Im Umgang mit seinem nuklearen Erbe verstärkt Kasachstan seine Bemühungen und setzt dabei auf internationale Zusammenarbeit. Vergangene Woche wurde in Astana ein Memorandum of Understanding zwischen der kasachischen Atomenergiebehörde und der deutschen Nukem Technologies Engineering Services GmbH unterzeichnet. Das Unternehmen mit Sitz in Deutschland, das inzwischen zur japanischen Muroosystems Corporation gehört, verfügt über jahrzehntelange Erfahrung im Rückbau von Atomanlagen und im sicheren Management radioaktiver Abfälle. Künftig soll es Kasachstan in Fragen des Decommissionings, also aller Arbeiten im Zusammenhang mit der Einstellung des Betriebs von Atomanlagen, der Behandlung von nuklearen Abfällen und der Sanierung kontaminierter Standorte beraten.
Die Regierung in Astana verfolgt mit dieser Kooperation gleich mehrere Ziele. Zum einen geht es darum, die hohen internationalen Standards im Bereich Sicherheit und Regulierung noch konsequenter umzusetzen. Zum anderen soll die Zusammenarbeit Vertrauen schaffen – sowohl bei der eigenen Bevölkerung als auch gegenüber der internationalen Gemeinschaft.
Kasachstans visionäres Atomprogramm
„Nukem ist stolz darauf, Kasachstans visionäres Atomprogramm mit seiner global anerkannten Expertise im Bereich Back-End-Technologien zu unterstützen“, sagte Nukem-Präsident Thomas Seipolt. Geschäftsführer Nobuaki Ninomiya betonte, Kasachstan, Deutschland und Japan hätten mit der Vereinbarung ein gemeinsames Bekenntnis abgelegt, ihre Kompetenzen zu bündeln, um den friedlichen Einsatz und die Weiterentwicklung der Kernenergie im Land zu fördern.
Kasachstan ist heute einer der weltweit größten Produzenten von Uran. Die Förderung des Rohstoffs spielt eine Schlüsselrolle in der Energiepolitik des Landes und macht Astana zu einem zentralen Akteur auf dem globalen Atommarkt. Gleichzeitig trägt das Land jedoch auch ein schweres nukleares Erbe. In der Sowjetzeit fanden auf dem Testgelände in Semipalatinsk über 450 Atom-waffentests statt, deren Folgen für Mensch und Umwelt bis heute spürbar sind.
Hinzu kommen Forschungsreaktoren und der schnelle Brüter BN-350 in Aktau, der bis 1999 Strom und Fernwärme lieferte. Der sichere Rückbau dieses Reaktors sowie die langfristige Lagerung der abgebrannten Brennelemente zählen zu den größten Herausforderungen für Kasachstan.
Parallel zum Umgang mit diesen Altlasten bereitet die Regierung den Einstieg in eine zivile Nutzung der Kernenergie vor. Ziel ist es, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und die CO₂-Emissionen zu senken. Bis 2035 soll die Kernenergie rund fünf Prozent des nationalen Strommixes abdecken. Geplant ist zunächst der Bau eines Kernkraftwerks im Gebiet Almaty, für das RosAtom die Führung übernimmt. Langfristig könnten weitere Reaktorblöcke entstehen, die dann möglicherweise unter Beteiligung chinesischer Unternehmen errichtet würden.
Mit der Einbindung von Nukem Technologies will Kasachstan sicherstellen, dass bei der Realisierung eines eigenen Atomprogramms nicht nur die technologische Seite, sondern auch Fragen der Sicherheit, Transparenz und Nachhaltigkeit im Vordergrund stehen. Internationale Beobachter sehen in der Kooperation eine Chance, das Land zu einem Modellfall für den verantwortungsvollen Umgang mit nuklearer Energie in Zentralasien zu machen. Kritiker hingegen verweisen auf die hohen Kosten solcher Projekte und warnen vor einer wachsenden Abhängigkeit von ausländischen Partnern.
Für Kasachstan bleibt die Herausforderung, einerseits das atomare Erbe der Vergangenheit sicher zu bewältigen und andererseits die Grundlagen für eine klimafreundliche Energiezukunft zu schaffen. Die Unterstützung aus Deutschland und Japan gilt dabei als ein wichtiger Baustein, um die Lösung beider Aufgaben erfolgreich miteinander zu verbinden.