser Exportrouten benötige wiederum Investitionen. Neben Energiewandel und Geopolitik müsse Kasachstan auch kulturelle Herausforderung bewältigen, wovon die Vielzahl von Ethnien und Sprachen im Land ein beredtes Zeugnis ablegt.

Auch die Sanktionen der EU und der USA gegen Russland standen bei den Präsentationen und Gesprächen wiederholt im Zentrum. Einerseits gehen sie mit Nachteilen einher, da auch Kasachstan von den Sanktionen indirekt negativ beeinflusst wird, andererseits wurden aber auch infolge der Sanktionen Wirtschaftsstandorte aus Russland oder Belarus teilweise in die umliegenden Länder verlegt, so auch nach Kasachstan.

De-Risking als Chance für Kasachstan

Dieses Veranstaltungsformat für Networking und Austausch zu Zentralasien, das von Swilar und WTO veranstaltet wird, ging im Deutschen Haus bereits in seine vierte Runde. Erstmals wurde es Ende 2022 in Astana abgehalten. Dabei habe laut Dr. Georg Schneider von Swilar die Vernetzung untereinander so gut funktioniert, dass man sich für Wiederholungen entschieden habe.

Anschließend folgten auch Runden in der usbekischen Hauptstadt Taschkent und erneut in Astana bei der Maschinenbaumesse 2024. Diese könnte auch im nächsten Jahr wieder Ort und Anlass zu einem gemeinsamen Treffen bieten.

Deutsche Unternehmen, so Daria Pogodina, Geschäftsführerin von Swilar am Standort Almaty, seien in Kasachstan sehr willkommen. Sie gehe daher davon aus, dass sich innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre mehr und mehr deutsche Unternehmen in Kasachstan ansiedeln werden. Ähnlich sieht es auch ihr Kollege: „Wir reden in Deutschland ja inzwischen sehr stark über das Thema ‚De-Risking China‘. Da haben wir in den letzten ein bis zwei Jahren auch auf unserer Seite in Deutschland immer wieder erwähnt, dass für dieses De-Risking Kasachstan eine sehr, sehr gute Alternative sein könnte, weil es hier viele Rohstoffe und Dinge gibt, die wir zum jetzigen Zeitpunkt aus China beziehen. Hier ist es bezüglich der Weiterverarbeitung noch nicht ganz so entwickelt, wie das aktuell in China der Fall ist. Aber da sehe ich eine riesige Chance in der Zusammenarbeit, dass Technologie aus Deutschland hierherkommt“, so Dr. Georg Schneider wörtlich.

Ein längerer Atem benötigt

Auch für den Werkzeughersteller WTO ist Kasachstan interessant. Seit 2022 hat das Unternehmen einen zuständigen Mitarbeiter für Zentralasien in Almaty ansässig. An eine mögliche Produktion des Unternehmens in Kasachstan denke Sales Director Daniel Sierra jedoch nicht. Das Interesse des Unternehmens bestehe vor allem im Vertrieb und diesen aufzubauen sei das langfristige Ziel: „Natürlich braucht man Zeit. Wir können jetzt nicht erwarten, dass wir innerhalb von drei bis fünf Jahren riesige Umsätze erwirtschaften werden. Das auf gar keinen Fall. Wir müssen da schon noch einen längeren Atem haben“, so der Sales Director bei WTO wörtlich.

Nichtsdestotrotz sehe WTO hierzulande ein riesiges Potenzial. Das Unternehmen hoffe, durch die jetzige, frühe Positionierung dann bereit zu sein und in den Startlöchern zu stehen, wenn der Markt in Kasachstan die Umsätze mitbestimmen kann: Für WTO ist Kasachstan ein Land und eine Wirtschaft im Aufbruch.

Maria Glaser

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