Wer in den letzten Wochen in Astana und Almaty unterwegs war, konnte ein sehr auffälliges Gefährt auf den Straßen beobachten: einen weißen Nissan GT-R, übersät mit lustigen Aufklebern – darunter rosafarbene Blumen – und versehen mit einem deutschen Kennzeichen. Verständlich, dass dieses Auto Aufmerksamkeit erregt. Sein Besitzer, Fabian Römer, ist auf dem Weg von Deutschland nach Japan. Gemeinsam mit seiner Begleiterin Amina hat er einige Wochen in Kasachstan verbracht – ein Land, das beide inzwischen nicht mehr so schnell vergessen werden. In unserem Gespräch erzählt Fabian von seinen bisherigen Abenteuern: von der Einreisesperre in die Russische Föderation und einem heftigen Unfall in Georgien.
Eigentlich war alles ganz anders geplant. Die Panamericana sollte es werden – einmal von Nord nach Süd durch den amerikanischen Kontinent. Doch dann kam die Politik dazwischen. „Als Trump wieder an die Macht kam, hab ich gesagt: Nee, das ist mir zu riskant“, erzählt Fabian Römer. „Wenn ich da mit meinen Drohnen und Kameras ankomme, kontrollieren sie mich am Zoll, durchsuchen alles, und am Ende schicken sie mich wieder heim.“ Also musste ein Plan B her.
Das japanische Auto nach Japan bringen
Die Idee kam spontan, auf einer Reise nach Norwegen. „Da meinte einer: ‚Nach Japan wär doch auch cool.‘ Und ich so: Warum eigentlich nicht?“ Der Satz blieb hängen. Zuhause kümmerte sich Fabian um Unterlagen, Routen, Visa – und um das Auto. Denn dass ausgerechnet sein Nissan GT-R, ein japanischer Supersportwagen, die Hauptrolle in diesem Abenteuer spielen würde, war anfangs gar nicht geplant. „Aber alle haben gesagt: Du hast einen GT-R – bring den nach Japan. Und nach Norwegen wusste ich: Der schafft das. Der ist durch Schnee gefahren, durch alles. Kein Problem.“
Die Vorbereitung dauerte Monate. Ersatzteile, Zollpapiere, das Carnet de Passage – der „Reisepass“ fürs Auto. Ende April war fast alles fertig, nur die Kupplung fehlte. „Die kam fünf Tage vor der Abfahrt – und war die falsche“, erzählt Fabian lachend. „Also runter in die Schweiz, die richtige holen, zurück, über Nacht eingebaut. Am nächsten Tag war ein Feiertag, also ein perfekter Zeitpunkt, um loszufahren.“
Am 19. Juni ging es los, durch die baltischen Staaten weiter Richtung Russland. Doch dort wartete die erste große Hürde. Römer besaß einen amerikanischen Starlink, das Satellitennetzwerk, welches seit 2023 weltweit Internetzugang bietet. „Bei der Einreise nach Russland haben sie mir gesagt: Starlink, das ist hier verboten. Ich wusste das nicht. Gab ’ne Geldstrafe und fünf Jahre Visumsperre.“ Trotzdem durfte er mit seinem elektronischen Visum weiterfahren, zunächst. Als er jedoch an die Grenze zu Kasachstan kam, hieß es plötzlich: Kein Durchkommen mit E-Visum.
„Da stand ich da, mitten im Nirgendwo, und hab gedacht: Irgendwie geht das schon. Aber in der Stadt hieß es dann: Nein, da ist wirklich kein Weg. Ich war an meinem Tiefpunkt“, sagt Fabian. Er überlegte kurz, nach Hause zu fahren. Doch nach Gesprächen mit der deutschen Botschaft fand sich ein Umweg: über Georgien. Also fuhr er von Tscheljabinsk quer durch Russland Richtung Süden – 2.700 Kilometer.
Der Plan ging auf. Die Ausreise aus Russland dauerte keine Stunde, die Einreise nach Georgien fünf Minuten. „Pass kontrolliert, Auto angeschaut, ‚Gute Fahrt‘ – das war’s.“ Von dort ging es weiter in die Berge nach Kasbegi, wo er ein paar Tage blieb. Doch kurz vor der Hauptstadt Tblissi dann der nächste Rückschlag: ein Unfall. „Einer ist mir reingefahren. Keine Versicherung, nichts. Tür kaputt, Fenster kaputt.“
Viele hätten wohl abgebrochen, aber Fabian blieb gelassen. „Da haben mir gleich Leute geschrieben: ‚Was machst du jetzt? Drehst du um?‘ Und ich hab gesagt: Nee, warum? Das ist ein Blechschaden.“ In einer Werkstatt vor Ort ließ er die Tür für 150 Dollar richten, klebte eine Plexiglasscheibe über das kaputte Fenster – und fuhr weiter. „Amina muss jetzt immer über die Fahrerseite raus. Ist halt so“, sagt er und lacht.
Einmal quer durchs gastfreundliche Kasachstan
Amina, seine Reisebegleiterin, stieß in Astana dazu. Von dort aus fuhren sie gemeinsam weiter – durch Wüsten, über Schotterpisten, zu heißen Quellen in Katon Karagay und schließlich nach Almaty. „Wir haben unterwegs in kleinen Dörfern angehalten, mit Leuten geredet, ein bisschen was gegessen, und sind dann weitergefahren“, erzählt Fabian.
Für Amina war es eine Rückkehr mit neuen Augen. „Ich hab gedacht, es wär schlimmer“, sagt sie. „Meine Eltern kommen aus Kasachstan, und die haben immer erzählt: ‚Da gibt’s kein warmes Wasser, überall riecht’s nach Kuh.‘ Aber das stimmt alles nicht. Die Infrastruktur wächst, die Menschen sind offen, herzlich. Das ist wirklich ein schönes Land.“
Fabian stimmt zu. Er erzählt von einem Erlebnis, das ihn besonders berührt hat: „Ich hatte am zweiten Tag in Kasachstan einen Platten, mitten im Nirgendwo. Dann kam einfach ein SUV angefahren, hält an, spricht mich auf Russisch an. Ich konnte kaum was sagen, hab mit Händen und Füßen erklärt, dass ich Hilfe brauche. Er hat sofort das Handy rausgeholt, übersetzt, mir ein Taxi besorgt. Der Fahrer ist dann 300 Kilometer mit mir gefahren, nur um neue Reifen zu holen. Danach wollte er mich noch zum Essen einladen. Diese Gastfreundschaft – das hab ich so noch in keinem anderen Land erlebt.“
Anschließend fügt er hinzu: „Was mich echt überrascht hat: Viele hier sprechen Deutsch“, sagt er. „Gerade die Älteren. Ich war tanken, und einer sagt: ‚Guten Tag, wie geht’s Ihnen?‘ Ich frag: ‚Sie können Deutsch?‘ – ‚Ja, hatten wir in der Schule.‘ Das ist verrückt. Du bist tausende Kilometer von zu Hause weg und hörst plötzlich vertraute Worte.“
Zustimmung und Skepsis in sozialen Medien
Seit sie in Almaty sind, vergeht kaum eine Minute, ohne dass jemand auf die beiden aufmerksam wird. „Daumen hoch, Hupen, Lächeln – ständig“, erzählt Fabian. „Einmal fragt einer: ‚Warum mit dem Auto so eine Tour?‘ Und ich sag: ‚Weil ich’s kann.‘“ Er lacht. „Mit einem Camper würde kein Mensch hinschauen. Aber mit dem GT-R – das zieht Blicke an. Viele meiner heutigen Freunde hab ich nur wegen des Autos kennengelernt.“
In sozialen Medien verfolgt eine stetig wachsende Community seine Reise. „Viele schreiben: ‚Krass, was du machst!‘ Aber natürlich gibt’s auch typisch deutsche Kommentare: ‚Warum hat dein Kennzeichen keine Stempel?‘“, sagt er grinsend. „Ich hab die gestempelten hinten im Auto, damit sie keiner klaut. Aber erklär das mal auf TikTok – das versteht garantiert keiner. Solche Fragen sind wie ein Stück deutsches Kulturgut, das man unterwegs echt nicht vermisst.“
Fabian ist stolz auf sein Auto, das ihn durch Schnee, Wüste und Gebirge getragen hat. „Mit dem Auto ist definitiv mehr möglich, als jeder denkt“, sagt er. „Und genau das will ich zeigen. Der kann das – und der kann noch mehr.“
Und was würde er anderen raten, die selbst von einer großen Reise träumen? Fabian überlegt kurz. „Ganz ehrlich: Völlig egal, was die anderen sagen. Einfach machen“, sagt er. „Du hast nur das eine Leben. Wenn du wartest, kann’s sein, dass du morgen vom Bus überfahren wirst – und dann war’s das mit deiner Chance. Wenn du die Möglichkeit hast, zeitlich, finanziell, dann mach. Alles, was du erlebst, kann dir keiner mehr nehmen.“
Er streicht über den Kotflügel seines GT-R. „Viele sagen: ‚Das arme Auto.‘ Aber ich denk mir: Nee, mein Auto kann Geschichten erzählen. Und irgendwann kann ich sagen: Ich bin mit meinem GT-R bis nach Japan gefahren.“























